Die Karte Des Himmels
damit einverstanden ist.«
»Ausgezeichnet. Vielleicht kümmern Sie sich darum. Und, Jude, denken Sie an die Story. Falls es eine gibt, finden Sie sie heraus.« Seine Stimme klang einen Hauch stählern.
»Ja, Sir«, sagte Jude leise. Als sie Klaus’ Büro verließ, nahm sie nur allzu deutlich wahr, dass Inigo mit düsterer Miene zusammengekauert an seinem Tisch saß.
Um fünf Uhr verließ Jude das Büro und bahnte sich den Weg durch die Nebenstraßen von Mayfair zur U-Bahn-Station Bond Street. Aber anstatt sich am Bahnhof Greenwich nach links auf den Heimweg zu machen, wandte sie sich in Richtung Park und stieg den Hügel zum Royal Observatory hinauf.
»Wie schön, dich endlich wiederzusehen! Das hat diesmal viel zu lange gedauert!« Zur Begrüßung umarmte Cecelia Downham ihre Freundin und führte sie in ein schäbiges Büro im Untergeschoss, das vor Büchern und Manuskripten aus allen Nähten platzte.
»Was für ein fantastischer Ort«, sagte Jude und schaute sich um, »wie direkt aus einem Roman von Dickens.«
»Ja, ist es nicht wundervoll? Ich arbeite an einem Beitrag für eine Ausstellung über die Geschichte des Observatoriums. Also habe ich mich hier für ein paar Wochen eingenistet, nur solange eine Freundin im Urlaub ist. Aber setz dich doch. Tut mir leid, hier sieht’s aus wie auf einem Flohmarkt.«
»So viel zum Ideal des papierlosen Büros«, sagte Jude, als Cecelia einen Stapel Zeitschriften von einem alten Stuhl räumte und dann in einem kleinen Elektrokocher Wasser für den Pfefferminztee aufsetzte. Groß, auffällig blond und mit Ostküstenakzent hatte Cecelia schon immer ungewöhnlich bezaubernd für eine Forscherin gewirkt. Sie war nicht nur eine exzellente Wissenschaftlerin, sondern betrieb ihre Studien mit wahrer Begeisterung und teilte ihr Fachwissen gern mit anderen Menschen. Außerdem war sie eine gute Freundin, obwohl Jude und sie sich in letzter Zeit nicht oft gesehen hatten.
»Wo wohnst du denn? Du fährst doch nicht jeden Abend nach Cambridge zurück, oder?«, fragte Jude.
»Danny hat einen Freund mit einer Wohnung etwas außerhalb.« Cecelias langjähriger Lebensgefährte war ebenfalls Akademiker, aber irgendwie gelang es ihnen nie, am selben Ort einen Arbeitsplatz zu finden. Im Moment arbeitete Danny, der aus Dublin stammte, als Englischprofessor in Boston, sodass entweder er oder Cecelia ins Flugzeug steigen mussten.
»Aber du hättest doch auch bei mir wohnen können«, rief Jude. »Das nächste Mal ganz bestimmt, das musst du mir versprechen.«
Sie plauderten eine Weile, erzählten sich, was alles passiert war, seit Jude ihre Freundin vor einem Jahr das letzte Mal in ihrem College in Cambridge besucht hatte.
»Also, was hast du denn für mich?« Cecelia zeigte auf Judes Aktenkoffer.
»Es ist deine Epoche, Cece, das späte achtzehnte Jahrhundert«, erklärte Jude, packte die Tagebücher aus und reichte sie quer über den Tisch. »Sieh mal.« Sie wickelte die Plastikhülle von dem letzten Journal und blätterte es auf. »Das hier ist die Stelle, wo sich die Handschrift ändert. Es sind definitiv zwei Leute, die geschrieben haben. Ich brauche deine Einschätzung, ob irgendwas darin zu finden ist, was vom Standpunkt des Sammlers aus interessant sein könnte. Ich meine, kann man sagen, dass Wickham einen Beitrag zur Astronomie seiner Zeit geleistet hat? O Gott, ich plappere daher, bitte entschuldige. Ich stehe ziemlich unter Druck, weil ich daraus einen Riesendeal machen soll. Und dazu brauche ich eine Story. Du bekommst übrigens ein Honorar für die Recherche, das ist kein Problem.« Sie nippte an dem heißen Tee, während Cecelia sich den ersten Band anschaute.
Nach einer Weile zog Cecelia die Stirn kraus. »Ich muss erst einen genaueren Blick darauf werfen, Jude. Natürlich kann ich auch keine Story aus der Luft greifen.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Jude eilig. »Bitte entschuldige. Ich wollte nicht sagen, dass du die Fakten verdrehen sollst oder so.«
»Nach deiner Mail von gestern Abend habe ich versucht, etwas rauszufinden, irgendwas über Anthony Wickham«, fuhr Cecelia fort. »Ich habe noch nie von ihm gehört. Also habe ich danach gesucht, ob andere Astronomen sich vielleicht über ihn geäußert haben. Um ehrlich zu sein, ich kann überhaupt nichts finden. Aber ich suche weiter.«
»Danke«, sagte Jude, »das wäre großartig. Natürlich recherchiere ich auch auf eigene Faust.«
»Ach, bevor ich’s vergesse«, sagte Cecelia, »ich kenne jemanden, der
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