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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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drehte sich im Flug. Und es stieg höher als das letzte Geschoss. Plötzlich begriff Wex, dass es hier oben einschlagen würde.
    »Vorsicht!«, kreischte er, aber es war zu spät.
    Wie ein Falke im Sturzflug jagte es heran, nur ohne dessen Eleganz. Es war der zwölfjährige Rotschopf, der neben Fen gestanden hatte und jetzt mit rudernden Armen durch die Luft trudelte.
    Entsetzt sah Wex, dass sie ihm die Bauchdecke aufgeschnitten hatten. Aber der Junge war noch am Leben, Augen und Mund weit aufgerissen zu einem stummen Schrei. Wie eine überreife Melone zerschellte er an der Außenwand, und die Männer sahen bis ins kleinste Detail, was der Aufprall mit seinem jungen Körper anrichtete. Die Frauen im Stockwerk darunter ebenso. Seine Eingeweide platzten aus der aufgeschnittenen Bauchdecke, ein Bein verdrehte sich in einem unmöglichen Winkel zum Rest des Körpers. Einen Moment lang klebte er am Turm fest wie eine Fliege an einer Honigfalle, dann rutschte er ab, schlug gegen die Ausbuchtungen der unregelmäßigen Außenwand und blieb schließlich reglos am Fuß des Turms liegen. Der rote Fleck an seinem Auftreffpunkt war zwar ein winziges Stück kleiner als der, den Blurdos Leibwächter im ersten Stock hinterlassen hatte, aber der Effekt war der gleiche: Zwergenmänner wie -frauen brüllten von blankem Entsetzen gepackt durcheinander, und Fretter gelang es nicht, sie zu beruhigen.
    »Sie wollen uns nur Angst einjagen!«, versuchte er sie zu beschwichtigen.
    »Ich habe Angst!«, heulte einer der Lanzenträger, und die nackte Aufrichtigkeit seiner Worte brachte Fretter schließlich zum Schweigen.
    Andere sanken auf die Knie und beteten zu ihren Zwergengöttern. Wex wusste nicht, welche das sein mochten, aber es war ihm auch egal, denn Götter mischten sich nur selten in die Angelegenheiten der Sterblichen. Er wünschte lediglich, die Herren des Turms würden nicht so vollkommen den Glauben an sich selbst verlieren. Es erfüllte ihn mit einem eigenartigen Stolz, zu sehen, wie seine eigene Gruppe mit grimmigen Gesichtern Haltung und Entschlossenheit bewahrte. Selbst Spärling flehte nicht um Rettung, sondern griff wutentbrannt nach seinem Schwert. Wenn die Geschosse weiterhin flogen, würden sie den Turm früher oder später aufgeben müssen und ihrem Feind auf freiem Feld gegenübertreten, wo sie hoffnungslos in der Unterzahl wären.
    Während der nächsten zwei Stunden durchschlugen drei weitere Blöcke die Turmwand weiter unten, ein vierter verfehlte sein Ziel knapp. Das Gebäude hielt stand, wackelte nicht einmal, aber die Westwand begann bereits bedrohlich zu bröseln. Wex dachte an Arkh, der sich irgendwo dort unten verschanzt hatte und nichts anderes tun konnte, als auf das Prasseln der Trümmer zu lauschen, das auf jeden Einschlag folgte wie Regen auf Donner.
    »Die Zaubermaschine wird unser aller Ende besiegeln!«, jammerten Blurdos Männer.
    Fretter hatte versucht, ihnen zu erklären, dass es sich bei dem Katapult lediglich um eine – zugegebenermaßen große und schwere – Holzkonstruktion handelte, aber sie glaubten ihm nicht. Einige hielten es für Zauberei, andere dachten, primitive Gottheiten stünden den Düsterlingen zur Seite. Welches hölzerne Gerät sollte in der Lage sein, einen Menschen fliegen zu lassen wie einen Vogel?
    »Mann auf der Lichtung!«, brüllte einer der Zwerge.
    Arkh , dachte Wex. Doch nachdem er ans Fenster gelaufen war, sah er, dass die Gestalt nicht groß und muskelbepackt war, sondern klein und fett. Es war einer von den Zwergen. Er stolperte auf die Brücke zu, wo ihn am Rand der Bäume bereits ein Zehnertrupp Düsterlinge erwartete.
    »Addel!«, keuchte Blurdo.

40
    »Unten am Ufer gibt es Steine, so groß wie Euer Kopf«, erklärte Eber und spähte vorsichtig zwischen den Bäumen hervor, als könnte der Fluss sich aus seinem Bett erheben und ihn verschlingen. »Wenn das Werf-Gerät sie schleudert, können wir mit ihnen den Turm einreißen.«
    »Sie würden nicht weit genug fliegen«, erwiderte Vill tonlos.
    »Wir waren so dumm, es auf der falschen Seite vom Fluss zu bauen«, höhnte Schlitzer.
    Vill nahm den Kommentar nicht als Beleidigung, sondern tippte sich lediglich nachdenklich ans Kinn. »Möglicherweise. Es war eine gute Demonstration unserer Stärke, aber wenn wir uns weiterhin damit begnügen, nur kleine Löcher in ihren Turm zu schlagen, werden sie bald wieder Mut fassen.«
    »Wir müssen die Gunst der Stunde nutzen«, wiederholte Eber einen Satz, den er zuvor von Vill

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