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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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scheinenden Straße vorgehe, und belausche, was unten gesprochen werde.
    »Wenn diese Aufpasser meine Stimme erkannt hätten,« sagte die kleine Bettina, »dann wäre ich ohne Gnade beim Nachhausekommen erdolcht worden und meine arme Herrin vielleicht mit mir.«
    Diese schreckliche Gefahr machte sie in Fabrizzios Augen verführerisch.
    »Graf Martinengo«, fuhr sie fort, »ist wütend. Und meine Herrin weiß, daß er zu allem fähig ist. Sie hat mich beauftragt, Ihnen zu sagen, sie wünsche, mit Ihnen hundert Meilen weit weg von hier zu sein.«
    Dann erzählte sie von dem Vorfall am Sankt-Stephans- Tag und von der Wut Martinengos, dem kein Blick und keines der verliebten Zeichen entgangen sei, die ihm Fausta an jenem Tage in ihrer Narretei für Fabrizzio gemacht habe. Der Graf habe seinen Dolch gezückt, Fausta an den Haaren gepackt, und nur durch ihre Geistesgegenwart sei sie gerettet worden.
    Fabrizzio führte die hübsche Bettina in ein Stübchen, das er in der Nähe hatte. Er erzählte ihr, er sei aus Turin, der Sohn einer hohen Persönlichkeit, die sich augenblicklichin Parma aufhalte, deshalb genötigt, sich sehr in acht zu nehmen. Bettina erwiderte ihm lachend, er sei ein viel größerer Herr, als er es scheinen wolle. Unser Held begriff erst nach einer Weile, daß das reizende Mädchen ihn für keinen Geringeren als den Erbprinzen selbst hielt. Fausta empfand, seit sie für Fabrizzio glühte, Angst um ihn und hatte es auf sich genommen, ihrer Kammerzofe seinen wahren Namen nicht zu sagen, sondern ihr von dem Prinzen zu fabeln. Fabrizzio gestand dem hübschen Mädchen schließlich, daß sie richtig vermutet habe, und setzte hinzu:
    »Wenn mein Name aber ruchbar wird, so darf ich deine Herrin trotz meiner großen Leidenschaft, von der ich ihr so viele Beweise gegeben habe, nie wiedersehen. Die Minister meines Vaters, diese hämischen Kunden, die ich eines Tages absetzen werde, würden dann nicht eher ruhen, als bis sie des Landes verwiesen wird, das sie jetzt durch ihre Gegenwart verschönt.«
    Gegen Morgen beriet Fabrizzio mit dem Kammerkätzchen mehrere Pläne, um ein Stelldichein mit Fausta zu ermöglichen. Er ließ Ludovico und einen anderen recht handfesten Mann von seinen Leuten herbeiholen, die sich mit Bettina verabredeten, während er einen überschwenglichen Brief an Fausta schrieb. Die Lage brachte alle Übertreibungen einer Tragödie mit sich, was Fabrizzio nicht unausgenutzt ließ. Es war heller Tag, als er sich von der kleinen Zofe trennte, die mit dem Verhalten des jungen Prinzen höchlichst zufrieden war.
    Es war ihm hundertfach eingeschärft worden, daß er nun, da Fausta mit dem Geliebten einig war, keine Fensterpromenaden mehr machen solle, bis er zu einem Stelldichein in den Palast schleichen könne. Dazu werde er ein Zeichen bekommen. Aber Fabrizzio, der in Bettina verliebt war und sich bei Fausta dicht am Ziel wähnte, hielt es in seinem Dorf zwei Meilen von Parma nicht aus. Am folgenden Tag kam er gegen Mitternacht unter sicherer Begleitung geritten, um unter Faustas Fenster einLied zu singen, das damals Mode war und dessen Text er umgeändert hatte. »Tun die Herren Verliebten nicht derlei?« sagte er sich.
    Seitdem ihm Fausta die Sehnsucht nach einem Beisammensein eingestanden hatte, kam ihm dies ganze Werben recht langweilig vor. »Nein, ich liebe kein bißchen«, sagte er sich, während er unter den Fenstern des kleinen Palazzos drauflos sang. »Eigentlich ist die Bettina hundertmal reizvoller als die Fausta; ihretwegen möchte ich jetzt Einlaß finden.«
    Reichlich gelangweilt, ritt er nach seinem Dorfe zurück. Fünfhundert Schritt von Faustas Palast fielen fünfzehn bis zwanzig Männer über ihn her; vier davon griffen seinem Pferd in die Zügel, zwei packten ihn an den Armen. Ludovico und Fabrizzios Bravi wurden umringt, vermochten sich aber zu retten. Sie gaben ein paar Pistolenschüsse ab. Alles war das Ereignis eines Augenblicks. Im Nu und wie hergezaubert tauchten fünfzig brennende Fackeln auf; ihre Träger waren alle wohlbewaffnet. Fabrizzio war aus dem Sattel gesprungen, obgleich ihn die Männer festhielten. Er versuchte, sich Bahn zu brechen; einen von den Männern, dessen Hände ihn wie Schraubstöcke gepackt hatten, verwundete er sogar. Zu seinem Erstaunen vernahm er, wie dieser Mensch in unterwürfigstem Ton sagte: »Eure Hoheit werden mir für diese Wunde eine anständige Pension bewilligen. Das wird besser für mich sein, als wenn ich mich eines Majestätsverbrechens

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