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Die Kastratin

Die Kastratin

Titel: Die Kastratin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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erniedrigend, wenn zum Beispiel Risa hereinkommt, während ich mich gerade wasche, oder gar einer der Knechte.« Sie wusste nicht, ob sie zu viel forderte, atmete jedoch auf, als die Mamsell beinahe beschämt nickte. »Kein Mensch liebt es, seine Blöße offenbart zu sehen. Für Euch, der durch das Messer leiden musste, trifft dies im besonderen Maße zu.« Nach diesen Worten wandte sich die Mamsell an einen der Bediensteten und wies ihn an, einen Riegel an der Tür anzubringen. Die Schnelligkeit, mit der das geschah, weckte in Giulia den Verdacht, dass die Mamsell von ihren Untergebenen gefürchtet wurde. Vielleicht, dachte sie dann, hatte sie selbst dadurch, dass sie der Gräfinwitwe hatte helfen können, Freunde unter den Bewohnern der Burg Falena gewonnen.
    Als kurze Zeit später ein lustiges Feuer im Kamin flackerte und Giulia den kräftigen Riegel vor die Tür geschoben hatte, blickte sie wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Ein kräftiges Rumpeln an der Tür riss sie aus ihren angenehmen Gedanken. »Wer ist da?«, rief sie laut genug, damit man es draußen hören konnte. »Ich bin es, Assumpta.«
    Giulia sprang auf und öffnete ihr. Die Dienerin hielt ihr stolz ein Tablett mit Essen hin und stellte es auf den Tisch. »Ich habe der Mamsell erklärt, dass ich dich von Kindesbeinen an betreut habe und nicht bereit bin, mir das aus den Händen nehmen zu lassen«, sagte sie und wies dann mit einem zufriedenen Blick auf den brennenden Kamin. »So ein Feuer kommt wie gerufen. Darin kannst du deine Binden und das benützte Moos verbrennen.«
    »Ist es schon wieder so weit?«, fragte Giulia und rechnete kurz nach. Es waren tatsächlich nur noch drei Tage bis zu ihrer nächsten Monatsblutung, und sie hatte noch nichts vorbereitet.
    Assumpta bemerkte ihre Nervosität und hob beruhigend die Hände. »Keine Sorge, ich habe alles parat.« Sie zog ein Päckchen unter ihrem Kittel hervor und suchte nach einem sicheren Versteck. Schließlich verbarg sie es ganz unten in Giulias Truhe. »Du musst die Binden früh genug anlegen, damit du das Bett nicht blutig machst. Hier habe ich keine Möglichkeit, das Laken unbemerkt umzutauschen.«
    »Ich werde daran denken«, versprach Giulia ihr aufatmend und drückte die Frau kurz an sich. »Ich wüsste nicht, was ich ohne dich täte.«
    »Hättest du den Vater, den du verdienst, bräuchtest du mich nicht«, erwiderte Assumpta herb. »Was ist eigentlich mit Vater? Ich habe ihn seit unserer Ankunft nicht mehr gesehen.« Giulia fühlte sich mit einem Mal schuldig, weil sie sich nicht mehr um ihn gekümmert hatte. »Er sitzt in seiner Kammer und schmollt.« Es schwang kein Mitleid in Assumptas Stimme, eher Verachtung. »Wie ergeht es dir und Beppo? Werdet ihr gut versorgt?«
    »Mir geht es jetzt, wo man mir deine Bedienung übertragen hat, wieder ganz gut. Risa soll mir helfen, wenn ich sie brauche. Beppo hat sich mit dem Gärtner der Gräfinwitwe angefreundet und hilft ihm, die Pflanzen für den Winter vorzubereiten. Die Gartenarbeit hat er vermisst, seit wir Saletto verlassen mussten.« Assumpta war anzumerken, dass sie mit den Verhältnissen hier auf der Burg sehr zufrieden war. Sie atmete tief durch und forderte Giulia zum Essen auf. »Die Gräfinwitwe wird dich heute gewiss noch einmal singen hören wollen. Wenn sie hier weilt, soll sie oft sehr spät zu Bett gehen. Du brauchst viel Kraft, wenn du den Aufenthalt hier durchstehen willst.«
    »Ja, Euer Gestrengen«, erwiderte Giulia mit einer fröhlichen Verbeugung und setzte sich an den Tisch. Das Essen war ländlicher als in Mantua, schmeckte aber ausgezeichnet. Giulia aß mit gutem Appetit und war gerade fertig, als es an die Tür klopfte und Risa draußen fragte, ob sie zur Herrin kommen könnte. »Dies ist schließlich meine Aufgabe«, rief Giulia und suchte nach ihrem Wams. Das hatte Assumpta bereits in der Hand. Die Dienerin half ihr beim Anziehen und öffnete dann erst die Tür. Risa knickste und wollte hineinschlüpfen, um den Tisch abzuräumen. Giulia hielt sie jedoch auf. »Es wäre mir lieb, wenn du mich heute noch einmal zu den Gemächern Ihrer Erlaucht führen könntest. Ich habe das Gefühl, heute Morgen mindestens den dreifachen Weg zurückgelegt zu haben.« Dann erinnerte sie sich, dass sie der Kleinen etwas Geld hatte geben wollen, und drückte ihr eine Gabellamünze in die Hand. »Aber das ist doch viel zu viel«, stotterte Risa verblüfft. »Nimm es!«, befahl Assumpta ihr und warf Giulia einen komisch-verzweifelten

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