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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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einem amüsanten Chanson an. Giulia fiel sofort ein und sang das Lied in einer besonders frechen Art, die den Räubern sehr gefiel.
    In der nächsten Stunde kam sie nicht zur Ruhe, denn die Räuber wollten immer neue Lieder hören. Doch während sie ihr zuhörten, plünderten sie die Reisenden weiter aus. Sie gingen allerdings nicht mehr ganz so rücksichtslos vor und ließen den meisten Leuten ihre Kleidung. Nur ein paar Männer in besonders prachtvollen Gewändern mussten Wämser und Hosen ausziehen. Zu seinem Leidwesen gehörte auch Giulias Vater dazu. Er konnte sich jedoch ebenso wie die anderen unter den abgelegten Sachen der Räuber etwas aussuchen, um seine Blöße zu bedecken. Die Frauen verloren außer ihrem Schmuck jedoch höchstens die Nerven. Die Räuber machten zwar etliche unflätige Bemerkungen, ließen sie aber ansonsten in Ruhe.
    Zuletzt befahl Alessandro Tomasi seinen Leuten, die erbeuteten Güter in die Kutschen zweier Herren von Stand zu verladen und loszufahren. Er selbst kam noch einmal auf Giulia zu und warf ihr eine Lederbörse vor die Füße. »Hier ist deine Gage, Kastrat. Du hast sie dir wahrlich verdient.« Mit einem letzten Auflachen schwang er sich auf sein Pferd und preschte davon, und seine Leute folgten ihm wie Schatten. Die Reisenden starrten ihnen nach und konnten es kaum glauben, noch am Leben und, was die Damen betraf, im Besitz ihrer Ehre zu sein. Schließlich kam einer der Reisenden auf Giulia zu, hob die am Boden liegende Börse auf und reichte sie ihr. »Hier, nehmt das Geld, Casamonte. Ihr habt uns mit Eurem Gesang gerettet. Diese verdammten Räuber hätten sonst Gott weiß was mit uns angestellt. Bisher haben sie sich nämlich immer einen Spaß daraus gemacht, ihre Opfer zu quälen und die Überlebenden dem Gespött der Menschen auszusetzen.«
    Lucretia Gonfale nickte eifrig. »Das ist wahr. Ich habe schon viele Geschichten über diesen Alessandro Tomasi vernommen, und es war nichts Gutes darunter.«
    Giulia schüttelte verständnislos den Kopf. »Warum unternehmen die Behörden denn nichts gegen diese Räuber?«
    »Man muss einen Banditen erst einmal fangen, bevor man ihn bestrafen kann«, warf ein Händler mit grimmigem Lachen ein. »Dieser Tomasi ist mit jedem Strauchdieb diesseits und jenseits des Tibers im Bunde und dreht den Offizieren des Heiligen Vaters jedes Mal wieder eine lange Nase.«
    »Außerdem hält der Pöbel in der Umgebung zu den Räubern, um von den Überfällen zu profitieren. Sie kaufen den Banditen ihre Beute billig ab und versorgen sie mit Lebensmitteln und Nachrichten«, erklärte ein Adliger voller Wut. Er zupfte an dem mehrfach geflickten Hemd und den speckigen Hosen, die er anstelle seiner gestohlenen Kleider hatte anziehen müssen, und schien zu überlegen, ob er die nächste Stadt nicht lieber nackt als in diesem Bettelgewand betreten sollte.
    Vincenzo beteiligte sich nicht an der wirren Diskussion, sondern kehrte zu ihrer Kutsche zurück und suchte unter den Dingen, welche die Räuber liegen gelassen hatten, so viel Brauchbares aus, wie sie mitnehmen konnten. Assumpta und Beppo halfen ihm, fünf Bündel zu schnüren. Drei luden sie und Vincenzo sich selbst auf, das leichteste reichten sie Giulia und das letzte ihrem Vater.
    Girolamo Casamonte starrte entsetzt auf die Last, die ihm zugemutet wurde. Er hob das Bündel an und ließ es wieder fallen. »Das ist doch viel zu schwer!«
    Assumpta schnaubte. »Es ist nicht einmal halb so schwer wie das des Herrn Vincenzo. Da wir keine Pferde haben und auch kein Geld, uns neue zu mieten, müssen wir eben zu Fuß weitergehen und unsere Habe auf dem Rücken schleppen. Oder wollt Ihr alles zurücklassen, damit die Einwohner der umliegenden Dörfer es stehlen?«
    Girolamo Casamonte sah so aus, als wenn ihm das am liebsten wäre. Doch jetzt suchten auch die anderen Reisenden zusammen, was des Mitnehmens wert war. Sogar Lucretia Gonfale bückte sich und barg verschämt einige ihrer Hemden in einer Decke. Andere schüttelten jedoch abwehrend den Kopf und setzten sich an den Wegrand. »Warum sollen wir von hier weggehen? Irgendwann kommt schon eine Kutsche oder ein Fuhrwerke vorbei, das uns mitnehmen kann«, sagte ein Edelmann mit blasierter Miene.
    Sein Diener nickte eifrig. »Ihr könnt ja in der nächsten Stadt Bescheid sagen, damit man uns abholt.«
    Giulia wandte sich nachdenklich an Vincenzo. »Wäre es nicht besser, zu warten, bis Hilfe kommt?«
    »Hilfe kommt selten dann, wenn man sie braucht. Wenn wir

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