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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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dass Ihr die Ehefrau meines Herrn von ihrer Melancholie heilen könnt?«, fragte dieser ebenso hoffend wie voller Zweifel. »Wenn nicht ich, dann kann es keiner«, erklärte Paolo Gonzaga selbstbewusst und ließ sich in das Gebäude führen.
    Jetzt, wo Giulia ihn im Schein der Lampen sehen konnte, wirkte sein Aufzug noch grotesker. Selbst seine Mutter hätte ihn kaum mehr erkannt. Für Pollais Gesinde, das ihn höchstens mal aus der Ferne gesehen hatte, war es auf jedem Fall unmöglich, die Maskerade zu durchschauen. So blieb Giulia nur die Hoffnung, Leticia Pollai würde es ablehnen, mit dem Kastraten zusammenzutreffen. Im ersten Augenblick erschien es auch so, denn als man sie in ihre Gemächer führte, drehte die Dame ihnen den Rücken zu. Der Haushofmeister kümmerte sich nicht um den Unmut seiner Herrin, sondern schloss die Tür und ließ sie mit ihren ungebetenen Gästen allein. Damit gab er Paolo Gonzaga die Chance, auf die dieser gewartet hatte. »Eure Schönheit blendet mich, edle Leticia. War es mir beim ersten Mal nicht vergönnt, mich daran zu erfreuen, soll mich diesmal niemand mehr daran hindern.« Er sprach zwar leise, aber mit normaler Stimme.
    Leticia Pollai drehte sich zu ihm um und starrte ihn irritiert an. »Paolo? Seid Ihr das?«
    Er legte sofort den Zeigefinger auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wir sollten uns jetzt zum Pavillon begeben.« Es klang fast wie ein Befehl. Leticia Pollai erhob sich sofort, sah aber dann Giulia und wirkte verunsichert. »Wer ist das?«
    »Der echte Kastrat Casamonte. Er wird uns mit seinem Gesang unterhalten und gleichzeitig schützen. Es wäre doch arg auffällig, wenn den ganzen Abend keine anderen Geräusche aus dem Pavillon dringen würden, als jene, die durch die Liebe verursacht werden. Casamonte wird außerdem Wache halten und uns warnen, falls uns doch jemand nachschnüffeln will.«
    »Ihr seid so klug, Paolo.«
    Es klang so bewundernd, dass Giulia der Frau am liebsten eine Ohrfeige gegeben hätte. Sie hielt sich aber im Zaum und nahm auf Paolos Zeichen die Lampe, um ihnen zu leuchten. Auf ihrem Weg zum Pavillon nahm sie mehrmals neugierige Gesichter wahr, doch in der Nähe des kleinen Bauwerks war niemand zu sehen.
    Paolo ließ sie und Pollais Frau eintreten und schloss dann die Türe hinter ihnen ab. Giulia wollte schon die Lampe löschen, doch er verhinderte es mit einem raschen Griff. »Wir brauchen das Licht, um uns später wieder anziehen zu können. Außerdem will ich mich an Leticias Schönheit ergötzen.«
    Die Frau kicherte bei diesen Worten und drehte ihm den Rücken zu, damit er die Haken ihres Kleides öffnen konnte. Giulia wünschte sich ans andere Ende der Welt. Sie stellte die Lampe auf einem Sims ab und versuchte, das tändelnde Paar zu ignorieren. Zuerst musterte sie das Innere des Pavillons, der mit mehr Prunk als Geschmack eingerichtet war.
    Statuen von Faunen und Nymphen waren so vollständig vergoldet, als wolle Baldassare Pollai seine Gäste mit Nachdruck auf sein Gewerbe aufmerksam machen. Die Fenster waren mit goldenen Ranken und Rosen geschmückt, und die Kuppel des Baus zierte ein Gemälde, auf dem einer der drei Weisen aus dem Morgenland eben dem Jesuskind seine Gabe – natürlich Gold – überreichte. Das Gesicht des Weisen wirkte auf eine unschöne Art lebensecht, so dass Giulia vermutete, der eitle Goldschmied habe sich hier selbst abbilden lassen. Sie empfand das Nebeneinander von christlichen Motiven und nackten, heidnischen Figuren als grotesk. »Du sollst nicht Maulaffen feilhalten, sondern singen«, fuhr Paolo sie an.
    Giulia zuckte zusammen und drehte sich zu ihm und Leticia Pollai um. Sie musste den Pavillon ziemlich lange betrachtet haben, denn die beiden standen nackt vor ihr. Leticia war etwas kleiner als sie, über ihrer zierlichen Taille wölbten sich volle Brüste. Ihr Gesicht war mehr rund als schmal, aber ebenmäßig und, wie Giulia fand, recht hübsch. Ihr langes, schwarzes Haar trug sie nun offen, so dass es weit über ihren Rücken fiel. Sie blickte Paolo aus ihren großen, dunklen Augen so anbetend an, als wäre er ihr Abgott, und fuhr mit ihrer Rechten über seine muskulöse, haarlose Brust und den straffen Bauch, bis sie herausfordernd auf seinem aufgerichteten Glied zu liegen kam. Als Giulia bemerkte, dass sie die beiden anstarrte, drehte sie sich erschrocken um und begann zu singen. Unwillkürlich stimmte sie dabei einen religiösen Choral an.
    Paolo lachte auf. »Bravo, Casamonte, Ihr

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