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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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darüber gestritten, wie man ihn am besten wieder in Gang bringen könnte.
PLUMPS!
Qwilleran erkannte das Geräusch. Ein Buch war vom Bücherregal gestoßen worden und auf dem Fußboden gelandet. Koko hatte das schon öfter gemacht. Er war niemals ungeschickt; wenn er etwas hinunterwarf, dann hatte das einen Grund.
Koko war auf dem zweiten Regal und faßte mit der Pfote hinter eine Reihe von Büchern, um seinen Socken mit Catnip hervorzufischen. Das Buch, das er hinuntergestoßen hatte, war eine Abhandlung über die versunkenen Schiffe. Es lag offen auf dem Boden – die aufgeschlagenen Seiten waren mit einem zusammengefalteten Blatt Papier gekennzeichnet.
Hier, auf Seite 102, stand ein Bericht über den Untergang der Waterhouse B. Duncan , eines Frachtschiffs, das mit Kupferbarren beladen gewesen war. Es sank im November 1913 während eines heftigen Sturms an einer tückischen Stelle nördlich von Mooseville. Alle Menschen an Bord starben: drei Passagiere und die aus dreiundzwanzig Leuten bestehende Mannschaft, darunter eine Köchin.
Auf dem gefalteten Blatt Papier, das die Seite 102 markierte, war mit Bleistift die Vermietung eines Bootes für dreizehn Sommerwochen vereinbart worden, wobei die Bedingungen noch im einzelnen auszuhandeln waren. Die Vereinbarung war mit einem Datum aus dem Vorjahr und der Unterschrift S. Hanstable versehen.
Irgend etwas an dieser Information kam Qwilleran vage bekannt vor. Irgendwo in einem ihrer Briefe hatte Tante Fanny erwähnt . . . was war es bloß? Er konnte sich nur noch ganz verschwommen erinnern. Er sah in seinem Korrespondenzordner nach und stöhnte auf. Nicht nur, daß ihre Briefe über Kreuz geschrieben waren – ihre Handschrift war überaus langweilig, und mit den unzähligen Querstrichen sah jede Seite aus wie ein verwirrendes schottisches Karo. Er setzte seine Lesebrille auf und überflog ein halbes Dutzend Seiten, bevor er die Stelle fand, die ihm nicht hatte einfallen wollen. Am dritten April hatte sie ihm zum ersten Mal die Hütte angeboten. In ihrem Telegrammstil hörte sich der Brief so an:
    Reizendes Häuschen – ganz aus Holzstämmen – recht gemütlich – ich werde ja nicht jünger – kann es nicht mehr so genießen – habe mich vorigen Sommer entschlossen, es zu vermieten – zwei gutaussehende junge Männer – an der Geschichte der Seefahrt interessiert – kamen an den Wochenenden herauf – ihre Freundinnen wohnten auch die Woche über dort – schreckliche Dinger – spielten mit Spaghetti herum – warfen sie an die Decke – der Schmutz war unbeschreiblich – es dauerte zwei Wochen, die Hütte zu putzen – nie wieder!
    Qwillerans Schnurrbart sträubte sich, wie immer, wenn er glaubte, einen Hinweis gefunden zu haben. Das Lesezeichen warf weitere Fragen auf: Besaß Rogers Frau ein Boot? Hatte sie eine Handschrift wie eine Kindergartentante? Schrieb sie >vereinbahrt< mit h?
    Bevor er Rosemary zum Abendessen ausführte, fütterte Qwilleran die Katzen. Beide vermieden peinlichst jedes noch so kleine Stückchen Karotte, das ihr Corned beef verdarb.
    Er hatte im Northern Lights Hotel einen Tisch reservieren lassen, um eine der Nischen mit den hohen Rückenlehnen zu bekommen, die man aus den Kajüten abgetakelter Fischerboote gebaut hatte. Wenn man in diesen Nischen saß, mußte man aufpassen, daß man sich keinen Splitter einriß, und bei feuchtem Wetter strömten sie einen Geruch aus, der keinen Zweifel an ihrer Herkunft ließ, doch sie waren ideal für vertrauliche Gespräche.
    Rosemary trug ein Mooseville-T-Shirt und ein geflochtenes Lederhalsband aus dem Gefängnis-Souvenirladen, und sie sah so jung, so beschwingt und so gesund aus, daß Qwilleran kaum glauben konnte, daß sie einen Enkel hatte, der alt genug war, Medizin zu studieren. Sie hängte ihre Schultertasche an einen Haken am Eingang der Nische. »Ist es nicht wunderbar?« sagte sie, »wenn man keine Angst zu haben braucht, daß etwas gestohlen wird? Wenn ich zu Hause in ein Restaurant gehe, lege ich diese Tasche auf den Boden, stelle den Fuß darauf und schlinge den Riemen um den Knöchel.«
    Den Einband der Speisekarte zierte die Reproduktion eines Druckes, der einen furchtbaren Sturm auf dem See darstellte, und auf den Papiersets standen die Daten der größten Schiffsuntergänge samt der Anzahl der Todesopfer. Bon appetit, dachte Qwilleran.
    Er sagte zu Rosemary: »Du kannst dir den gedünsteten Kabeljau mit Blumenkohl bestellen, wenn du willst, aber ich werde ein großes Steak mit

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