Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
Vom Netzwerk:
machen.«
    Das war etwas ungewöhnlich, doch die Leute brauchten Nägel; also steckten die einheimischen Beamten die Köpfe zusammen und trugen den Fremden als John Smith in ihre Listen ein.
    Als Longfellow sein Gedicht über den Schmied schrieb, hätte er John Smith vor Augen haben können. Er war groß und breitschultrig, mit großen, sehnigen Händen und Muskeln, stark wie Eisenbänder. Niemand wagte es, seine langen Haare zu kritisieren. Außerdem war er 22 und sah gut aus, und bald waren alle jungen Frauen der Stadt hinter ihm her. Es dauerte nicht lange, da heiratete er Emma, die lesen und schreiben konnte. Sie hatten sechs Kinder, wenngleich nur drei davon das Erwachsenenalter erreichten – nichts Ungewöhnliches in jener Zeit. John Smith baute ihnen ein Haus aus Bruchstein mit einer Fassade aus Feldspat, der an sonnigen Tagen wie Diamanten glitzerte. Es wurde von den anderen Siedlern sehr bewundert, die viel für etwas Neues übrig hatten.
    Die Schmiede befand sich im Hinterhof, und dort war John fleißig an der Arbeit. Er schmiedete Werkzeuge, Bänder für Kutschenräder, Kochtöpfe, Hufeisen und Nägel. Er sorgte gut für seine Familie und ging mit ihr zweimal in der Woche zur Kirche. Emma wurde von den meisten Frauen in der Stadt beneidet.
    Ab und zu sagte John zu ihr, er müsse seine alte Mutter in Lockmaster besuchen; dann stieg er aufs Pferd, ritt Richtung Süden und blieb eine Woche oder länger weg. Die einheimischen Klatschbasen sagten, er hätte da unten noch eine Frau, doch Emma vertraute ihm, und er brachte ihr stets einen hübschen Schal oder ein schönes Stück Stoff für ein Kleid mit.
    Doch eines Tages kam er nicht zurück. Es gab keine Möglichkeit, herauszubekommen, wo er war; aber Emma war sicher, daß er von Wegelagerern umgebracht worden sei, die sein Pferd und seine goldene Uhr hatten stehlen wollen. Lockmaster mit seinem Fellhandel und den Goldminen bot Räubern reiche Beute. Ein Mann aus der Nachbarstadt wollte Johns Amboß und seine Geräte kaufen, doch Emma verkaufte nicht.
    Während die Zeit verging und Emma an Johns früheres Verhalten dachte, fiel ihr jedoch ein, daß er oft mitten in der Nacht ohne Laterne in den Hof hinaus gegangen war. Sie hatte ihn nie danach gefragt, und er hatte ihr nie eine Erklärung gegeben, aber sie hatte ihn graben hören. Das war damals nicht so ungewöhnlich; es gab noch keine Banken in der Stadt, und Wertsachen wurden häufig vergraben. Dann erinnerte Emma sich, daß John das immer getan hatte, wenn er von einem Besuch bei seiner alten Mutter zurückgekommen war.
    Emmas Neugier ließ ihr keine Ruhe, und schließlich ging sie mit einer Schaufel in der Hand zur Schmiede hinaus. Es war dunkel; aber sie verzichtete lieber auf eine Laterne, als weiteren Klatsch herauszufordern. Der Großteil des Hofes war festgetreten und hart wie Stein. An einer Stelle bei dem großen Baum versuchte Emma zu graben, stieß aber nur auf Baumwurzeln. Sie suchte an einer anderen Stelle.
    Als sie schon fast aufgeben wollte, stieß ihre Schaufel auf Metall. Sie kniete sich hin, begann wie wild mit bloßen Händen die Erde wegzukratzen und legte nach und nach eine Eisentruhe frei. Mit zitternden Händen und pochendem Herzen öffnete sie den Deckel. Die Kiste war mit Goldmünzen gefüllt! Von dem Anblick erschrocken, schloß Emma den Deckel wieder. Sie kniete da, schlang die Arme um die Brust und dachte nach – dachte lange nach… Auf dem Gold hatte ein dunkles Tuch gelegen. Noch einmal öffnete Emma den Deckel – nur ein paar Zentimeter – und griff verstohlen hinein, als hätte sie Angst, die Münzen zu berühren. Sie zog das Tuch heraus und nahm es mit ins Haus, um es sich im Lampenschein genauer anzusehen.
    Es war leuchtend rot. Es war das rote Tuch, wie es sich Piraten um den Kopf banden.
    Emma kehrte in den Hof zurück, schaufelte die Kiste wieder mit Erde zu und trat sie mit den Füßen fest. Am nächsten Tag ließ sie den Hof mit Steinen pflastern.
    Emma hatte sich immer gefragt, woher ihr Mann seine goldene Uhr hatte.
    Und Qwilleran fragte sich, als er den letzten Satz schrieb, worüber Eddington wohl so freimütig mit den Fremden geplaudert hatte, die Stunden auf den Leitern in seinem Buchladen verbracht hatten. Hatte er ihnen die Geschichte seiner Großmutter erzählt?
    Die Katzen schienen einen Großteil ihrer wachen Zeit fasziniert von dem französischen Martinikrug auf dem Couchtisch zu verbringen. Während Yum Yum vorsichtig im Hintergrund blieb, unterzog

Weitere Kostenlose Bücher