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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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nur ohne ihn leben?«
    Jude stieß die Tür ein Stückchen weiter auf, um besser sehen zu können.
    Summer blickte auf. In ihrem Gesicht stand pure Verzweiflung. Und dann sah Jude, worüber sich die Puppen beugten: Die schwarz-weiße Katze Pandora lag ausgestreckt auf dem Boden.
    Jude überlegte blitzschnell. Nein, Summer konnte nicht »Thomas« gesagt haben. Das war schließlich der Name von Esthers Katze. Ihr Gedächtnis hatte ihr einen Streich gespielt.
    »Was ist denn passiert?«, fragte sie sanft und deutete auf die Szene.
    »Ein Fuchs hat die Katze des Mädchens geschnappt und getötet«, erklärte Summer, »das andere Mädchen hilft ihr, sie zu begraben.«
    »Oh, Summer, das ist aber eine traurige Geschichte«, stammelte Jude und dachte, dass es sich wirklich um einen außergewöhnlichen Zufall handeln musste. Unmöglich, dass Summer die Geschichte von Esthers Katze kannte. Hatte sie Claire gegenüber erwähnt, was sich damals abgespielt hatte? Oder Euan gegenüber? Ja, Euan, das konnte sein. Sie versuchte sich zu erinnern, ob sie ihn über den letzten Abschnitt in Esthers Bericht informiert hatte, aber ihr Hirn war wie eingefroren.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte Summer, die die Verwirrung ihrer Tante offenbar falsch verstanden hatte. »Sie bekommt eine andere Katze, und dann ist sie wieder glücklich.«
    »Aber woher hast du denn diese grausame Geschichte?«
    »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, hatte ich sie im Kopf«, antwortete Summer.
    »Sie erzählt immer so komische Geschichten«, sagte Emily, ohne den Blick von dem Buch zu nehmen. »Sie lügt wie gedruckt.«
    »Tu ich gar nicht!«, rief Summer empört. »Ich wache einfach auf und weiß, dass die Geschichten passiert sind.«
    »Weiß, dass die Geschichten passiert sind«, echote Jude leise mit wachsender Beunruhigung.
    »Ja, sie sind passiert.« Summer schob die Unterlippe vor.
    Jude räumte ein paar Spielsachen vom Sessel und setzte sich, weil sie sich plötzlich erschöpft fühlte.
    »Alles okay?« Claire stand mit hochgezogener Augenbraue und verschränkten Armen in der Tür.
    »Ja, natürlich«, sagte Jude und schaute Summer an, die Pandora inzwischen wieder zum Leben erweckt hatte. Die Katze sprang herum und spielte mit dem Kind. Summer machte einen völlig gelassenen Eindruck.
    »Claire, können wir uns kurz unterhalten?«
    »Klar.«
    Jude folgte ihrer Schwester nach unten und zog sie hinaus in den Garten. Sie setzten sich auf eine Bank unter einen Schmetterlingsstrauch mit prächtigen violetten Blüten. Es war ein friedlicher goldener Abend, die Luft quoll über von Blumendüften. Es war ein Abend, an dem man beinahe denken konnte, es sei alles in Ordnung. Aber es war nicht alles in Ordnung. Und diese Gewissheit lastete Jude wie ein Albdruck auf der Brust.
    »Was ist los?« Inzwischen sah Claire besorgt aus.
    »Vielleicht gar nichts. Es ist nur ... kennst du Summers Traum?«
    »Ja. Um ehrlich zu sein, ich wollte ihn dir erzählen. Ich habe Summer noch mal beim Arzt angemeldet. Für morgen. Samstagvormittag ist da auch Sprechstunde. Ich bringe Emily nach Hause und fahre dann erst später zur Arbeit.«
    »Ach, das ist gut.« Wie würde der Arzt die neue Entwicklung einschätzen? Jude atmete tief durch.
    »Claire, ich glaube, dass sie Dinge träumt, die in der Vergangenheit geschehen sind. Nicht in ihrer eigenen, sondern in der Vergangenheit von jemand anderem. In Esthers Vergangenheit. Geschichten aus dem Tagebuch, das ich auf Starbrough Hall gefunden habe.«
    »Esther? Du meinst die Tochter von diesem Astronomen? Aber das ist doch verrückt! Was hat Summer mit Esther zu tun? Das ist doch alles ein paar hundert Jahre her.«
    »Ich weiß. Es klingt nach Unsinn. Hör mir trotzdem zu. Gerade eben hat sie etwas gespielt, was ich in Esthers Bericht gelesen habe. Die Geschichte über eine Katze, die gestorben ist, und über ein Zigeunermädchen, das ihr geholfen hat. Und Summer meinte, sie sei aufgewacht und habe die Geschichte gekannt. Aber wie und wann hat sie sie erfahren, Claire?«
    »Wenn’s nicht mehr ist«, sagte Claire rasch und wischte sich eine Blüte von ihrer Baumwollhose, »dann ist doch alles klar. Du musst es ihr erzählt haben. Oder sie hat irgendwas in dieser Richtung gelesen. Ihr steckt der Kopf voller Geschichten, und die letzte klingt doch gar nicht so ungewöhnlich.«
    Sie lügt wie gedruckt. Das waren Emilys Worte gewesen. Jude kannte Summer als ein sehr wahrheitsliebendes Kind. Summer hielt diese Traumdinge bestimmt nicht

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