Die Karriere-Bibel
ist es auch mit Verhaltensweisen, die den Status heben sollen. Es sind entgegen landläufiger Meinung nicht in erster Linie
die Kleider, die Leute machen. Das wird bei dem sogenannten Statusspiel deutlich. Dabei ziehen vier Spieler verdeckt Karten
aus einem Stapel, die von eins bis vier durchnummeriert sind. Die Zahl entspricht einem fiktiven sozialen Rang mit eins als
höchster Stufe. Ohne sich gegenseitig zu verraten, welche Karte sie gezogen haben, müssen sich die Spieler statuskonform verhalten.
Für Nummer eins und vier ist die Sache leicht: Eins dominiert einfach alle, vier bleibt durchweg devot. Die beiden anderen
müssen ihre Rolle dagegen erst finden. Das Interessante an dem Experiment: Schon nach kurzem Geplänkel ist sowohl für die
Spieler als auch für etwaige Zuschauer die Rangfolge offenbar – und das völlig unabhängig davon, welche Kleidung die vier
gerade tragen oder welche Worte sie wählen. Es sind ihre Gesten, die sie verraten.
So vermitteln etwa langsame, elegante Bewegungen, ein unverkrampft gelassenes (aristokratisches) Lächeln sowie eine aufrechte
und stille Kopfhaltung hohen sozialen Status. Ebenso wirkt, wer sich beim Sitzen locker zurücklehnt, ruhig bleibt, kräftig
und nicht zu leise spricht und symmetrische Gesten wählt – beide Beine fest auf dem Boden, beide Hände vor dem Körper, beide
Arme auf der Sessellehne. Umgekehrt verrät jemand Unsicherheit und damit niedrigen sozialen Status, der beim Sitzen oder Stehen
die Füße nach innen dreht oder artig nebeneinanderstellt. Wer schnelle, ruckartige Schritte macht, sich in seinen Stuhl kauert,
die Hände beim Reden in die Hosentaschen steckt oder sich gar auf einem Sofa in der Mitte einkeilen lässt, macht sich ebenfalls
klein. Ein Mensch mit Führungsanspruch würde wenigstens die Ecke wählen.
Selbst der Blickkontakt entscheidet über unseren Rang. Allerdings |235| drückt nicht derjenige Dominanz aus, der seinem Gegenüber furchtlos und unentwegt in die Augen starrt, sondern derjenige,
der nach dem ersten Blickwechsel zuerst wegschaut: Er kann es sich leisten, den anderen zu ignorieren. Der andere dagegen
muss seine Nähe suchen und den Blickkontakt halten. Die Geste wirkt aber nur, wenn man nach dem Abwenden nicht zurückblickt.
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11. Juli
Hörensagen – Warum Zuhören sogar körperlich anregt
Chef, Kollegen, Freunde, Partner – egal, mit wem Sie sich unterhalten:
Verbringen Sie mehr Zeit mit Zuhören als mit Reden!
Menschen, die während einer Konversation weniger Redezeit beanspruchen als ihr Gegenüber, werden durchweg als bessere und
intelligentere (!) Gesprächspartner empfunden, sagen Studien. Zuhören hat aber noch einen weiteren Vorzug: Es ist Nahrung
für das Hirn. Unsere grauen Zellen funktionieren wie eine Batterie, die sich durch elektro-neurale Reize aufladen lässt. So
hat Giselher Guttmann, Neurologe an der Universität Wien, beobachtet, dass Gehirnströme, beziehungsweise kleinste Schwankungen
von bis zu 30 Millionstel Volt, unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen. Töne, Klänge und Geräusche senden indes dieses elektrische
Potenzial bis ins Kleinhirn, das unsere Körperbewegungen sowie den Gleichgewichtssinn kontrolliert. Von dort aus wandern die
Impulse bis in das Limbische System, das wiederum Emotionen und die Ausschüttung von Hormonen sowie anderer biochemischer
Stoffe steuert. Zuhören kann also unseren gesamten Körper beeinflussen, anregen, anspornen – und das relativ unabhängig vom
Inhalt.
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|236| 12. Juli
Waagestück – Warum es Work-Life-Balance nicht geben kann
Work-Life-Balance ist wie Klimawandel: Jeder weiß, dass es ihn gibt, und bekommt deswegen ab und an ein schlechtes Gewissen.
Trotzdem ändert sich nichts. Kann auch nicht: Der virtuose Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben ist ein Mythos – an dem
allerdings zahlreiche Trainer und Quacksalber kräftig verdienen, weil sie vorgaukeln, was nicht gelingen kann: dass das Lebensglück
eine bloße Frage des geschickten Selbstmanagements sei. Natürlich lassen sich Prioritäten setzen, Pläne machen, Kalender und
Listen führen. Das lindert vielleicht das Chaos auf dem Schreibtisch, aber ist deswegen schon ein Leben in Balance? Wohl kaum.
Das Leben ist schlicht nicht planbar. Wer versucht, es krampfhaft zu kontrollieren, erzeugt so nur neuen Stress: den, immer
perfekt zu sein, immer geplant einen Erfolgsschritt nach dem anderen zu absolvieren.
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