Die Katze die Brahms spielte
und er weiß, daß du seine Kassette gefunden hast. Was wirst du dem Sheriff erzählen?«
»Ich werde ihn fragen, ob er Musik mag, und ihm Little White Lies vorspielen.«
Später an diesem Abend saßen Rosemary und Qwilleran auf der Veranda und sahen zu, wie sich die Farbe des Sees im Sonnenuntergang von Türkis in Purpur verwandelte. »Hast du je einen solchen Himmel gesehen?« fragte Rosemary. »Er hat alle Schattierungen von aprikosen- über malvenfarben bis aquamarin, und die Wolken sind tief violett.«
Koko marschierte ruhelos von der Veranda zur Küche und von dort ins Gästezimmer und wieder zurück auf die Veranda.
»Er ist beunruhigt«, erklärte Qwilleran, »von der instinktiven Brutalität, mit der er den Einbrecher angegriffen hat. Koko ist ein zivilisierter Kater, und doch verfolgen ihn archaische Erinnerungen an vergangene Zeiten und ferne Orte, als seine Rasse auf den Mauern von Palästen und Tempeln lauerte und auf Eindringlinge hinuntersprang und sie in Stücke riß.«
»Ach, Qwill«, lachte Rosemary. »Er riecht den Truthahn im Ofen, das ist alles.«
Rosemary holte ihr Auto von der Werkstatt in Mooseville, Qwilleran seine Post vom Postamt.
»Ich habe die schlimme Nachricht im Radio gehört«, sagte Lori. »Was für ein schrecklicher Tod!«
»Und doch paßte er zu ihr«, sagte Qwilleran. »Sie müssen zugeben, es war sehr dramatisch – die Art Tod, die Schlagzeilen macht, und das hätte Fanny gefallen.«
»Nick und ich möchten morgen zum Gedenkgottesdienst gehen.«
Er sagte: »Wir sind jetzt auf dem Weg nach Pickax, und wir haben die Katzen dabei. Gestern ist in der Hütte eingebrochen worden, und wir glauben, daß Koko den Einbrecher angegriffen und vertrieben hat.«
»Wirklich?« Lori riß die Augen vor Staunen weit auf.
»Auf dem Teppich war Blut, und Koko putzte sich ungewöhnlich genüßlich die Krallen. Wenn einer Ihrer Postkunden mit einem blutigen Gesicht auftaucht, sagen Sie es mir. Auf jeden Fall lasse ich Koko und Yum Yum nicht mehr alleine in der Hütte, bis diese Sache aufgeklärt ist. Sie sind jetzt im Auto draußen und stören die Ruhe auf der Main Street.«
Rosemary brachte ihr Auto zurück zur Hütte und stellte es auf der Lichtung ab. Dann fuhren sie zu viert in einem gemäßigten Tempo, das Yum Yum nicht beunruhigte, nach Pickax.
Rosemary erwähnte, daß der Mechaniker von der Werkstatt den Gedenkgottesdienst besuchen wollte.
»Fanny hatte einen richtigen Fan-Klub in Moose County«, sagte Qwilleran. »Der einst so verachtete Name Klingenschoen hat wirklich ein spektakuläres Comepack gefeiert.«
Er wich einem toten Stinktier auf der Straße aus, und die beiden Katzen hoben mit angelegten Ohren und vorgestreckten Schnurrhaaren die Nasen zum Schnüffeln.
Rosemary sagte: »Ich habe über diesen Geruch auf der Truthahnfarm nachgedacht. Das war nicht von der Farm; das war ein schlimmer Fall von menschlichem Körpergeruch. Ich glaube, daß sich der Farmer extrem falsch ernährt. Ich wünschte, ich könnte das seiner Frau sagen, ohne sie zu beleidigen.«
Danach fuhr das Auto in ein Schlagloch, und Yum Yum ließ eine Tirade siamesischer Verwünschungen los, die den ganzen Weg nach Pickax anhielt.
Qwilleran parkte den Wagen in der Zufahrt des imposanten Steinhauses mit den prunkvollen drei Stockwerken. »Hier sind wir – zurück in Manderley«, witzelte er.
»Ach, heißt das Haus so?« fragte Rosemary unschuldig.
Die beiden Tiere wurden mit ihrem blauen Kissen, dem Katzenkistchen und einer Schüssel mit Wasser in der Küche eingesperrt, während Qwilleran und Roosemary ihre Suche nach dem Testament fortsetzten.
Die Schubladen des massiven englischen Stilschreibtisches in der Bibliothek enthielten Steuererklärungen, Geburts- und Sterbeurkunden, Versicherungspolicen, Unterlagen über Immobilien und Investitionen, bezahlte Rechnungen, Inventarlisten und hundert Jahre alte Schuldscheine... aber kein Testament. Der Schreibtisch in Tante Fannys Wohnzimmer war ein zierlicher französischer Sekretär und offenbar ausschließlich für Korrespondenz verwendet worden: Er enthielt Liebesbriefe aus den zwanziger Jahren, kindisches Geplapper über >Beaux<, das von Qwillerans Mutter stammte – sie hatte es geschrieben, als sie und Fanny im College waren, kurze Mitteilungen von Fannys Sohn aus dem Internat, und neue, auf Briefpapier des Daily Fluxion getippte Briefe Aber noch immer kein Testament.
»Hier ist etwas Interessantes, Qwill«, sagte Rosemary. »Von jemandem aus Atlantic City. Es geht um
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