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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Hund. Mein Weib und meine Tochter werden betteln müssen.«
    »Nein, nein! So beruhigt Euch doch, Meister Girolamo. Noch ist es nicht so weit. Mir ist gerade etwas eingefallen. Ich habe von einer Medizin gehört, die den Klang einer Stimme verbessert und den Stimmbruch hinauszögert. Das Rezept müsste der Bruder Apotheker besitzen. Ich werde gleich zu ihm gehen und ihn bitten, sie mir zu mischen. Zum Glück habe ich Ludovico befohlen, im Kloster zu bleiben. So kann er sie heute Nacht noch trinken. Ihr werdet sehen, es wird doch noch alles gut.«
    So optimistisch, wie er sich gab, fühlte Pater Lorenzo sich nicht. Er wollte den völlig verzweifelten Fassi jedoch nicht noch mehr ängstigen. So gab er ihm den Rat, noch ein Glas Rotwein zu trinken und sich dann hinzulegen, während er sich um die Medizin kümmern wollte. Aufmunternd klopfte er ihm auf die Schultern und verließ mit schweren Schritten das Zimmer. Der für die Klosterapotheke zuständige Mönch hatte sich bereits in seine Zelle zurückgezogen, öffnete Pater Lorenzo jedoch sofort die Tür und erklärte sich bereit, ihm das Mittel zu mischen. »Ich wollte dir schon vorschlagen, Ludovico diesen Saft zu verabreichen, Bruder, auch wenn seine Wirkung nur begrenzt ist und zu häufiges Einnehmen der Stimme schadet«, erklärte er, als er in der Apotheke die ersten Zutaten im Mörser zerrieb. »Ich komme öfter an die Tür des Probenraums und lausche. Dabei habe ich ebenfalls bemerkt, dass der Junge allmählich in den Stimmbruch kommt.«
    Pater Lorenzo hob die Hände wie zum Gebet. »Ich hoffe, die Medizin hilft, sonst brauchen wir ein Wunder, um den Zorn unseres Abtes zu überstehen.«
    Als er endlich die Phiole in der Hand hielt, nahm er sich kaum die Zeit, dem Bruder Apotheker zu danken. In unziemlicher Hast eilte er durch die düsteren Korridore des Klosters in den Trakt, in dem die Chorknaben untergebracht waren. Bevor er den Schlafsaal betrat, löschte er seine Öllampe und stellte sie auf einen Wandsims. Da der Mond hell durch die hohen, schmalen Fenster des Saales schien, glaubte er, Ludovico finden zu können, ohne die anderen Knaben aufzuwecken.
    Als er Ludovicos Bett erreichte, fand er es leer. Pater Lorenzo spürte, wie er vor Aufregung zitterte. Wenn der Junge entgegen seines ausdrücklichen Verbots das Kloster verlassen hatte und zur väterlichen Mühle gelaufen war, würde es für den Saft zu spät sein. Dann sagte er sich, dass Ludovico wahrscheinlich nur zum Abtritt gegangen war. Während er noch überlegte, ob er auf ihn warten oder ihm folgen sollte, schweifte sein Blick über die anderen Betten. In den meisten schliefen die Knaben ruhig dem Morgen entgegen. Ambrogios Bett war jedoch ebenfalls leer.
    Von einem unguten Gefühl getrieben verließ Pater Lorenzo den Schlafsaal durch die Tür, die auf den Gang zum Probenraum führte. Rechts und links davon gab es noch ein paar kleinere Kammern, in denen die Chorgewänder der Knaben und die Musikinstrumente aufbewahrt wurden. Der Mönch brauchte nicht lange zu suchen. Durch die halb offene Tür eines Zimmers sah er im Schein des Mondes zwei eng aneinander gedrängte Körper, von denen der eine still stand, während der andere sich im heftigen Rhythmus hin und her bewegte.
    Fassungslos stieß der Pater die Tür auf. Die beiden Knaben er-starrten vor Schreck. Ambrogio stand nach vorne gebeugt, das Hemd bis zur Taille hochgezogen, und reckte dem nackt hinter ihm stehenden Ludovico sein Hinterteil entgegen. Dieser hatte seinen Mitschüler bei den Hüften gepackt und sah dem Chorleiter nun angstvoll entgegen. Da es dem Pater zunächst die Sprache verschlagen hatte, fasste Ludovico sich schnell wieder. Ein anbiederndes Lächeln huschte über sein Gesicht, und er präsentierte dem Pater sein immer noch aufgerichtetes Glied. »Wenn Ihr wollt, könnt Ihr uns beide haben, ehrwürdiger Vater. Wir sagen auch nichts.« Dem Pater stockte bei diesem unglaublichen Angebot schier der Atem. »Du bist bis in den Grund deines Herzens hinein verderbt, Ludovico. Bei Jesu Blut, wie konntet ihr beide es nur wagen, in diesen heiligen Hallen die Todsünde der Sodomie zu begehen?«
    »Sodomie?« Ambrogio starrte den Pater entsetzt an, so als ginge ihm jetzt erst auf, was er getan hatte, während Ludovico sich nach einer Fluchtmöglichkeit umsah. Der Müllersohn erinnerte sich nur allzu deutlich daran, dass sein Vater und einige Nachbarn sich lang und breit über die Bestrafung eines Sodomiten in einer Nachbarstadt unterhalten

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