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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Kommodenschublade nahm, fiel ihr Blick auf Grans Halskette. Sofort hatte sie ein schlechtes Gewissen, dass sie wegen Tamsin noch nichts unternommen hatte. Sie folgte Claires Vorschlag und fragte Alexia, ob sie sich die Telefonbücher von Starbrough Hall ausleihen dürfe, um Lovall nachzuschlagen. Wie erwartet gab es Dutzende. Höchstwahrscheinlich war Tamsin, sofern sie überhaupt noch lebte, verheiratet und hatte ihren Namen geändert. Aber um ihren guten Willen zu beweisen, rief Jude die drei »T. Lovall« aus dem nördlichen Norfolk einen nach dem anderen an. Es war wenig ergiebig. Bei der ersten Lovall handelte es sich um eine Frau, die mit einem Mr. Timothy Lovall verheiratet war. Sie dachte wohl, dass Jude ihr etwas verkaufen wollte, und legte gleich wieder auf. Beim zweiten Anruf meldete sich eine ziemlich schwerhörige Frau, die Jude eindeutig für ein bisschen verrückt hielt. Der Dritte war ein freundlich klingender Tom Lovall mit ländlichem Akzent, der über Judes Frage nachdachte, aber sich eingestehen musste, dass er sie nicht beantworten konnte. Entnervt gab sie auf. Nur um zu sehen, was passieren würde, tippte sie »Tamsin Lovall« in eine Internetsuchmaschine ein. Die Ergebnisse verwiesen auf einen australischen Volleyballstar, was wohl kaum zu einer fünfundachtzigjährigen Frau führen würde, dachte sie und lachte in sich hinein. Dann versuchte sie, ihren Suchbereich zu erweitern, indem sie überlegte, wer von den Menschen, die Tamsin gekannt hatten, noch am Leben sein könnte. Gran war das einzige, noch lebende Kind der Bennetts. Vielleicht gab es einen Schulfreund, der Jude weiterhelfen konnte. Neulich hatte Gran jemanden erwähnt – einen Jungen. Wer war er?
    Sie wählte Grans Nummer. Das Telefon klingelte und klingelte, und Jude wollte schon aufgeben, als sie wie aus weiter Ferne eine zittrige Stimme hörte. »Hallo?«
    »Gran, hier ist Jude. Wie geht es dir? Du klingst ein bisschen schwach.«
    »Nein, nein, ich fühl mich gut.« Gran hörte sich benommen an.
    »Ist dir immer noch schwindlig?«
    »Heute geht’s. Was kann ich für dich tun?«
    »Ich habe euer Versteck im Turm gefunden. Es war hinter zwei Ziegelsteinen, oder?«
    »Oh, kluges Mädchen!« Gran klang sehr erfreut. »War etwas drin?«
    »Ein Päckchen aus Ölpapier.«
    »Daran kann ich mich noch erinnern. Wir haben es da gelassen.«
    »Es enthält ein astrologisches Diagramm, wusstest du das, Gran?«
    »Ach, tatsächlich?«
    Das Päckchen hatte die beiden jungen Mädchen damals offenbar nicht interessiert. Jude wechselte den Kurs.
    »Mit der Suche nach Tamsin bin ich noch nicht weit gekommen.« Sie erzählte von ihren Telefonaten. »Kennst du jemanden, der sie gekannt hat und noch am Leben ist? Jemanden aus der Schule zum Beispiel.«
    Es herrschte kurzes Schweigen. »Nein, mir fällt niemand ein. Nach der Heirat habe ich zu vielen die Verbindung verloren. Betty Morton ist tot, und Joan auch ... sie war meine Brautjungfer.«
    »Neulich hattest du angefangen, von einem Jungen zu erzählen.«
    »Ach, wirklich? Wer könnte das gewesen sein?«
    »Jemand, der wohl ziemlich unfreundlich war.«
    Wieder herrschte Schweigen.
    »Dicky Edwards«, flüsterte Gran. »Ich glaube nicht, dass Dicky ... ich möchte ihm nicht begegnen, Jude. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er uns helfen kann.«
    »Gran?« Es war schwer, die Situation am Telefon zu beurteilen, aber Jude vermutete, dass sie einen wunden Punkt berührt hatte. Sie schaute auf die Uhr. Erst elf, und für den Rest des Tages hatte sie noch nichts Besonderes geplant. »Gran, wenn du nichts vorhast, würde ich gern heute Nachmittag rüberkommen und dich besuchen.«
    Noch lange nachdem Jude aufgelegt hatte, hielt Jessie den Hörer umklammert. Dicky. Jahrelang hatte er wie eine Art Schatten in ihrem Gedächtnis herumgelungert, ein Schatten, dem sie weder Gestalt noch Namen geben wollte. Aber als sie neulich mit Jude über Tamsin gesprochen hatte, war die Erinnerung an ihn blitzartig zurückgekehrt, und jetzt stand er ihr klar und deutlich vor Augen. Schon immer war er ein kräftiger Kerl gewesen, groß für sein Alter und rundlich, und als er mit dreizehn oder vierzehn anfing, seinem Vater bei der Landarbeit zu helfen, verwandelte sich das Fett in Muskeln. Der Bauer Edwards war dafür bekannt, dass er notorisch herumbrüllte und prahlte. Kein Wunder, dass seine Frau immer eingeschüchtert und zerbrechlich aussah und dass seine Söhne sich zu Tyrannen entwickelten.
    Sie legte den Hörer

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