Die Katze, die den Braten roch.
Koko den Krug auf seine kurzsichtige Art mit zuckender Nase einer eingehenden Untersuchung. Zweifellos glaubte er, darin Bewegungen zu erkennen. Das dicke Glas, die üppige Form, die sich ständig verändernde Beschaffenheit und Einfallsrichtung des Lichts und sein eigener wechselnder Standort – das alles trug zu dem Eindruck bei, in dem unschuldigen Krug wären irgendwelche Aktivitäten im Gange.
Koko stand über den Krug gebeugt, als wäre er eine Kristallkugel, und Qwilleran kam auf die launige Idee, sich zu fragen, ob der Kater wohl darin die Zukunft sehen konnte. Er mußte aufpassen, daß er die übersinnlichen Fähigkeiten des Katers irgendwann nicht allzu ernst nahm; daher sagte er forsch: »Irgendwelche Aufregungen heute? Sind vielleicht ein paar Bisamratten auf einen Schluck Wasser heraufgekommen? Ich hoffe, ihr habt sie nicht hereingebeten.«
Koko und Yum Yum stellten sich vollkommen taub.
Wie immer, wenn Qwilleran eine weitere Legende für seine Sammlung erhalten hatte, war er bestens gelaunt – bis ihm der Gedanke kam: Wie kann ich das veröffentlichen? Das lockt doch eine ganze Horde von Goldgräbern mit Preßluftbohrern an!
Die Anzahl der Mitglieder der Ehrenwerten Gesellschaft der Schatzsucher stieg stetig an, seit ein paar von ihnen reich geworden waren. Die Oldtimer in Moose County vergruben ihr Geld lieber in einer Kaffeekanne in ihrem Hinterhof, als es einer Bank anzuvertrauen. Besonders jene Stellen galten als vielversprechend, wo sich früher Aborte befunden hatten. Die Leute gingen nach Einbruch der Dunkelheit hinaus, um zu graben. Es war ein gesundes Hobby, sagten sie: Man war in der frischen Luft; man hatte Bewegung; es war aufregend, und manchmal lohnte es sich sogar. Die Grundstückseigentümer, deren Rasen, Weiden und Sojabohnenfelder umgegraben wurden, teilten diese Begeisterung jedoch nicht im Mindesten.
Dann dachte Qwilleran, daß der Immobilienmakler aus Bixby vielleicht etwas ganz anderes im Sinn gehabt hatte als ein Einkaufszentrum – falls er denn wirklich Makler war. »Yau!«, kam laut und deutlich ein Kommentar von Koko – entweder um Qwillerans Theorie zu bestätigen oder um ihn daran zu erinnern, daß das Abendessen überfällig war.
Qwilleran fütterte die Katzen und zog sich dann fürs Abendessen bei Maggie um.
Qwilleran holte Polly für die Fahrt zu Maggie Sprenkles Dinnerparty ab, und kaum waren sie auf der Landstraße, fragte er: »Was gibt’s Neues in deinem aufregenden jungen Leben?«
»Ich habe bei Barb Ogilvie einen handgestrickten Pullover bestellt – als Weihnachtsgeschenk für meine Schwester. Kamelhaar mit Reliefmuster. Wußtest du, daß Barb mit Barry Morghan geht? Sie haben sich über Barrys Schwägerin kennen gelernt, die Künstlerin ist.«
»Sie passen sicher gut zusammen«, erwiderte Qwill.
»Barb sagt, sie hätte dich neulich in das Antiquitätengeschäft gehen sehen.«
»Ist das gut oder schlecht?«
»Das kommt darauf an. Hast du begonnen, Antiquitäten zu sammeln, oder hast du Susan Exbridge besucht?« Seit Susans kurzem Gastspiel im Verwaltungsrat der Bücherei konnten sich die beiden Frauen nicht ausstehen. Susan behauptete, die Leiterin der Bücherei hätte einen sehr schlichten Geschmack; Polly wiederum meinte, die Antiquitätenhändlerin hätte in ihrem ganzen Leben noch kein Buch gelesen. Es war eine Fehde, die Qwilleran ein teuflisches Vergnügen bereitete. Er mußte sich auf die Zunge beißen, um Polly nicht zu sagen, daß sie Susans Porzellanpapageien besaß.
Er antwortete: »Ich bin hingegangen, um ihr zu gratulieren, daß sie für die New Yorker Ausstellung akzeptiert worden ist – aber in Wirklichkeit wollte ich eine Tasse Kaffee schnorren. Ich habe einen bestickten Wandbehang gesehen, der mir gefiel, und sie hat ihn mir geschenkt.«
»Was für einen bestickten Wandbehang?«, fragte Polly scharf.
»Du wirst ihn sehen, wenn du das nächste Mal zu mir kommst. Ich habe auch einen Wandbehang über dem Kamin; den hat Fran ausgesucht.«
»Was für einen Wandbehang?«
»Wart’s ab«, sagte er aus reiner Bosheit. Dann wechselte er das Thema: »Worum geht es denn bei dieser Dinnerparty?«
»Wart’s ab«, antwortete Polly süffisant.
Maggie wohnte im Stadtzentrum, im Sprenkle Building an der Main Street. Sie und ihr verstorbener Mann hatten früher auf einem großen Anwesen gelebt, das für seine Rosengärten berühmt war, doch Maggie hatte das Haus verkauft, um in einer Wohnung zu leben, deren Teppichboden mit Rosenmuster
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