Die Karte der Welt (German Edition)
gehört, Addel!?«, brüllte Blurdo zu ihm hinunter.
Verdutzt blickte der Mann auf, während Cirilla und Fretter die Gruppe bereits über die Brücke führten. Sofort riss er den Hammer hoch, unsicher, ob er gleich angegriffen würde.
»Ganz ruhig«, sagte Blurdo. »Wir gewähren diesen Leuten Zuflucht.«
Der Mann sah immer noch verwirrt aus.
»Das ist Barnabas Addel«, sagte Blurdo zu Cirilla. Als sie die andere Seite erreicht hatten, rief er: »He, Addel, wie geht deine Arbeit voran?«
»Bald …«, erwiderte Addel mit einem gequälten Krächzen. »Schon bald wird es vollendet sein.«
Blurdo wandte sich wieder Cirilla zu. »Das sagt er jetzt schon seit fünf Jahren. Dabei hat er nur diese eine Aufgabe, die Brücke fertigzustellen, und nicht einmal das bringt er zustande wegen seiner schlechten Verfassung. Er schläft sogar unter der Brücke. Alle fünf Tage müssen wir ihm sein Essen dorthin bringen, damit er nicht verhungert. In seinen jungen Jahren war er ein prächtiger Bursche, aber jetzt …«
Blurdos resigniertes Kopfschütteln sagte Cirilla alles, was sie wissen musste. An den Gesichtern der anderen konnte Wex ablesen, dass sie Addel zwar bemitleideten, sich aber gleichzeitig für ihn schämten.
»Ist er krank?«, fragte Fretter.
»Oder vielleicht nicht besonders hell im Kopf?«, warf Curdwell ein.
»Nein«, widersprach Cirilla. »Er ist ein Trinker.«
Addel schaute wütend zu ihr herauf. »Denkst du, ich hör dich nicht?«, schnaubte er. »Ich bin betrunken, nicht taub!« Er fuchtelte mit dem Hammer, als wollte er ihnen drohen, aber Wex sah den traurigen Ausdruck in seinen rot geäderten Augen. Addel wandte sich wieder an Blurdo. »Ich schwöre, innerhalb einer Woche ist diese Brücke so stabil, dass sie die Kutsche eines Königs trägt. Ich werd’s euch noch allen zeigen, ihr nichtsnutzigen Zweifler!«
Blurdo verzog das Gesicht. Der besoffene Barnabas war ihm peinlich. »Nicht mal mit einem Hühnerwagen würde ich diese Brücke überqueren«, raunte er Cirilla zu, dann winkte er Addel, er solle sich ihnen anschließen und mit zum Turm kommen.
Wie ein beschwipster Troll kletterte er mühsam die Böschung hoch, und mit ihm tauchte eine Alkoholdunstwolke auf.
Als die Zwerge Arkh erblickten, brach sofort eine hitzige Debatte los, doch Fretter hatte ihn mittlerweile gefesselt und versicherte Blurdo, dass von dem Gefangenen keine Gefahr ausging. Zögerlich geleiteten sie die Gruppe zum Turm. Die zweite Brücke lag weiter flussabwärts und war, so Blurdo, gut versteckt, auch wenn Wex sich nicht vorstellen konnte, wie man eine Brücke überhaupt verstecken konnte.
Als sie den Turm erreichten, spähte eine Menge neugieriger Gesichter aus kleinen runden Öffnungen in der Wand, die mehr wie Löcher aussahen denn wie richtige Fenster.
Das Bauwerk musste mit irgendeiner Technik errichtet sein, die er nicht kannte, überlegte Wex. Selbst Pinch fiel nicht viel mehr dazu ein als ein verwundertes Schulterzucken.
»Ich war schon an vielen Orten, Junge, habe alle Arten von Häusern und Gebäuden gesehen, vom Palast in Skye bis zum Wachhaus vor den Mauern der Großen Küstenstadt, aber noch nie etwas in dieser Art.«
Der Turm war weder aus Stein noch Ziegel, und seine Wände waren so glatt, als wären sie gegossen. Das Baumaterial, was auch immer es sein mochte, schien Schicht für Schicht aufgetragen wie Mörtel. Der Turm wand sich in alle möglichen Richtungen, fand jedoch stets wieder zur Mitte zurück und schraubte sich immer höher, und das ohne einzustürzen oder umzufallen.
Die Gänge im Innern waren ebenfalls rund, und alle außer Cirilla und den Kindern mussten sich tief ducken, weil sie so niedrig waren; Mungo blieb nichts anderes übrig, als zu kriechen. Nur die Zwerge konnten sich ungehindert bewegen.
Scheinbar wahllos zweigten weitere Gänge ab, schlängelten sich links oder rechts, und manchmal fächerten sie sich auf. Jedes Mal, wenn sie ein höheres Stockwerk erreichten, wurde die Falltür, durch die sie soeben gekommen waren, mit einem großen Holzblock verriegelt, der gerade noch zwischen Tür und Decke passte, sodass die Luke von unten unmöglich zu öffnen war.
Cirilla hatte inzwischen die Rolle der Anführerin übernommen, weil Blurdo ihr gegenüber bereitwilliger mit Informationen herausrückte, doch Fretter blieb stets in Hörweite.
Der untere Teil des Turms war vollkommen verlassen, woraus Wex folgerte, dass die Bewohner mittlerweile alle nach oben geflohen waren. Schließlich
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