Die Karte der Welt (German Edition)
Kinder. Und Waffen. Sie wollen, dass wir sie beschützen. Und jetzt haben wir einen Gefangenen, der uns das eine oder andere über unseren Feind verraten wird.«
Pinch versetzte dem Düsterling einen Tritt. »Ja, das Ding kann sogar sprechen, es muss uns nur noch gelingen, sein Gegrunze zu übersetzen. Aber zuerst, lasst mich unter vier Augen mit Euch sprechen. Die Kreatur könnte Euch mehr verraten, als Euch lieb ist.«
Pinch nahm Fretter beiseite. Der Dieb würde Arkhs Geschichte so schonend wie möglich vermitteln, dessen war Wex sicher.
Adara schritt entschlossen auf Wex zu. Sie deutete auf Elgers Schwert. »Das große Messer«, sagte sie.
»Ja«, erwiderte Wex. »Ich werde dich beschützen, so gut ich kann.«
»Darf ich?« Sie streckte die Hand aus.
Wex zog das Schwert und zeigte es ihr.
Adara griff danach.
»Vorsichtig«, warnte Wex. »Pinch hat mir geholfen, die Klinge zu schärfen.« Langsam reichte er ihr die Waffe, den Griff voraus. »Du kannst es dir gerne ansehen, aber …«
Sofort packte sie den Schwertknauf und wirbelte herum. Mit zwei schnellen Schritten stand sie vor dem Düsterling, der wie ein zum Trocknen aufgehängtes Handtuch zwischen Mungo und Arkh baumelte. Mit aller Kraft rammte sie das Schwert zwischen seine Rippen, noch bevor die beiden reagieren konnten. Die Kreatur stieß ein lautes Zischen aus, mit dem alle Luft aus ihrer Lunge entwich. Zwei weitere wütende Hiebe, und der Düsterling verstummte.
Mungo und Arkh ließen den Gefangenen zu Boden sinken, und Mungo packte Adaras Arme, um zu verhindern, dass sie noch mehr Schaden anrichtete, aber es war zu spät. Sie hatte den Düsterling beinahe in zwei Hälften zerteilt.
Fassungslos starrten sie Adara an.
Sie machte sich von Mungo los, stellte sich vor Wex und gab ihm ohne ein einziges Wort das bluttropfende Schwert zurück.
»Wenn die Tat nicht so ein schrecklicher Fehler gewesen wäre, würde ich dem schneidigen Mädchen glatt applaudieren«, kommentierte Pinch.
»Verdammt!«, fluchte Fretter. »Jetzt werden wir gar nichts mehr in Erfahrung bringen.«
»Wir wissen, dass sie nicht weit sein können, Hauptmann«, erwiderte Spragg. »Dieser hier hat versucht, ein Signalfeuer zu entzünden, während der andere die Flucht ergriff.«
»Dieselbe Taktik wie unsere«, überlegte Fretter. »Die Späher von Skye sind ebenfalls stets zu zweit unterwegs. Die Aufgabe des einen ist, mit einem Feuer Signal zu geben, während der andere zurückkehrt, um Bericht zu erstatten. Und ihnen wird eingeschärft, sich auf keinen Fall weiter als zwei Wegstunden von der Kompanie zu entfernen … Gab es viel Rauch?«
»Nicht dicht genug, um ihn eindeutig als Signal zu identifizieren«, erwiderte Wex.
»Aber genug, um es vielleicht trotzdem zu tun«, fügte Pinch hinzu.
Fretter biss sich auf die Unterlippe. »Zum Turm. Schnell!«
31
Die Soldaten trieben die Kinder an, während die anderen mit Kravens und Brynns Hilfe von Blu und Adara erfuhren, was geschehen war. Wie durch ein Wunder hatten die meisten der Kleinen überlebt. Adara hatte eilig durchgezählt. Jedes Kind, das alt genug war, um ein eigenes Boot zu haben, war in der Gruppe, darunter auch viele ihrer Cousins. Nur die, die schon über zehn waren, fehlten, und sie weinte hemmungslos vor Glück und Trauer zugleich. Fretter konnte genug herausfinden, um die Zahl ihrer Feinde abzuschätzen – über fünfzig –, auch wenn Blu nicht sagen konnte, wie weit sie noch entfernt sein mochten. Auf die Frage, was die Düsterlinge wollten, erwiderte Blu nur, dass sie ihre Opfer gefressen hätten, noch während er und Adara flohen. Nahrung vielleicht, aber ein Schlachten von derartigem Ausmaß deutete eher auf bestialischen Blutdurst hin denn auf Hunger.
Schließlich berichtete Adara, wie sie entkommen waren.
Wex schob sich nach vorn, um mithören zu können. Brynn war die bessere Übersetzerin und wiederholte Adaras Worte, unterbrochen von gelegentlichen Pausen für Nachfragen.
»Sie griffen im Morgengrauen an, als wir noch schliefen«, übersetzte Brynn. »Wir wachten auf und sahen, wie sie unsere Boote hinaus auf den Fluss schoben, wo sie sie entweder versenkten oder in Brand steckten. Wir schickten die Kinder los, die ihre Boote weiter flussaufwärts festgemacht hatten, getrennt von den anderen. Wir haben keine Waffen, und ohne die Boote waren wir ihnen hilflos ausgeliefert. Sie warteten am Ufer und erstachen uns mit kleinen Speeren, während wir versuchten davonzuschwimmen. Viele von uns starben
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