Die Karte Des Himmels
traurig um ihrer selbst willen. Sie lag allein in ihrem Bett und vermisste am allermeisten Mark. Als die Nacht am dunkelsten war, in der Stunde vor Sonnenaufgang, hatte sie sich selbst davon überzeugt, dass sie ihn niemals vergessen könnte und nie wieder jemanden finden würde, der so gut zu ihr passte wie er. Sie würde einsam sterben. Schließlich schlief sie ein. Sie träumte, dass sie über eine gewundene Treppe in einem Turm in die Dunkelheit hinaufstieg.
12. Kapitel
Als Jude am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich erschöpft und wie ausgewrungen. Tief im Innern wusste sie, dass sie wegen Caspar die richtige Entscheidung getroffen hatte, aber es hatte sie ihre ganze Kraft gekostet. Erst spät tauchte sie im Büro auf, hockte dann an ihrem Schreibtisch und versuchte sich zu zwingen, die Aufgaben des Tages zu erledigen. Es gab so viel zu tun. Ihre zwei Wochen Urlaub waren bereits vorgemerkt, aber eigentlich sollte sie sie besser nicht nehmen, vor allem im Hinblick auf den Abgabetermin des Artikels für den Beecham’s Collector . Aber sie brauchte unbedingt eine Pause. Während sie ihre Notizen zu der Starbrough-Sammlung überflog und Fakten und Zahlen überprüfte, dachte sie darüber nach, was das Beste wäre. Aus Sicht der Arbeit und, was ihre Familie betraf, wollte, nein, musste sie wieder nach Norfolk fahren. Vielleicht konnte sie Claire mit Summer eine Hilfe sein, besonders, da in ein oder zwei Wochen die Schulferien ihrer Nichte anfingen. Das klang doch alles gut. Von richtigen Ferien könnte allerdings nicht die Rede sein, wenn sie den halben Tag in Starbrough Hall arbeitete, und auf einer klumpigen Matratze in Summers Zimmer auf dem Boden zu schlafen, würde sie nicht länger als zwei Nächte ertragen.
Sie erinnerte sich daran, dass Robert sie im PS seiner Mail eingeladen hatte, in Starbrough Hall zu übernachten. Langsam nahm der Plan in ihrem Kopf Gestalt an. Wenn die Einladung ernst gemeint gewesen war und Roberts Frau Alexia nichts dagegen hatte, würde sie sie mit Freuden annehmen, nicht zuletzt, weil es sinnvoll war, für die Recherchen und die Katalogisierung der Sammlung vor Ort zu sein. Außerdem konnte sie, solange sie dort war, Gran und Claire und Summer häufig besuchen. Dennoch war es wichtig, dass sie sich auch ein bisschen Urlaub gönnte. Sie beschloss, mit Klaus darüber zu sprechen.
Für Klaus, der die große Chance im Blick hatte, lag die Lösung sofort auf der Hand. »Warum fahren Sie nicht für drei Wochen da hin anstatt nur für zwei? Dann können Sie jeden Tag ein paar Stunden arbeiten und in der übrigen Zeit Urlaub machen. Sie wissen doch, dass ich Ihnen vertraue. Im Büro wird es sowieso eher ruhig sein. Ja, mir gefällt der Gedanke. Sie können sich auf die Starbrough-Sammlung konzentrieren, und das ist im Moment absolut notwendig, und dann machen, wozu Sie Lust haben. Und die ganze Angelegenheit verbuchen wir als, nun sagen wir, zehn Tage Urlaub. Voilà! «
Jude überlegte. Es war gut, dass Klaus sich so flexibel zeigte, obwohl es natürlich merkwürdige Ferien sein würden. Aber wenn sie an die anderen Möglichkeiten dachte, nämlich im Büro zu bleiben oder Urlaub zu nehmen und allein in Greenwich herumzuhängen und ständig irgendwelche Bekannte zu besuchen, die ihr nicht viel bedeuteten, dann war Norfolk ungemein attraktiv. Sie würde sich den Wickhams nicht für die gesamten drei Wochen aufdrängen; aber vielleicht konnte sie dort einen Teil der Zeit unterkommen. Sie griff nach dem Telefon und wählte die Nummer, die sie schon auswendig kannte.
Chantal nahm ab.
»Jude, meine Liebe, wie geht es Ihnen?«, sagte sie freudig überrascht. Doch dann fiel ihr wohl ein, weshalb Jude wahrscheinlich anrief, denn sie klang nun eher bedrückt. »Ich bedaure, aber Robert ist im Moment nicht zu Hause. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?«
»Ich wollte bloß ... ich würde gern die nächsten Schritte mit ihm besprechen ... Chantal, es tut mir sehr leid, ich weiß, wie schwer es für Sie ist, die Bücher zu verlieren ...«, schloss sie.
»Bitte zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf«, erwiderte Chantal mit einem Seufzer. »Sie erledigen doch nur Ihre Arbeit. Ich richte Robert aus, dass Sie angerufen haben.«
»Danke. Und, Chantal, ich habe zwar noch nicht mit meiner Schwester gesprochen, aber würden Sie Robert bitte auch ausrichten, dass ich vorhabe, schon sehr bald wieder nach Norfolk zu kommen? Um ehrlich zu sein, mein Urlaub in Frankreich ist geplatzt, und
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