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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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als würde er schon schlafen, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen, während Brynn immer näher an ihn heranrückte und verzweifelt versuchte, endlich ein Auge zuzubekommen.

7
    Nach einem Tagesritt durch die dichter bewaldeten höheren Regionen der Zornberge erreichte die Kompanie die Baumgrenze. Dahinter begann der Schnee, und die Erste Straße endete abrupt. Wex war erst einmal so weit nördlich von Zornfleck gewesen, und wie sich herausstellte, waren nur zwei Mitglieder der Expedition jemals noch weiter nach Norden vorgedrungen: Pinch und Arkh. Pinchs farbenfrohe Schilderung seines Abenteuers mit den Kinderbanditen war so unglaubwürdig, dass zwar alle gern zuhörten, die meisten ihren Wahrheitsgehalt jedoch bezweifelten, wie auch Wex es getan hatte. Arkhs ruhige und ernste Schilderung der Riesenkiefern, des undurchdringlichen Hartriegel-Gestrüpps und des unheimlichen, dunklen Schleiers war da schon weit überzeugender. Als Wex ihn drängte, genauer zu berichten, sprach er leise und beschämt davon, wie er von Holzfällern wie ein Tier gejagt und immer näher an den Rand des Schleiers gedrängt worden war, in dessen Nähe seine Verfolger sich nicht wagten. Flüsternd vertraute er Wex an, wie die Dunkelheit dort ihn magisch angezogen habe. Arkh hatte jedoch widerstanden und war lieber den Holzfällern entgegengetreten, die hinter ihm her waren, als sich näher an den Schleier zu wagen. Was dann geschah, verschwieg er, doch offensichtlich hatte er die Begegnung überlebt. Was mit seinen Widersachern geschehen war, ließ er offen.
    Bei Tageslicht trug Arkh einen Helm mit Löchern für seine Hörner und einem Visier, das seine monströsen Gesichtszüge verbarg. Eine geschickte Lösung, wie Wex fand, doch die Palastsoldaten verachteten ihn trotzdem und mieden seine Nähe, genau wie Brynn.
    Mungo sagte kein Wort, und Cirilla sprach nur wenig. Kraven führte große Reden darüber, wie er das Wetter vorhersagen könne, während sein Pferd gut abgeschirmt in der Mitte des Pulks vor sich hin trappelte, betonte jedoch gleichzeitig, wie unnötig es sei, an einem so sonnigen Tag seine Kräfte zu bemühen. Fretter ritt neben Lothario. Die beiden berieten sich über die einzuschlagende Route, und Wex stellte erfreut fest, dass der gutaussehende Hauptmann viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt war, um mehr zu unternehmen, als Brynn hin und wieder einen verstohlenen Blick zuzuwerfen. Sie schien sich nicht recht wohl zu fühlen und sah schon nach dem ersten Tag im Sattel richtiggehend niedergeschlagen aus. Der Trupp hatte unterwegs nur ein einziges Mal an einem Fluss haltgemacht, um Wasser zu fassen und welches zu lassen, was Brynn in der stillen Abgeschiedenheit des dichten Buschwerks verrichtete, während die gesamte Kompanie eine Furchenlänge entfernt auf sie wartete. Erst als Pinch gerufen hatte: »Und immer schön Ausschau halten für Bären, du!«, war sie eilig zurückgekommen.
    Je tiefer sie zwischen die Bäume vordrangen, desto stiller und dunkler wurde der Wald. Zu still, wie Wex fand, der es gewohnt war, ständig das Keckern von Eichhörnchen und schnarrende Auerhähne zu hören. Es fühlte sich unnatürlich an. Die Palastsoldaten jedoch schienen den Unterschied gar nicht zu bemerken. Ständig lachten sie und rissen ihre Witzchen. Die Riesenkiefern verbargen den Schleier vor den Blicken der Reiter, die sich zwischen den dicken Stämmen hindurchschlängelten und nur ab und zu abstiegen, wenn das Unterholz zu dicht wurde.
    Als sich die Sonne allmählich dem Horizont näherte, erreichten sie den Rand des Riesenkiefernwaldes. Die Bäume wichen zurück, und mit einem Mal ragte eine gigantische schwarze Wand vor ihnen auf. Die Kompanie musste nun im Schatten des Schleiers weiterreiten, was die Soldaten mit einem Schlag so still werden ließ wie den Wald hinter ihnen. Die Pferde aber trotteten unverdrossen weiter, und die nervösen Reiter mussten mit aller Gewalt an den Zügeln reißen, um sie zum Stehenbleiben zu bewegen.
    Wex starrte mit offenem Mund. Unzählige Male hatte er über den unheimlichen Schatten sinniert, der über dem Gebirge lag, hatte ihn aus sicherer Entfernung wieder und wieder gezeichnet, aber von so nahe hatte er ihn noch nie gesehen. Weniger als drei Furchenlängen entfernt stand er vor dem Phänomen und staunte, als sähe er es zum ersten Mal. Der Schleier erhob sich gut dreißig Meter hoch in den Himmel und war damit höher als selbst die größten der Riesenkiefern. Unbarmherzig

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