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Die Karte der Welt (German Edition)

Die Karte der Welt (German Edition)

Titel: Die Karte der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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Vorhügeln gemacht und den dicken Fellmänteln der Palastsoldaten von Skye weit überlegen – sie war bequemer, und trotzdem musste Brynn weniger frieren. Es gab nichts, was ein einfacher Bauernjunge wie Wex im Moment für sie tun konnte, und als Brynn nach der nächsten Serpentine kurz die Augen hob und seinen Blick auffing, blieb ihm nichts anderes übrig, als schnell wegzusehen.
    »Wexford!«, rollte ihm Lotharios Stimme dröhnend entgegen, kaum dass die Dreiergruppe an der Spitze das Gipfelplateau erreicht hatte. Verunsichert wandte Wex sich Kraven zu.
    »Du wirst gerufen«, erklärte der Zauberer. »Also solltest du besser folgen. Ich hingegen muss wohl hier zurückbleiben.«
    Wex trieb sein Pferd an, und unterwegs kam er an Pinch vorbei, der sich herüberbeugte und ihm zuflüsterte: »Lass dich von diesem Schnösel nicht herumkommandieren. Tu so, als würdest du ihm gehorchen, aber tu es gleichzeitig nicht. Halt dich vor allem an das, was du selbst willst, verstanden?« Mit einem Klaps auf die Hinterbacken von Wex’ Pferd entließ er ihn wieder.
    Nachdem er an ein paar weiteren Soldaten vorbeigeritten war, war Wex auf Brynns Höhe. Das, was ich selbst will , dachte er und schwelgte im Anblick ihres langen, wallenden Haars, das beinahe genauso hell war wie der Schnee um sie herum. Aus Pinchs Mund hatte es so einfach geklungen. Wex suchte nach irgendetwas, das er ihr im Vorbeireiten zurufen konnte.
    »Was, glaubst du, wird der Schnösel wohl von mir wollen?«, verkündete er schließlich grinsend wie ein Pferd, das zu viel Hafer erwischt hatte.
    »Vielleicht wünscht er, dass du uns allen noch etwas Schweineeintopf kochst?«, erwiderte sie trocken.
    Wex blieb keine Zeit für eine Antwort, denn sein Pferd war schon an Brynn vorbei. Leise fluchend bewunderte er, wie klug und schlagfertig sie war, konnte sich aber nicht entscheiden, ob er sie deshalb nun mehr oder weniger wollte.
    Lothario, Fretter und Arkh waren bereits abgestiegen und hatten die Karte zwischen sich ausgebreitet.
    »Hast du Bäume gezeichnet?«, fragte der Hauptmann, als Wex herankam.
    »Bäume?«
    »Hier, auf dem Berggipfel, den du gestern gezeichnet hast.« Lothario deutete auf die Karte.
    Wex glitt aus dem Sattel und lief eilig zu der Stelle, wo die drei nachdenklich über das ausgerollte Leder gebeugt standen. Der Boden unter seinen Füßen war warm. Keine Spur mehr von Schnee.
    »Diese dünnen Linien. Was ist das?«, bohrte Fretter nach.
    Wex blickte auf die Karte. Er hatte eine einfache Schraffur gezeichnet, die vom Berggipfel himmelwärts wies. Von einem Gipfel, der ihm jetzt, da er ihn betrachtete, eigenartig flach vorkam. Die Schraffur sah in der Tat aus wie Bäume, wenn auch ein bisschen schiefe.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Wex.
    »Wie kannst du das nicht wissen? Du hast sie gezeichnet«, schnaubte Fretter kopfschüttelnd.
    »Ich hatte dabei keine Bäume im Sinn. Ich meine, ich habe diese Linien nur gezeichnet, weil sie mir irgendwie richtig erschienen.«
    Aber etwas an seiner Zeichnung war falsch. Er betrachtete sie näher. Die meisten Berge hatten spitze Gipfel, und oberhalb der Baumgrenze wuchsen nun einmal keine Bäume. »Ich habe gezeichnet, was ich in meinem Kopf gesehen habe.«
    »Dieser ganze Gipfel war gestern noch ein schwarzes Nichts, Hauptmann«, schäumte Fretter. »Der Junge kann die Bäume gar nicht gesehen haben.«
    »Dann hat er sie sich eben korrekt vorgestellt«, folgerte Lothario. »Erstaunlich.«
    »Es tut mir leid«, erklärte Wex, den immer stärker das Gefühl beschlich, dass er irgendeinen fürchterlichen Fehler gemacht hatte. »Ich wollte den Berg nicht so komisch malen.«
    In diesem Moment trat Arkh einen Schritt nach vorn. Die ganze Zeit über war er stumm geblieben, während die Anführer der Expedition Wex verhörten. Eine brave, folgsame Missgeburt, doch jetzt sprach er mit leiser Stimme durch das Visier seines Helms. »Vielleicht sollten wir ihm zeigen, was so seltsam daran ist, dass er Bäume gezeichnet hat, wo keine sein sollten«, erklärte er.
    Lothario nickte und bedeutete Wex, näher heranzukommen.
    Wex gab Arkh die Zügel seines Pferds in die Hand und stellte sich neben Lothario. »Ist warm hier oben«, sagte er. Dann spähte er über den Rand.
    Unter ihm gähnte ein riesiger Krater, ein Loch, das aussah, als hätten die Götter es mit einem gigantischen Löffel aus dem Berggipfel gegraben. Doch noch viel eigenartiger als der Krater war das, was Wex an dessen Boden erblickte.
    »Bäume!«,

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