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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sie und ihr Vater Mantua betreten hatten. Es war wohl am besten, wenn sie die Stadt umgehend wieder verließen und woanders ihr Auskommen suchten. Insgeheim wusste sie jedoch, dass ihr Vater nicht darauf eingehen würde. Hier in Mantua floss das Geld ihnen geradezu in die Hände, und er würde diese Quelle nicht verlassen, ehe sie versiegte. An anderen Orten mussten sie sich erst wieder den Weg in die höhere Gesellschaft erkämpfen.
    Nein, von ihrem Vater konnte sie keine Hilfe erwarten. Er würde ihr dasselbe sagen wie Gonzaga. Sie beging den Ehebruch ja nicht. Außerdem würde er sie darauf hinweisen, dass es immer besser war, sich an einen reichen oder einflussreichen Gönner zu hängen. Und einen besseren Förderer als den Vetter eines Herzogs konnten sie kaum finden. Egal, von welcher Warte sie die Sache auch betrachtete, sie war Paolo Gonzaga ausgeliefert. Mit diesem bitteren Gefühl rappelte sie sich auf und rieb ihr schmerzendes Hinterteil.
    Paolo Gonzaga wartete, bis sie wieder stand, und schubste sie auf die Treppe zu. Als sie wieder oben waren, deutete er auf den jungen Burschen, der nun scheinbar tief ins Gebet versunken in der Nähe des Eingangs zur Krypta stand. »Du wirst mir über Gaetano Bescheid geben. Versuche aber nicht, mich zu betrügen. Das haben schon ganz andere Kaliber als du halbe Portion vergeblich versucht.« Mit diesen Worten ließ er sie stehen und verließ die Kirche.
    Gaetano schlenderte scheinbar achtlos an ihr vorbei und steckte, als er am Portal angekommen war, die Hände in die Hosentaschen. Giulia betete verzweifelt zur Heiligen Jungfrau, ihr einen Ausweg zu zeigen. In ihrem Innern wusste sie jedoch, dass es keinen gab.
    Ihre Niedergeschlagenheit wuchs, als sie zur Herberge zurückkehrte und ihr Vater ihr freudestrahlend berichtete, dass der ehrenwerte Goldschmied Baldassare Pollai angefragt habe, ob der berühmte Kastratensänger exklusiv für seine von Melancholie geplagte Ehefrau singen könne. »Er hat dafür eine Gage geboten, die alles übertrifft, was du bisher in Mantua verdient hast«, setzte Girolamo Casamonte triumphierend hinzu.
    Giulia atmete schwer. »Wann soll ich singen?«
    »Ich habe den Donnerstag ausgemacht. Da steht nichts anderes an«, erklärte ihr Vater etwas verwundert über ihre mangelnde Begeisterung. »Pollai mag vielleicht kein Edelmann sein, aber er ist immerhin der Hofgoldschmied Herzog Guglielmos und ein schwerreicher Mann. Er wird uns gewiss bei den reichen Bürgern dieser Stadt einführen, so dass in den nächsten Wochen kein Mangel an Engagements herrschen wird.«
    Giulia winkte müde ab. »Ich fühle mich ein wenig überanstrengt. Es ist nicht leicht, jeden Tag mein Bestes geben zu müssen. Außerdem bleiben dabei die dringend nötigen Proben auf der Strecke.«
    Casamonte fand, dass seine Tochter in letzter Zeit etwas arg aufmüpfig wurde, wusste aber kein Mittel dagegen. Wenn er sie schlug, würde sie höchstens noch rebellischer werden und wirklich einige Auftritte ausfallen lassen. »Du wirst dich schon irgendwann einmal erholen können. Warte, bis dein Ruhm sich so gefestigt hat, dass wir zwischendurch Aufträge ohne Schaden für uns abweisen können. Dann verschaffe ich dir genügend Ruhepausen, glaub mir.« Mit diesem halbherzigen Versprechen ließ er sie stehen und kehrte in die Weinstube zurück, in der noch ein halber Krug vom besten Tropfen des Goldenen Lamms auf ihn wartete.
    Giulia sah durch das Fenster Gaetano vor der Herberge hin und her schlendern und hätte ihm in einem Wutanfall am liebsten den Wasserkrug, der ihr unter die Hände kam, an den Kopf geworfen. Ihr war aber bewusst, dass sie damit auch nichts gewinnen konnte. Am besten war es, die unangenehmen Dinge bald zu erledigen. Aus diesem Grund verließ sie noch einmal das Haus und wartete, bis Gaetano herankam. »Du kannst deinem Herrn berichten, dass ich für den Donnerstag zu Pollai gerufen wurde«, raunte sie ihm im Vorbeigehen zu.
    Gaetano zeigte mit keiner Miene, ob er sie verstanden hatte. Da er jedoch davonging, ohne sich noch einmal nach ihr umzusehen, nahm sie es an.

XIII .
    D ie nächsten Tage waren für Giulia ein einziger Albtraum. Paolo Gonzaga hatte ihr schon am nächsten Tag über Gaetano zukommen lassen, welche Forderungen sie an Pollai zu stellen hatte. Dabei hatte er an alles gedacht. Die Zusammenkunft sollte nach Einbruch der Dunkelheit in einem einsam gelegenen Pavillon im Garten von Pollais Landhaus stattfinden, und niemand außer dessen Ehefrau durfte

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