Die Karriere-Bibel
Bloß nie improvisieren müssen! Das muss
schiefgehen. Schon der Begriff »Work-Life-Balance« ist ein Widerspruch in sich: Er erklärt Leben und Arbeit zu Gegensätzen.
Ein gefährlicher Irrglaube. Untersuchungen zeigen: Nicht die Arbeitsmenge beeinflusst das Wohlbefinden, sondern die Art der
Tätigkeit. Wer Erfolg hat, wird zufriedener, entspannt sich, das Selbstvertrauen steigt – und eben oft auch das Gefühl, ausgeglichen
zu sein.
Schon Sigmund Freud erkannte, dass der Mensch von Natur aus unausgeglichen ist. Das sei ein wesentlicher Teil unserer Existenz,
meinte er. Erst so entstehen Engagement und Kreativität. Zahlreiche Unternehmer, Manager oder Leistungsträger sind gerade
deshalb so erfolgreich, weil sie von dieser inneren Unruhe getrieben werden und sich ständig verbessern wollen. Tatsächlich
sind diese Menschen oft unglaublich produktiv – obwohl sie freilich alles andere als ein ausgeglichenes Leben führen.
Und mal ehrlich: Balance ist Jammern auf dramaturgisch hohem Niveau. Ausgeglichenheit ist eher eine Frage von Lebens-Episoden.
Jeder Lebensabschnitt verlangt individuelle Entweder-oder-Beschlüsse: Mal wiegt der Beruf schwerer, mal ein privates Projekt,
mal Familie, mal Freunde. Aber machen Sie sich deswegen keinen Stress! Solange die Waagschalen in Bewegung bleiben, leben
Sie.
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|237| 13. Juli
Passt partout – Der Dumme gibt nach
Der deutsche Dichter und Theologe Johann Peter Hebel (1760– 1826) erzählt die Geschichte von einem Vater, der seinem Sohn
die Torheit der Welt zeigen will. Er führt dazu einen Esel aus dem Stall und alle drei wandern in das nächste Dorf. Die Bauern
verspotten das Trio und rufen: »Seht doch, diese Narren! Haben einen Esel und keiner sitzt drauf.« Kaum haben sie das Dorf
verlassen, setzt sich der Vater auf den Esel, und der Sohn führt beide in das zweite Dorf. Wieder spotten die Bauern: »Was
für ein Gespann! Der Alte reitet und der arme Junge muss laufen.« Kurz hinter dem Dorf tauschen Vater und Sohn die Rollen.
Doch wieder schimpfen die Bauern: »Es ist nicht recht, dass der Alte laufen muss. Der Junge hat die kräftigeren Beine!« Nun
setzen sich beide auf den Esel – der Vater vorn, der Junge dahinter. So reiten sie gemeinsam in die vierte Siedlung, und man
ahnt es längst: Auch hier nehmen die Bauern Anstoß: »Pfui, ihr Tierquäler«, rufen sie. »Man sollte einen Stock nehmen und
beide herunterschlagen!« Da erreichen sie das fünfte Dorf. Noch vor dem Eingang binden sie die Beine des Esels zusammen, fädeln
sie durch eine Stange und tragen so den Esel auf ihren Schultern durch den Ort. Als die Leute das sehen, jagen sie alle drei
fort.
Es allen recht machen zu wollen, wirkt wie Nervengift: Erst vernebelt es, dann lähmt es. Wer es versucht, wird sich zwangsläufig
verzetteln, verliert sein Ziel aus den Augen, opfert obendrein sein Rückgrat und macht sich zum Esel. Auch wenn Anpassungsfähigkeit
im Job Bedingung für persönlichen Erfolg ist und Flexibilität per se als positiver Wert gilt: Zu viel davon ist ungesund.
Wer sich jedem Widerstand beugt, besitzt weder Standfestigkeit noch Durchsetzungskraft. So jemand wird andere nie anleiten:
Er wird bereits geführt – von allen!
Die Versuchung ist manchmal groß, nachzugeben, um nicht kämpfen zu müssen. Die meisten aber verachten Anpasser und Wendehälse.
Respekt und Anerkennung resultieren nicht aus dem Grad, wie sehr man sich verbiegen kann, sondern wie man Konflikte durchsteht.
Geschichtsbücher wie Zeitschriften sind voll von Lobesarien auf Menschen, die für ihre Sache eingestanden sind – selbst wenn
sie sich dabei irrten. Der Klügere gibt nach – wie dumm!
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|238| 14. Juli
Was ihr wollt – Die Macht der Demut
Dem Mann ging es um nicht weniger als die Gründung des Bistums Bamberg. Heinrich II. liebte die ostfränkische Stadt seit seiner
Kindheit. Seit er im Juli 1002 zum König gekrönt worden war, plante er, dort ein eigenes Bistum zu errichten. Doch gab es
Widerstände, sogar aus der Kirche selbst: etwa durch den Bischof Heinrich von Würzburg, der dadurch seine eigene Macht bedroht
sah. Bei der entscheidenden Kirchensynode im Jahr 1007 wandte Heinrich deshalb einen Trick an: Er erniedrigte sich. Vor den
versammelten Mitgliedern warf er sich flach auf den Boden und verharrte dort, bis ihm der Erzbischof aufhalf, um die Versammlung
überhaupt eröffnen zu können. Jedes Mal, wenn seine Gegner in der
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