Die Karte Des Himmels
Armutszeugnis für ihre Beziehung, schoss es ihr durch den Kopf.
Und als sie nach Hause kam, war da wieder das Gefühl, einzutauchen in all das, was zu Mark und ihr gehörte – diese Erinnerungen waren so beruhigend wie ein Käsetoast. Sie hatte Caspar noch nie erlaubt, hier zu übernachten. Immer hatte sie es so arrangiert, dass sie in der Stadt aßen und dann zu ihm gingen. Sonntags wollte sie auch manchmal selbst abends nach Hause, um sich auf die kommende Woche vorzubereiten. Aber vielleicht sollte sie sich auch einfach weiter mit dieser Beziehung abmühen, daran arbeiten und darauf warten, dass sich alles zum Guten wandte. Vielleicht würde es auch nie wieder jemanden in ihrem Leben geben, den sie mit derselben Leidenschaft lieben könnte wie Mark und mit demselben Gefühl, dass alles richtig war. Sie lag da im Halbdunkel und spürte, wie ihr ganzer Körper ihn schmerzhaft vermisste. Und sie erinnerte sich an all die Nächte, in denen sie sich einfach umgedreht und an ihn geschmiegt hatte und er sogar noch im Schlaf die Arme schützend um sie geschlungen hatte.
Was sollte sie nur tun?
11. Kapitel
Am Montagmorgen war die Stimmung im Büro wie elektrisiert. Es war erst halb neun, als Jude mit den kostbaren Tagebüchern im Aktenkoffer hereinkam, aber Suri saß schon an ihrem Platz, den Kopf über ein paar verstaubte Bände gebeugt und die Ellbogen an die Seiten gepresst wie ein verängstigtes Tier, das sich so klein und unscheinbar wie möglich machen wollte. Sie schaute auf, als Jude den Raum betrat, formte ein »Hallo« mit den Lippen, verdrehte die Augen und zog eine warnende Grimasse. Die lauten Stimmen, die aus Klaus’ Büro zu hören waren, erzählten den Rest der Geschichte. Dann tauchte Inigo auf – der tragische Ausdruck auf seinem Gesicht hätte einem Shakespeare-Schauspieler zur Ehre gereicht. Er zupfte sich die Hosenbeine seines lächerlichen Anzugs hoch, bevor er sich an seinen Schreibtisch setzte und, ohne auf Judes Begrüßung zu reagieren, anfing, wie verrückt auf die Tastatur einzuhämmern. Klaus lehnte derweil in der Tür zu seinem Büro und klammerte sich mit den Fingern am Rahmen fest wie ein riesiger Vogel, der nach Beute Ausschau hält. Er musterte Jude mit einem grimmigen Blick.
»Was ist denn los?«, fragte sie und schaute von einem Mann zum anderen. Klaus zitierte sie mit einer kurzen Kopfbewegung herbei, und sie folgte ihm in sein Zimmer.
»Klaus? Was ist los?«
Er ignorierte ihre Frage.
»Guten Morgen, Jude. Wie war es in Norfolk? Ich habe Ihre Mails gelesen, vielen Dank dafür. Die Sammlung haben wir doch auf jeden Fall, oder? Das würde erheblich dazu beitragen, unser Überleben zu sichern. Ich habe mir die Freiheit genommen, unsere Prognose mit ein paar Zahlen zu aktualisieren, bevor ich sie heute Morgen nach oben geschickt habe ...«
»Das haben Sie schon?«, unterbrach ihn Jude mit einem leichten Erschrecken. »Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die Sammlung haben. Ich wollte das heute telefonisch mit Robert Wickham klarmachen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Klaus und rieb die Fingerspitzen aneinander. »Vorher sehen Sie sich besser noch mal den aktualisierten Jahresumsatz an.« Er schob ihr über den Tisch eine durchsichtige Dokumentenmappe zu.
Es dauerte einen Moment, bis sie die Zahlenreihen angeschaut hatte. Die Summen darunter schienen sie wütend anzustarren. Der tatsächliche Umsatz des letzten Halbjahres im Vergleich zu dem im Budget eingeplanten – es war ein Schock. Sie wusste, dass der Handel mit Bildern und Möbeln wegen des wirtschaftlichen Klimas momentan problematisch war, aber auch die Bücher waren fast eine Million Pfund hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Klaus setzte sich in seinen Schreibtischsessel und forderte Jude mit einer Handbewegung auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
»Wir hätten auch Lord Madingsfields Sammlung wirklich dringend gebraucht«, sagte er heiser und fuhr sich mit den Fingern durch das glanzlose, ergrauende Haar. »Besonders die Manuskripte von Audubon. Die Vogelbücher.« Durch die Glaswand seines Büros warf er einen bohrenden Blick auf die ängstlich zusammengekauerte Gestalt des armen Inigo. Darum also war es bei dem Streit gegangen.
»Es war nicht Inigos Fehler«, sagte Jude in einem Anflug von Gerechtigkeitssinn, »das hat er Ihnen doch erzählt. Madingsfield hat einen Cousin bei ›Sotheby’s‹ ...«
»Ich habe es Inigo gerade gesagt ... Ich habe Madingsfield am Wochenende angerufen«, informierte sie
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