Die Katastrophen-Welt
ängstlich. »Ich kann dir Macht geben ...«
»Ich habe alle Macht, die ich brauche.« Ich trat näher an ihn heran und drückte ihm die dreieckige Spitze der dreißig Zentimeter langen Harpune an die Kehle. »Wer bist du? Was ist das hier? Wer sind die schweigsamen Ganoven, die so schnell mit dem Schießprügel zur Hand sind?«
Er quietschte und preßte die Hand auf die schmutzige Seidendecke.
»Kennst du einen Mann namens Sethys?« Falls der Name ihm etwas sagte, zeigte er es zumindest nicht. Seine Augen klebten an mir. Ich sah mich im Zimmer um. Es war genauso unordentlich wie das vordere. An einer Wand befand sich eine geschlossene Tür. Ich drehte den Knopf, aber sie ließ sich nicht öffnen. Ich durchsuchte den Kleiderschrank daneben, dann den Inhalt des Schreibtischs, auf dem sich Zeitungen häuften, dazwischen lagen Münzen verstreut – aber keine einzige aus Gold –, und auch hier im Zimmer stand überall schmutziges Geschirr herum. Ich wußte selbst nicht, wonach ich suchte, aber was immer es auch sein sollte, ich fand es ohnehin nicht.
Der Fettwanst beobachtete jede meiner Bewegungen. Die Decke war von seiner Brust gerutscht und gab eine dicke braune Haut wie die eines haarlosen Walrosses frei. Er hatte eine Hand ausgestreckt und fummelte an einer geschnitzten Truhe neben dem Bett herum. Er zog sie schnell zurück, als er sah, daß ich in seine Richtung blickte. Ich ging zu ihm hin und hob den Truhendeckel. Auf der ordentlich zusammengefalteten Bettwäsche lag ein Bündel aus metallisch grünschwarzem Stoff. Ich griff danach, als er einen Laut ausstieß wie eine Henne, der man den Hals umdreht. Und dann sprang er mich an.
Ich wich seitlich aus, aber nicht schnell genug. Seine fettgepolsterte Hand umklammerte bereits meine Rechte wie ein Schraubstock und zog. Ich hatte noch soviel Bewegungsfreiheit, daß ich ihm meinen Fuß in den Bauch, einen Ellbogen ins Auge und schließlich die Faust ans Ohr rammte. Aber das genügte nicht. Er trompetete wie ein aufgebrachter Elefant und langte nach meinem Hals. Seine Finger preßten sich in die Haut. Ich biß die Zähne zusammen und legte alle Kraft in einen Kinnhaken. Seine Augen verschleierten sich, und er sackte zusammen.
Ich betastete meine Knochen und wunderte mich, daß sie offenbar noch alle heil waren. Erstaunlich, über welche Kraft der feiste Kerl verfügte.
Ich hob den grünen Stoff auf. Es war ein Coverall für eine schlanke Mädchenfigur. Am Rücken war ein Riß und ein weiterer am rechten Ärmel, von dem auch ein kleines Stück fehlte – genau von der Größe des Flecks, den ich an der Pensionstür gefunden hatte.
9.
Fünf Minuten später kam er zu sich. Er machte ein paar zappelnde Bewegungen, hielt sich jedoch schnell ruhig, als ich die scharfe Spitze der Harpune in seine Seite drückte.
»Wo ist sie?«
Er blickte auf den Bodysuit in meiner Hand, und seine Backen schwabbelten. »Das kann ich nicht sagen.«
»Zu dumm«, knurrte ich. Ich stieß ihm die Harpunenspitze ins Fleisch. Blut spritzte aus dem Schnitt. Er zuckte zurück, und ich ließ ihn die Waffe erneut ganz leicht spüren.
»Sieh sofort zu, daß du sie hierherschaffst, oder ich spieße dich auf deine Matratze und suche sie selbst.«
»Du darfst mich nicht töten«, quietschte er. Er schien es ernst zu meinen. »Ich darf nicht berührt und verwundet werden und man darf mir keinen Schmerz zufügen.«
»Ich fürchte, du mußt dich damit abfinden, daß das Leben eine einzige Enttäuschung ist. Du hast fünf Minuten!«
»Ich gebe dir andere Frauen – so viele du willst ...«
»Nur die eine, danke.«
»Ich brauche diese Frau«, jammerte er.
»Wofür? Weshalb habt ihr sie hierhergebracht?«
»Ich brauche eine Frau – viele Frauen ...«
»Bis von Miami?«
»Sie erfreute mein Auge. Ich begehrte sie.«
»Heraus mit der Wahrheit, ehe ich kribblig werde.«
»Ich habe sie dir gesagt ...«
Ich stieß ein wenig mit der Harpune zu. Er machte eine zögernde Bewegung zur Pistole. Ich schlug ihm die Spitze auf die Hand, und er winselte wie ein getretener Hund. Dann hielt er die Hand an den Mund, und ich hörte saugende Geräusche.
»Ruf einen deiner Boys und laß sie hierherbringen, dann schick deine Knechte wieder weg.«
Er deutete stöhnend auf einen großen Knopf am geschnitzten Kopfende des Betts. »Ich muß darauf drücken«, würgte er heraus.
»So tu's doch. Du weißt ja, wie du dich zu verhalten hast.«
Als er den Daumen auf den Knopf preßte, war zuerst ein
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