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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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unglücklich gemacht haben! Damals mußte ich, um meinen Triumph zu schauen, in die Augen des Neides blicken. Meine Eitelkeit schwelgt in Wonne; mit Ausnahme vielleicht des Grafen wird kein Mensch ahnen, von welcher Art das Ereignis gewesen ist, das dem Leben meines Herzens ein Ende bereitet hat. – Ich werde Fabrizzio lieben, ich werde eine ergebene Dienerin seines Glückes sein. Aber er soll nichtClelias Heirat hindern und sie schließlich gar heiraten. Nein, das darf nicht sein!‹
    Die Duchezza schloß gerade ihr trauriges Selbstgespräch, als sie großen Lärm im Hause vernahm.
    ›Ausgezeichnet!‹ sagte sie sich. ›Jetzt wird man mich verhaften. Ferrante wird sich haben erwischen lassen; er wird ein Geständnis abgelegt haben. Nun, um so besser! Ich werde etwas zu tun haben; ich werde ihnen meinen Kopf streitig machen. Aber zunächst heißt es, sich nicht kriegen zu lassen!‹
    Die Duchezza floh halbbekleidet ans Ende ihres Gartens; sie hatte bereits im Sinn, über eine niedrige Mauer zu klettern und sich ins Freie zu retten, aber da sah sie, daß jemand ihr Zimmer betrat. Sie erkannte Bruno, den Vertrauensmann des Grafen Mosca. Sie schlich zur Glastür. Der Mensch erzählte ihrer Kammerzofe von Verwundungen, die er erlitten habe. Die Duchezza trat in ihr Zimmer; Bruno warf sich ihr fast zu Füßen und beschwor sie, dem Grafen die sonderbare Zeit nicht wiederzusagen, in der er eingetroffen sei.
    »Gleich nach dem Tode von Serenissimus«, berichtete er, »hat der Graf an alle Poststellen den Befehl erlassen, keinem Untertanen des Staates Parma Pferde zu stellen. Darum bin ich bis an den Po mit unsren Pferden gefahren. Beim Verlassen der Fähre jedoch ist mein Wagen umgefallen, zerbrochen und liegen geblieben. Ich habe dabei so schlimme Quetschungen davongetragen, daß ich nicht reiten konnte, wie es meine Pflicht gewesen wäre.«
    »Gut!« sagte die Duchezza. »Es ist früh drei Uhr. Ich werde sagen, Ihr wäret gestern mittag gekommen. Widersprecht Euch aber nicht!«
    »Ich werde der Güte der gnädigen Frau Dank wissen.«
    Politik in einem Roman ist wie ein Pistolenschuß in einem Konzert, etwas Rohes, und doch kann man dem seine Aufmerksamkeit nicht verweigern. Wir müssen von sehr häßlichen Dingen sprechen, die wir aus mehr als einemGrunde am liebsten wegließen. Aber wir sind gezwungen, Ereignisse zu berühren, die hierher gehören, weil sie die Herzen der handelnden Personen zum Schauplatz haben.
    »Aber, mein Gott,wie ist dieser große Fürst gestorben?« fragte die Duchezza den Eilboten.
    »Er war auf der Jagd nach Zugvögeln in den Sümpfen längs des Po, zwei Meilen von Sacca. Da ist er in eine Grube gefallen, die unter einem Rasenstück verborgen war. Er war ganz in Schweiß und hat sich erkältet. Man hat ihn in ein einsam stehendes Haus geschafft; dort ist er nach etlichen Stunden verschieden. Andere behaupten, die Herren Catena und Borone seien auch tot, und der ganze Unfall sei dem Kupfergeschirr eines Bauern zuzuschreiben, bei dem man gerastet und gefrühstückt habe; es sei voller Grünspan gewesen. Schließlich munkeln die überspannten Köpfe, die Jakobiner, die immer erzählen, was sie wünschen, von Vergiftung. Ich weiß, daß mein Freund Toto, der Hoffurier, ohne die hochherzigen Bemühungen eines Bauern gestorben wäre, der offenbar große medizinische Kenntnisse besitzt und ihm höchst merkwürdige Heilmittel verschrieben hat. Aber man spricht schon nicht mehr vom Tode des Fürsten. Er war im Grunde doch ein grausamer Mann. Als ich abfuhr, rottete sich das Volk zusammen, um den Großfiskal Rassi in Stücke zu reißen; auch wollte man die Tore der Zitadelle stürmen und versuchen, die Gefangenen zu befreien; aber der General Fabio Conti war bereit, seine Kanonen abfeuern zu lassen. So hieß es. Anderseits geht das Gerücht, die Kanoniere der Zitadelle hätten Wasser in ihr Pulver geschüttet und wollten nicht auf ihre Mitbürger schießen. Aber das Belangreichste ist wohl dies: Während der Arzt von Sandolaro meinen zerschundenen Arm verband, kam ein Mann aus Parma und erzählte, das Volk habe Barbone auf der Straße ergriffen, jenen berüchtigten Schreiber von der Zitadelle, habe ihn totgeschlagen und hinterher an einem Baum der Allee inder Nähe der Zitadelle aufgeknüpft. Der Volkshaufe habe sich dann in Marsch gesetzt, um das schöne Standbild von Serenissimus im Hofgarten zu zertrümmern. Aber der Herr Graf hat ein Bataillon Garde befohlen, es vor dem Standbild aufgestellt und der

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