Die Kathedrale des Meeres
sich auf eine der Sturmleitern, die die Almogavaren an die Mauer gestellt hatten, und versuchte, auf die Gestalten zu zielen, die von den Zinnen herunter den Angriff der Söldner abzuwehren versuchten, die immer noch heulten wie besessen. Und er traf. Er traf zwei der Verteidiger an Stellen, die nicht vom Kettenhemd geschützt waren, und sah sie nach hinten sinken.
Einer Gruppe von Angreifern gelang es, die Mauern der Festung zu überwinden. Arnau merkte, wie ihm der Offizier auf die Schulter tippte, damit er zu schießen aufhörte. Der Einsatz des Rammbocks war nicht notwendig. Als die Almogavaren die Zinnen erklommen, öffnete sich das Burgtor, und mehrere Ritter stoben in wildem Galopp davon, um nicht als Geiseln genommen zu werden. Zwei von ihnen fielen unter dem Beschuss der katalanischen Armbrüste, den Übrigen gelang die Flucht. Mehrere Burgbewohner, ihrer Führer beraubt, ergaben sich. Eiximèn d'Esparça und seine Reiter preschten mit ihren Schlachtrössern in die Burg und töteten jeden, der noch Widerstand leistete. Dann kamen die gemeinen Soldaten hinterher.
Als Arnau die Burg betrat, die Armbrust über der Schulter, den Dolch in der Hand, erstarrte er. Er wurde nicht mehr gebraucht. Der Burghof lag voller Leichen, und jene, die nicht gefallen waren, knieten entwaffnet und um Gnade flehend vor den Reitern, die mit gezückten Langschwertern den Hof durchmaßen. Die Almogavaren machten sich ans Plündern. Einige verschwanden im Turm, andere durchsuchten die Leichen so habgierig, dass Arnau den Blick abwenden musste. Einer der Almogavaren trat zu ihm und hielt ihm eine Handvoll Pfeile hin. Einige hatten ihr Ziel verfehlt, viele waren blutbefleckt, an einigen hafteten sogar noch Fleischfetzen. Arnau zögerte. Der Almogavare, ein bereits älterer Mann, dünn wie die Pfeile, die er ihm hinhielt, war erstaunt. Dann verzog sich sein zahnloser Mund zu einem Grinsen, und er gab die Pfeile einem anderen Soldaten.
»Was ist los?«, fragte dieser Arnau. »Glaubst du etwa, dass Eiximèn dir deine Pfeile ersetzt? Mach sie sauber.« Damit warf er ihm die Pfeile vor die Füße.
In wenigen Stunden war alles vorbei. Die Überlebenden wurden zu Gruppen zusammengetrieben und an den Händen gefesselt. Noch an diesem Abend würden sie in dem Tross, der dem Heer folgte, als Sklaven verkauft werden. Die Truppen Eiximèn d'Esparças setzten sich wieder in Bewegung, um dem König zu folgen. Ihre Verwundeten nahmen sie mit. Zurück blieben siebzehn tote Katalanen und eine brennende Festung, die den Gefolgsleuten König Jaimes III. nicht mehr von Nutzen sein würde.
30
Eiximèn d'Esparça und seine Männer holten das königliche Heer in der Nähe der stolzen Stadt Elne ein, nur zwei Meilen von Perpignan entfernt. Der König hatte beschlossen, etwas außerhalb der Stadt das Nachtlager aufzuschlagen, wo er einen weiteren Bischof empfing, der erneut vergeblich versuchte, im Namen Jaimes von Mallorca zu verhandeln.
Auch wenn der König nichts gegen die Eroberung der Burg Bellaguarda durch Eiximèn d'Esparça und seine Almogavaren gehabt hatte, so versuchte er doch zu verhindern, dass eine weitere Gruppe von Rittern auf dem Weg nach Elne mit Waffengewalt den Turm von Nidoleres einnahm. Aber als der König dort eintraf, hatten die Ritter die Burg bereits überfallen, die Bewohner ermordet und die Festung gebrandschatzt.
Doch niemand wagte es, sich Elne zu nähern oder seine Bewohner zu behelligen. Das gesamte Heer versammelte sich um die Lagerfeuer und sah zu den Lichtern der Stadt hinüber. Elne hatte die Stadttore weit geöffnet.
»Warum …«, begann Arnau, als sie am Feuer saßen.
»Warum man sie die Stolze nennt?«, unterbrach ihn einer der Älteren.
»Ja. Warum hat man solche Achtung vor ihr? Weshalb schließen sie nicht die Tore?«
Der alte Soldat sah zu der Stadt hinüber, bevor er antwortete.
»Die Stolze lastet auf unserem Gewissen … dem Gewissen der Katalanen. Sie wissen, dass wir nicht angreifen werden.« Dann schwieg er. Arnau hatte gelernt, die Art der Soldaten zu respektieren. Er wusste, wenn er ihn bedrängte, würde der Mann ihn verächtlich ansehen und gar nichts mehr sagen. Allen Veteranen gefiel es, in Erinnerungen und Geschichten zu schwelgen, mochten sie nun wahr sein oder falsch, übertrieben oder nicht. Es machte ihnen Freude, die Spannung zu erhöhen. Schließlich erzählte der Soldat weiter: »Im Krieg gegen die Franzosen, als Elne noch uns gehörte, versprach Pedro der Große, die Stadt zu
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