Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
Vom Netzwerk:
an Arnau gewandt.
    Arnau betrachtete das Mädchen. Es war kurz davor zu weinen. Mar verbarg ihr Gesicht, aber das Zittern ihrer Unterlippe und der hastige Atem verrieten sie. Weshalb reagierte ein Mädchen so, dem man soeben solche Heiratskandidaten vorgeschlagen hatte? Immer noch herrschte Schweigen. Schließlich sah Mar Arnau an. Es war ein kaum merklicher Augenaufschlag. Warum sie leiden lassen?
    »Wir werden weitersuchen, bis wir einen finden, der ihr gefällt«, sagte er zu Guillem. »Bist du damit einverstanden, Mar?«
    Das Mädchen nickte, stand auf und ging. Die beiden Männer blieben allein zurück.
    Arnau seufzte.
    »Und ich dachte, die Schwierigkeit bestünde darin, es ihr zu sagen!«
    Guillem antwortete nicht. Er sah immer noch zu der Küchentür hinüber, durch die Mar verschwunden war. Was war hier los? Was verbarg das Mädchen? Als es das Wort Heirat hörte, hatte es gelächelt, ihn mit funkelnden Augen angesehen, und dann …
    »Mal sehen, was Joan sagt, wenn er davon erfährt«, sagte Arnau.
    Guillem sah Arnau an, aber er beherrschte sich rechtzeitig. Was tat es zur Sache, was der Mönch dachte?
    »Du hast recht. Am besten, wir sehen uns weiter um.«
    Arnau wandte sich zu Joan um.
    »Bitte«, sagte er. »Das ist nicht der richtige Moment.«
    Er war in die Kirche Santa María gegangen, um zur Ruhe zu kommen. Es gab schlechte Nachrichten, und hier bei seiner Jungfrau, wo stets das Hämmern der Handwerker zu hören war und alle, die an dem Bau mitwirkten, ein Lächeln für ihn hatten, fühlte er sich wohl. Doch Joan hatte ihn aufgespürt und sich an seine Fersen geheftet. Mar hier, Mar dort, Mar und noch einmal Mar. Außerdem ging es ihn gar nichts an!
    »Welche Gründe kann sie haben, sich einer Heirat zu widersetzen?« Joan ließ nicht locker.
    »Das ist nicht der richtige Moment«, sagte Arnau noch einmal.
    »Warum?«
    »Weil man uns erneut den Krieg erklärt hat.« Der Mönch erschrak. »Wusstest du das nicht? König Pedro der Grausame von Kastilien hat uns den Krieg erklärt.«
    »Weshalb?«
    Arnau schüttelte den Kopf. »Weil ihm schon seit geraumer Zeit danach war«, schimpfte er, während er die Arme hob. »Als Vorwand diente ihm die Tatsache, dass unser Admiral Francesc de Perellós vor der Küste von Sanlúcar zwei genuesische Schiffe aufgebracht hat, die Öl geladen hatten. Der Kastilier forderte ihre Freilassung, und als der Admiral nicht darauf einging, hat er uns den Krieg erklärt. Dieser Mann ist gefährlich«, murmelte Arnau. »Soweit ich weiß, hat er sich seinen Beinamen redlich verdient; er ist nachtragend und rachsüchtig. Ist dir bewusst, Joan, dass wir uns zur Zeit mit Genua und Kastilien gleichzeitig im Krieg befinden? Findest du, dass dies der geeignete Moment ist, sich Gedanken um das Mädchen zu machen?«
    Joan zögerte. Sie standen unter dem Schlussstein des zweiten Mittelschiffjochs, inmitten der Gerüste, von denen aus das Rippenwerk emporwuchs.
    »Erinnerst du dich?«, fragte Arnau, während er zu dem Schlussstein hinaufdeutete. Joan blickte nach oben und nickte. Sie waren noch Kinder gewesen, als sie zugesehen hatten, wie der allererste Schlussstein – der des Chores – nach oben gezogen wurde! Arnau wartete einen Augenblick, dann sprach er weiter. »Katalonien wird das nicht tragen können. Wir zahlen immer noch für den Feldzug gegen Sardinien, und schon eröffnet sich eine neue Front.«
    »Ich dachte, ihr Händler würdet die Eroberungen befürworten?«
    »Kastilien bietet uns keine neuen Handelswege. Es sieht schlecht aus, Joan. Guillem hatte recht.« Der Mönch verzog das Gesicht, als er den Namen des Mauren hörte. »Wir haben Sardinien noch nicht erobert, und die Korsen haben sich bereits erhoben, kaum dass der König die Insel verlassen hat. Wir befinden uns im Krieg gegen zwei Mächte und die Mittel des Königs sind erschöpft. Sogar die Ratsherren der Stadt scheinen verrückt geworden zu sein!«
    Sie gingen zum Hauptaltar.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Dass die Kassen nichts mehr hergeben. Der König hält weiter an seinen großen Bauprojekten fest: der königlichen Werft und der neuen Stadtmauer …«
    »Aber sie sind notwendig«, unterbrach Joan seinen Bruder.
    »Die Werft vielleicht, aber die neue Stadtmauer ist nach der Pest sinnlos geworden. Barcelona braucht keine Erweiterung der Mauer.«
    »Und?«
    »Der König hört nicht auf, seine Mittel auszuschöpfen. Er hat alle Dörfer in der Umgebung dazu verpflichtet, ihren Beitrag zum Bau der Mauer zu

Weitere Kostenlose Bücher