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Die Katastrophe

Die Katastrophe

Titel: Die Katastrophe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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wissen.
    »Nichts.«
    Aber Pauls Gesicht trug einen Ausdruck von Spott, ja er wirkte geradezu zynisch. Einen Moment lang herrschte Stille und dann fragte Paul sarkastisch: »Na, keine weiteren Nachfragen?«
    Bitte fragt nicht, dachte Katie. Fragt einfach nicht nach. Sie zumindest würde sich, verdammt noch mal, weder die Blöße geben noch Paul den Triumph gönnen, sich wichtig zu machen.
    »Ehrlich«, sagte in diesem Moment Ana. Sie griff nach hinten an ihren Rucksack, nahm die Feldflasche und setzte sie kurz an die Lippen. »Mit euch unterwegs zu sein, ist ungefähr, wie einen Haufen Dreijähriger zu hüten. Als hättet ihr noch nie ein Flugzeug gesehen.« Sie wischte über ihre Lippen. »Können wir jetzt weitergehen? Dieser Weg ist zwar nicht gerade eine Herausforderung für Kletterer, aber ich will endlich...« Plötzlich verzog Ana ihr Gesicht und sie schloss für einen Moment die Augen.
    »Irgendetwas nicht in Ordnung?«, fragte Julia nervös.
    »Was soll sein?« Ana verstaute die Flasche und wandte sich um. »Ich will nur endlich ankommen.«
    Ankommen, dachte Katie, ankommen wollen wir alle. Deshalb sind wir ja überhaupt losgegangen.

19
    B enjamin erreichte die Steinhütte als Erster und langsam fragte Katie sich wirklich, woher er die Energie nahm. Keine Spur von Erschöpfung war ihm anzumerken. Nein, als sie eintrafen, stand er bereits auf einer der Bänke, die sich um einen großen Tisch auf der Terrasse gruppierten, hatte die Kamera vor den Augen und rief: »Das Team erreicht die Hütte genau um 18:07 Uhr! Müde und völlig erschöpft kämpften sie sich die letzten Meter hoch!«
    Die Hütte lag oberhalb der Scharte im Windschatten eines riesigen, überhängenden Felsblocks. Während die anderen sich auf den Boden oder eine der Bänke fallen ließen, die Riemen ihrer Rucksäcke lösten und vor sich hin jammerten, ging Katie um die Hütte herum und stand plötzlich vor dem Abgrund. Ein Abgrund, der tief in das Tal hineinreichte.
    Der Anblick war einfach gigantisch. Ganz unten der Lake Mirror. Geheimnisvoll und dunkel breitete er sich vor ihnen aus und genau gegenüber zeigte sich das Collegegebäude im warmen rötlichen Licht der Abendsonne.
    Dort war der Solomonfelsen und ganz winzig, kaum erkennbar, das Bootshaus. Das alles wirkte wie versteckt in den Wäldern der Rocky Mountains, während sich um Katie herum das spektakulärste Panorama von Eisgipfeln eröffnete, die sie je gesehen hatte. Und da vorne ragte sie auf – die Steilwand des Ghost – riesig, fast senkrecht – die Wand aller Wände!
    »Wahnsinn!« Benjamin tauchte neben ihr auf. »Wow! So einen Ausblick habe ich noch nie erlebt! Da wird man ja süchtig davon.«
    »Pass lieber auf, wo du hintrittst«, warnte ihn Katie.
    »Du bist der geborene Spielverderber«, spottete er. »Seid ihr Koreaner immer so schlecht gelaunt?«
    »Ich bin Amerikanerin«, erwiderte sie.
    »Aber in Korea geboren. Bist du dort auch schon auf Berge gestiegen?«
    »Nein!« Katie wandte sich von der Kamera ab. Wie schnell einem kalt wurde, wenn man sich nicht bewegte. Plötzlich verspürte sie zum ersten Mal an diesem Tag Hunger. Wir brauchen etwas Warmes zum Essen, dachte sie und kehrte zur Hütte zurück, wo sich die anderen noch nicht von der Stelle gerührt hatten.
    »Hier oben ist es scheißkalt«, fluchte Chris und zog den Reißverschluss seiner Fleecejacke bis nach oben unters Kinn.
    »Warte erst einmal ab, bis du morgen auf dem Ghost stehst.« Ana grinste. »Da frierst du dir mit Sicherheit deinen wertvollen Arsch ab.«
    »Woher weißt du, wie wertvoll der ist?«
    »Ich hatte ihn heute ständig vor mir.«
    Katie lachte und wandte sich zum Eingang. Bei der Hütte handelte es sich um einen aus groben Steinen gemauerten Bau, dessen Dach mit grauen Schieferplatten gedeckt war.
    »Sieht nicht gerade aus wie ein Luxushotel in den Bergen«, murmelte Chris vor sich hin und zog Julia an sich. »Ob es hier ein Doppelzimmer für uns gibt?«
    »Mir ist nur wichtig, dass sie die Nacht übersteht. Sie sieht ziemlich alt aus. Weißt du, wann sie erbaut worden ist?« Julia warf Ana einen fragenden Blick zu und Katie wunderte sich, warum sie das so genau wissen wollte.
    »Keine Ahnung. Es ist einfach nur eine Hütte und keine Sehenswürdigkeit. Hauptsache, das Dach ist nicht undicht und fliegt bei Sturm nicht davon. Der Rest ist mir egal.« Ana verzog das Gesicht.
    »Worauf warten wir eigentlich noch?«, fragte Katie. »Ist die Tür abgeschlossen?«
    »Keine Ahnung!«
    »Warum

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