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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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überträgt sich die Krankheit weiter. Die Augen quellen hervor und die Genitalien schwellen an. Wenn jemand die Beulen ansieht, steckt er sich an. Man muss sie verbrennen, bevor sie sterben, sonst überträgt sich die Krankheit weiter. Ich habe die Pest gesehen!« Jeder, der eine Unterhaltung mit diesen Worten begann, stand augenblicklich im Zentrum der Aufmerksamkeit und wurde von Leuten umringt, die seine Geschichte hören wollten. Die Angst und die Phantasie so mancher, die nicht wussten, was sie erwartete, machten alles noch schlimmer. Die einzige Vorsichtsmaßnahme der Stadt bestand darin, äußerste Hygiene anzuordnen, und die Menschen strömten in Scharen in die öffentlichen Bäder … und in die Kirchen. Messen, Bittgebete, Prozessionen – das alles genügte nicht, um die Gefahr zu bannen, die über der gräflichen Stadt schwebte. Nach einem Monat voller Angst hatte die Pest Barcelona erreicht.
    Das erste Opfer war ein Kalfaterer, der in der Werft arbeitete. Die Ärzte kamen, konnten jedoch nichts weiter tun, als bestätigt zu sehen, was sie in Büchern und Traktaten gelesen hatten.
    »Sie sind von der Größe kleiner Mandarinen«, sagte einer und deutete auf die großen Beulen am Hals des Mannes.
    »Schwarz, hart und heiß«, ergänzte ein anderer, nachdem er sie betastet hatte.
    »Kalte Umschläge gegen das Fieber.«
    »Man muss ihn zur Ader lassen. Durch einen Aderlass werden die blutunterlaufenen Stellen rund um die Beulen verschwinden.«
    »Man muss die Beulen aufschneiden«, riet ein Dritter.
    Die übrigen Ärzte ließen von dem Kranken ab und sahen den Sprecher an.
    »Die Bücher sagen, man dürfe sie nicht aufschneiden«, widersprach einer.
    »Wenigstens ist es nur ein Kalfaterer«, sagte ein anderer. »Untersuchen wir die Achselhöhlen und die Leisten.«
    Auch dort befanden sich große, schwarze, heiße Beulen. Unter Schmerzensschreien wurde der Kranke zur Ader gelassen, und das wenige Leben, das noch in ihm war, entwich durch die Schnitte, die die Ärzte an seinem Körper anbrachten.
    Noch am selben Tag tauchten weitere Fälle auf. Am nächsten Tag waren es mehr, und am übernächsten noch mehr. Die Barcelonesen schlossen sich in ihren Häusern ein, wo so mancher unter entsetzlichen Qualen starb. Andere brachte man aus Angst vor Ansteckung auf die Straße, wo sie im Todeskampf lagen, bis sie schließlich starben. Die Behörden ordneten an, die Türen der Häuser, in denen ein Pestfall aufgetreten war, mit einem Kreidekreuz zu kennzeichnen. Sie riefen zur Körperpflege auf, warnten vor Kontakt mit den Pestkranken und befahlen, die Toten auf großen Scheiterhaufen zu verbrennen. Die Menschen schrubbten sich schier die Haut vom Leibe, und wer konnte, hielt sich von den Kranken fern. Doch niemand machte dasselbe mit den Flöhen, und zur Bestürzung der Ärzte und Behörden breitete sich die Krankheit immer weiter aus, ohne dass man sagen konnte, wie sie das schaffte.
    Die Wochen vergingen, und wie so viele gingen Arnau und Maria täglich nach Santa María, um inständige Gebete gen Himmel zu schicken, die dieser nicht erhörte. Um sie herum raffte die Epidemie liebe Freunde dahin, so etwa den guten Pater Albert. Die Pest machte auch vor dem alten Pere und seiner Frau Mariona nicht halt, die schon bald an der tödlichen Seuche starben. Der Bischof organisierte eine Bittprozession, die einmal um die gesamte Stadt ziehen sollte. Von der Kathedrale würde man zunächst durch die Calle de la Mar bis nach Santa María ziehen, wo sich der Baldachin mit der Schutzpatronin des Meeres der Prozession anschließen sollte, bevor diese ihren vorgesehenen Weg fortsetzte.
    Das Gnadenbild der Jungfrau wartete auf dem Platz vor der Kirche Santa María. Daneben standen die Bastaixos, die sie tragen würden. Die Männer sahen einander an, während sie sich fragten, wo die fehlenden Bastaixos sein mochten. Keiner sprach ein Wort. Stumm pressten sie die Lippen aufeinander und sahen zu Boden. Arnau erinnerte sich, wie sie bei großen Prozessionen darum gestritten hatten, ihre Schutzpatronin zu tragen. Die Zunftmeister mussten Ordnung schaffen und dafür sorgen, dass alle einmal an die Reihe kamen, und nun … Nun waren sie nicht einmal genug, um sich abzuwechseln. Wie viele mochten gestorben sein? Wie lange sollte das noch weitergehen, Heilige Jungfrau Maria? Die gemurmelten Gebete des Volkes näherten sich durch die Calle de la Mar. Arnau betrachtete die Spitze der Prozession. Die Menschen hatten die Köpfe gesenkt und

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