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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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der Chefin. »Sie ist nicht da«, sagten sie. »Sie hat einen Zahnarzttermin.«
    Die Büchereimitarbeiter waren ausgesprochen aufmerksam zu ihm: Sie zeigten ihm das letzte Buch, das Mr. Smith für die Bibliothek gebunden hatte, und führten ihm das neue Computerprogramm vor, das anzeigte, welches Buch wann und für wie lange von wem ausgeliehen worden war. Sie erkundigten sich nach Koko und Yum Yum, wiesen Qwill auf die neue Ausstellung alter Tintenfässer hin, fragten ihn nach seinem Lieblingsautoren und holten die beiden Büchereimaskottchen, Mac und Katie, damit sie ihn begrüßen konnten.
    Qwilleran reagierte mit freundlichem Nicken, kleinen Scherzen und beifälligem Murmeln darauf. Er sagte, seine Mitbewohner hätten sich schon auf den Großen Sturm vorbereitet und aufgehört zu haaren. Zwei grauhaarige ehrenamtliche Helferinnen plagten sich mit alten Fotografien für eine Ausstellung herum, und er fragte leichthin: »Brauchen Sie Hilfe, Ladys?«
    »Ja«, antworteten die beiden Frauen wie aus einem Mund und begannen dann gleichzeitig zu reden: »Die Männer auf diesem Foto… wir wissen nicht, wer diese Leute sind… außer dem einen vorne. Das ist Gouverneur Witherspoon… Die Aufnahme stammt von 1928.«
    »Ich fürchte, da war ich noch nicht hier«, scherzte Qwilleran.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, fuhren sie fort:
    »Die Leute wollen wissen, wer die Personen auf diesen alten Fotos sind. Es könnte ja ein Vorfahre darunter sein… Vielleicht war ihr Urgroßvater ja ein Freund des Gouverneurs… Dann können sie mit ihren Kindern in die Bücherei gehen und sich ihren Ur-Urgroßvater ansehen, der mit dem Gouverneur auf einem Foto abgebildet ist.«
    »Ich verstehe.« Qwilleran begann zu begreifen, wie ernst die Angelegenheit war. »Ich wette, Homer Tibbitt würde sie erkennen.« Ein Mann hielt ein Hauptbuch in der Hand; zwei trugen Sheriffuniformen, und ein weiterer hatte einen Jagdhund dabei.
    »Mr. Tibbitt ist früher ja jeden Tag in die Bücherei gekommen, um zu recherchieren. Jetzt, wo er in die Ittibittiwassee Estates gezogen ist, sehen wir ihn gar nicht mehr – nicht wahr, Dora? Nein. Ich dachte, er sei schon gestorben. Er ist ja schon fast 100.«
    »Ich fahre heute Nachmittag in diese Gegend hinaus«, sagte Qwilleran. »Soll ich das Foto mitnehmen?«
    »Das wäre wunderbar! Wir stecken es in einen Umschlag.«
    Homer, der über 90-jährige Historiker und die zehn Jahre jüngere Rhoda hatten spät geheiratet. Beide hatten als Lehrer gearbeitet, und keiner von ihnen war vorher verheiratet gewesen. Für Besucher inszenierten sie immer ein komisches Geplänkel unter Eheleuten, doch jeder wußte, daß sie einander innig liebten. Die Rentnerwohnanlage, in der sie jetzt lebten, befand sich auf dem Land – ein dreistöckiges Haus mit einem steilen Dach, das ein wenig an ein Ferienhotel in der Schweiz erinnerte. Qwilleran fuhr mit Gouverneur Witherspoons Foto und einem Blumenstrauß für Rhoda zu der Anlage hinaus. Er parkte sein Auto auf dem Gästeparkplatz und ging auf das Gebäude zu, als er Bürgermeister Gregory Blythe herauskommen sah.
    »Guten Tag, Herr Bürgermeister«, sagte er. »Waren Sie hier auf Wahlkampftour?«
    »Es schadet nicht, das Feuer am Brennen zu halten«, antwortete der makellos gekleidete Kandidat.
    Blythe hatte während seiner drei Amtsperioden aus verschiedenen Gründen die Annexion von umliegenden Kleinstädten und Dörfern befürwortet; einer davon war, neue Wahlbezirke zu bekommen.
    »Auf dem Parkplatz habe ich unseren ehrenwerten Bürgermeister getroffen«, bemerkte Qwilleran, als ihn Rhoda in die Wohnung bat. »Er war auf Stimmenfang hier, oder hat er Aktien und Wertpapiere verkauft?«
    »Eines sage ich Ihnen: Von mir kriegt der keinen müden Penny«, schimpfte Homer mit seiner hohen Stimme. »Er kommt her und lockt den Witwen mit seinem Charme ihre Rente und die Lebensversicherung ihrer Ehemänner heraus.«
    »Reg dich nicht auf, Homer«, sagte seine Frau. »Jetzt trinken wir erst einmal alle eine schöne Tasse Kamillentee.«
    »Sie will mich mit dem Zeug vergiften!«, beschwerte sich Homer lautstark.
    »Wenn das so ist«, sagte Qwilleran, »dann trinken Sie ihn nicht, bevor Sie für die Bücherei von Pickax eine Frage beantwortet haben. Dort vermißt man Ihre täglichen Besuche.« Er erklärte, worum es ging, und zeigte Homer das Foto von Gouverneur Witherspoon und seinen Freunden.
    »Das ist der Gouverneur, stimmt. Diese Riesenohren sind unverwechselbar! Die anderen kenne ich

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