Die Katze, die den Braten roch.
er in dem Gebäude war?«
»Winston war nie draußen. Er wußte gar nicht, was ›draußen‹ bedeutet.«
»Und alle Befunde sind normal. Sie können ihn jederzeit abholen.«
Qwilleran räusperte sich und stellte rasch ein paar Überlegungen an. Er sagte: »Ich würde ihn gerne 24 Stunden zur Beobachtung bei Ihnen lassen, Frau Doktor, und inzwischen kümmern wir uns um ein neues Zuhause für ihn.«
»Wenn die Geschichte publik wird, wird das kein Problem sein.«
»Sehr richtig«, erwiderte er traurig. Wie gut er als Journalist wußte, wie sich die Leute darum reißen, ein Tier mit Prominentenstatus aufzunehmen: das Kätzchen, das drei Tage im Abflußrohr festgesessen hatte, oder den herrenlosen Hund, den Retter einer fünfköpfigen Familie. Jede Familie würde Winston nehmen wollen, aber würde er sie wollen?
Qwilleran rief Maggie Sprenkle an und bat sie um Hilfe. »Haben Sie heute früh die Nachrichten gehört?«
»Ist es nicht furchtbar? Wo der arme Mann doch eben erst beerdigt worden ist!«
»Es wird Sie freuen zu hören, daß sein Kater entkommen konnte und völlig gesund ist. Ich habe ihn in der Tierklinik untergebracht, bis wir uns überlegt haben, wer ihn nehmen könnte. Er kommt heute auf die Titelseite und wird Hunderte von Angeboten bekommen.«
»Daran habe ich gar nicht gedacht«, sagte sie.
»Er kann unmöglich durch das Dach geschleudert worden sein, aber wenn jemand auf die Idee kommt, daß er durch die Luft geflogen ist, dann kommt das ins Fernsehen, und dann können wir uns auf Anrufe aus dem ganzen Land gefaßt machen. Wir sollten ein neues Zuhause für ihn finden, bevor er zu bekannt wird.«
»Ja! Ich werde ein bißchen herumtelefonieren.«
»Denken Sie daran, Maggie, daß er sich in einer ruhigen Wohnung bei älteren Menschen am wohlsten fühlen würde, ohne andere Haustiere, und mit einer großen Bibliothek.«
Als Nächstes rief Qwilleran Junior Goodwinter beim Dingsbums an.
»Hey!«, rief der Chefredakteur. »Unser Nachtreporter hat gesagt, er habe dich gestern Nacht bei dem Brand gesehen! Was hast du um drei Uhr früh dort gemacht?«
»Einen Kater gerettet, und deshalb rufe ich auch an. Jedermann wird ihn nehmen wollen. Es wird ein Gerücht entstehen, daß er durch das Dach geschleudert wurde, und das wird ihn noch interessanter machen. Aber es stimmt nicht. Er ist völlig unverletzt entkommen. Ich weiß nicht, wie, aber so ist es.«
»Was soll ich tun?«
»Keine großen Schlagzeilen. Schreib die Wahrheit. Die Hauskatze wurde unverletzt geborgen und hat bereits ein neues Zuhause gefunden.«
»Ist das wahr?«, fragte der Chefredakteur.
»Es wird wahr sein, wenn die Zeitung herauskommt.«
Das Telefon läutete ständig. Gute Freunde und flüchtige Bekannte, die wußten, wie sehr Qwilleran das Buchgeschäft gemocht hatte, riefen an, um ihm ihr Mitgefühl auszusprechen. Die Katzen wußten, daß er beschäftigt war, und ließen ihn in Ruhe. Schließlich ignorierte er das aufdringliche Klingeln, und der Anrufbeantworter machte Überstunden. Die einzige Anruferin, die er zurückrief, war Maggie Sprenkle.
»Gute Neuigkeiten!«, verkündete sie. »Die Bethunes in der Pleasant Street werden Winston gerne nehmen. Sie holen ihn aus der Tierklinik und zahlen die Rechnung dort. Er ist pensionierter Chemiker. Sie waren bei Eddington Stammkunden. Und sie gehen in meine Kirche.«
»Eine bessere Empfehlung kann es nicht geben, Maggie. Vielen Dank, daß Sie das so schnell in die Wege geleitet haben. Und ich weiß übrigens gar nicht, wie ich Ihnen für den Krug danken soll? Er hat einen Ehrenplatz in meinem Wohnzimmer.«
»Seien Sie versichert, es war mir eine Freude.«
Qwilleran hatte eine schlaflose, emotionsgeladene Nacht hinter sich: Kokos Anfall von Vandalismus, der Gedanke an Tausende von Büchern, die zu Asche verbrannt waren, seine Angst um Winston, gefolgt von dessen Rettung und einer neuen Familie für den Kater. Eigentlich wäre ein Schläfchen angebracht gewesen, doch Qwilleran hatte Verdacht geschöpft, und so konnte er sich jetzt nicht einfach hinlegen und nichts tun. Er fuhr wieder nach Pickax, um sich das traurige Bild, das die Book Alley jetzt bot, bei Tageslicht anzusehen.
Rund um Eddingtons Grundstück, einschließlich des kleinen Hinterhofs, wurde eine Bretterwand hochgezogen. Die Glasscherben waren weggekehrt worden, da die Postautos auf dieser Straße zum Hintereingang des Postamts fuhren. Die Geschäfte hatten jetzt anstelle von Schaufensterscheiben Sperrholzplatten,
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