Die Kathedrale des Meeres
sich hinter den Adligen drängte. Joan schüttelte den Kopf, als hätte er es bereits geahnt. Mar sah unsicher aus zwischen all diesen Leuten, Arnau wusste nicht, was er machen sollte, und Elionor wurde wachsbleich.
Der Schreiber sah zu dem Podest, um die Anweisungen seiner Herrin entgegenzunehmen, doch als diese ausblieben, ergriff er die Initiative: »Ihr weigert euch?«
»Wir weigern uns«, polterte der Vogt selbstsicher. »Nicht einmal der König kann uns zwingen, einer Person den Treueid zu leisten, die von geringerem Stand ist als wir. So ist das Gesetz!« Joan nickte traurig. Er hatte es Arnau nicht sagen wollen. Die Adligen hatten Elionor getäuscht. »Arnau Estanyol«, fuhr der Vogt, an den Schreiber gewandt, fort, »ist Bürger von Barcelona, der Sohn eines landflüchtigen Bauern. Wir werden uns nicht vor dem Sohn eines Unfreien beugen, auch wenn ihm der König jene Titel verliehen hat, die du genannt hast!«
Die Jüngere der beiden auffällig gekleideten Frauen stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Podest sehen zu können. Der Anblick der Adligen, die dort versammelt saßen, hatte ihre Neugier geweckt, doch als sie aus dem Mund des Vogts den Namen Arnau hörte, Bürger von Barcelona und Sohn eines Unfreien, begannen ihre Knie zu zittern.
Während im Hintergrund das Gemurmel der Menge zu hören war, sah der Schreiber erneut zu Elionor hinüber. Auch Arnau sah sie an, doch die Ziehtochter des Königs rührte sich nicht. Sie war wie versteinert. Nach dem ersten Schock hatte sich ihre Überraschung in Zorn gewandelt. Ihr bleiches Gesicht hatte sich gerötet, sie zitterte vor Wut und umklammerte die Lehnen ihres Sessels so fest, als wollte sie ihre Finger in das Holz bohren.
»Weshalb hast du mir erzählt, er sei tot?«, fragte Aledis, die Jüngere der beiden Dirnen.
»Er ist mein Sohn, Aledis.«
»Arnau ist dein Sohn?«
Francesca nickte, gab Aledis aber gleichzeitig ein Zeichen, leiser zu sprechen. Um nichts in der Welt wollte sie, dass jemand erfuhr, dass Arnau der Sohn einer öffentlichen Frau war. Glücklicherweise achteten die Menschen um sie herum nur auf die Auseinandersetzung zwischen den Adligen.
Für einen Moment schien sich der Konflikt zu verschärfen. Angesichts der Untätigkeit der anderen beschloss Joan einzugreifen.
»Ihr mögt recht haben mit dem, was Ihr sagt«, erklärte er, hinter der gedemütigten Baronin stehend. »Ihr könnt den Treueid verweigern, doch das entbindet Euch nicht davon, Euren Lehnsherren zu Diensten zu stehen und ihre Rechte anzuerkennen. So ist das Gesetz! Seid Ihr dazu bereit?«
Während der Vogt, wohl wissend, dass der Dominikaner recht hatte, seine Mitstreiter ansah, winkte Arnau Joan zu sich heran.
»Was bedeutet das?«, fragte er ihn leise.
»Es bedeutet, dass sie ihren Stolz wahren können. Sie brauchen nicht …«
»… einem unter ihnen Stehenden die Ehre zu erweisen«, half ihm Arnau. »Du weißt doch, dass mir das nie etwas ausgemacht hat.«
»Sie erweisen dir nicht ihre Hochachtung und unterwerfen sich dir nicht als Vasallen, doch das Gesetz verpflichtet sie, dir ihre Dienste zur Verfügung zu stellen und anzuerkennen, dass sie ihren Grundbesitz und ihre Titel aus deiner Hand empfangen.«
»Wir erkennen sie an«, erklärte der Vogt.
Arnau achtete nicht auf den Adligen. Er sah ihn nicht einmal an. Er dachte nach. Das war die Lösung für das Elend der Bauern. Joan beugte sich immer noch zu ihm herüber. Elionor zählte nicht mehr. Ihr Blick war weit weg, bei ihren verlorenen Träumen.
»Das heißt also«, fragte Arnau Joan, »dass ich das Sagen habe und sie mir gehorchen müssen, auch wenn sie mich nicht als ihren Baron anerkennen?«
»Ja. Sie wahren nur ihr Gesicht.«
»Gut«, sagte Arnau. Dann erhob er sich feierlich und winkte den Schreiber heran. »Siehst du die Lücke zwischen den Adligen und dem Volk?«, fragte er ihn, als dieser neben ihm stand. »Ich will, dass du dich dort hinstellst und das, was ich sage, so laut wiederholst, wie du kannst, Wort für Wort. Ich will, dass alle erfahren, was ich zu sagen habe!«
Während der Schreiber zu der Lücke hinter den Adligen ging, warf Arnau dem Vogt, der eine Antwort auf seine Einwilligung zur Anerkennung der Rechte erwartete, ein spöttisches Lächeln zu.
»Ich, Arnau, Baron von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui …«
Arnau wartete, dass der Schreiber seine Worte wiederholte: »Ich, Arnau, Baron von Granollers, Sant Vicenç und Caldes de Montbui …«
»… erkläre
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