Die Katastrophen-Welt
Tür schwang auf. Er duckte sich und trat, dicht gefolgt von mir, hindurch.
Wir befanden uns jetzt auf einem hell beleuchteten, breiten Korridor mit glatten trockenen Wänden und poliertem Boden. Die Luft hier roch frisch. Ein paar Meter weiter traten wir in einen großen Raum mit Mosaikfliesen und einer Wandmalerei, die junge Männer und Frauen in kurzen weißen Röcken darstellte, die mit Stöcken nach aus einem Sumpf aufsteigenden Vögeln warfen. In der gegenüberliegenden Ecke des Zimmers saß ein Mann hinter einem langen Marmortisch über einen Stoß Papiere gebeugt. Wir gingen auf ihn zu.
»Ich brauche deine Hilfe«, sagte mein Führer zu ihm. Der Mann blickte auf und sah mich. Er sprang hoch und kam um den Tisch herum.
»Nimm ihn fest«, befahl er meinem Begleiter und griff nach meinem Arm. Ich ließ ihn meine Handkante spüren und versetzte dem anderen einen Kinnhaken, der ihn auf den Tisch warf, von dem er langsam herunterglitt. Numero eins hatte sich inzwischen wieder gefangen und wollte ein Goldpfeifchen in den Mund stecken. Ich packte es und stieß dabei seinen Schädel zurück. Gurgelnd sank er auf den Boden.
Ich atmete fast so laut wie die beiden, die sich nun auf dem Mosaikboden ausruhten. Aber ich sollte noch keine Ruhe finden. Schritte – von mehr als einer Person – wurden auf dem Korridor laut.
Die goldverzierte Tür hinter dem Schreibtisch schien mir die beste Chance. Sie ließ sich ohne weiteres öffnen, und ich schloß sie hastig wieder hinter mir.
Dieser Korridor war noch breiter und höher. Auf einer Seite reihten sich Säulenbögen aneinander, aber auch hier waren alle ehemaligen Öffnungen zugemauert. Ich lief ihn leise entlang und trat durch eine offenstehende Tür in ein modern eingerichtetes Zimmer mit billigen Fabrikmöbeln, in dem offenbar die treusorgende Hausfrau fehlte, denn überall stand schmutziges Geschirr herum, und Kleidungsstücke lagen verstreut auf Sesseln, dem Tisch und auf den zwei Stufen, die zu einem offenen Torbogen hinabführten. Auf dem Teppichboden waren mehrere nasse Flecken, und durch einen Sprung in der tapezierten Wand sickerten ein paar Tropfen Wasser.
Als ich Stimmen auf dem Korridor hörte, rannte ich hastig die beiden Stufen hinunter und durch das nächste Zimmer. Ich erstickte fast an dem Gestank von Knoblauch und ungelüftetem Bettzeug. An der linken Wand war ein Himmelbett von der Größe eines kleineren Fußballplatzes. Ein gräßlich aufgedunsener Mann lag auf den goldbestickten Kissen. Er starrte mich aus winzigen hervorstehenden Augen in einem braunen Gesicht an, das viel zu klein für den großen kahlen Schädel wirkte.
»Halt dich ruhig!« befahl ich drohend. Ich holte die Harpunenpistole aus dem Gürtel und lehnte mich an die Wand neben dem Bett, wo ich von der Tür aus nicht gesehen werden konnte.
»Wenn sie ihren Kopf hier hereinstecken, jage ich dir eine Harpune durch den Hals, kapiert?«
Die hervorstehenden Äuglein quollen noch weiter heraus, aber sonst gab er kein Zeichen von sich, daß er mich gehört hätte. Vielleicht war er taub, vielleicht verstand er auch kein Englisch. Aber die Waffe in der Hand durfte eindeutig genug sein. Die Stimmen kamen bereits aus dem vorderen Zimmer.
»Schick sie weg!« zischte ich ihm zu. »Auf Englisch!«
Er hob die Brust und der Bauch schwabbelte wie seine Kinne. »Geht weg!« rief er mit einer Stimme wie Micky, die Maus.
Schritte näherten sich der Tür, kaum hörbar auf dem Teppichboden. Jemand sagte etwas, höchstens zwei Meter von mir entfernt. Ich schätzte die Entfernung zu den Fettpolstern am Hals des Dicken ab.
»Verschwindet!« schrillte die Quietschstimme. »Verschwindet sofort!«
Die Stimme draußen machte eine letzte Bemerkung, und die Schritte entfernten sich. Ich stieß die Luft aus, die ich unwillkürlich angehalten hatte. Der Dicke ließ kein Auge von mir.
»Du gehörst nicht zu uns«, piepste er plötzlich.
»Wer ist ›uns‹?«
»Wie bist du hierhergekommen?« fragte er zurück.
»Ich folgte einer Spur, und sie endete hier.«
»Unmöglich!« Der kahle Schädel wackelte aufgeregt.
»Jedenfalls bin ich hier. Und jetzt rede mal schön, Dickerchen, ehe mein Finger juckt und die Pistole losgeht.«
»Ich habe viel Geld«, versicherte mir das Stimmchen nun ruhig.
»In Goldstücken?«
»Wie immer du es haben möchtest. Ich rufe ...«
»Du wirst niemanden rufen. Wer waren die Burschen, die Rassias bezahlten, damit er sie hierher brachte?«
Der Mund verzog sich ein wenig
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