Die Katze, die den Braten roch.
ein einheimischer Bauunternehmer zum Teilhaber machte, war Cass in seinem Element.«
»Ja, als ich hierher kam, baute XYZ Schulen, Arztpraxen, Wohnhäuser – alles. Es war die angesehenste Firma im ganzen Bezirk – vielleicht sogar in drei Bezirken.«
»Etwas Negatives gab es aber«, sagte Jeffa, »und Sie wissen wahrscheinlich, was das war. Der Seniorpartner war geldgierig; er wollte schnell bauen und dabei sparen. Cass hatte gelernt, anständig zubauen, aber er wurde überstimmt.«
Qwilleran war hingerissen von Jeffas sanftem Baltimore-Akzent; doch es überraschte ihn, daß sie ihm, einem Fremden, solche Einzelheiten aus ihrem Familienleben erzählte. Er dachte: Sie ist einsam… in einer fremden Umgebung… Sie braucht jemanden zum Reden. Hatte sie denn niemand vor den großen und kleinen Gefahren gewarnt, die auf einen lauerten, wenn man in einer Kleinstadt zu viel redete? Es war zweifellos Qwillerans teilnahmsvolle Miene, die Jeffa ermutigte; und er verspürte – als Journalist und Zwilling – ein zwanghaftes Bedürfnis, alles zu erfahren.
»Das war eine bedauerliche Situation«, sagte er. »Warum hat sich Cass auf Kompromisse eingelassen? Warum hat er nicht gekündigt?«
»Nun, erstens verdiente er sehr viel Geld. Und dann die Freizeitmöglichkeiten, die ihm sehr viel bedeuteten. Und er hatte sich in eine Einheimische verliebt.«
»Die Menschen sind schon aus weitaus weniger triftigen Gründen Kompromisse eingegangen.«
Unvermittelt fragte sie: »Kennen Sie Don Exbridge?«
»Ja.«
»Ist er ein Freund von Ihnen?«
»Alles andere als das. Ich habe ihm nie verziehen, daß er die Frühstücksinsel kaputtmachen wollte – zumindest hat er es versucht. Zum Glück hatte dann die Natur das letzte Wort.«
»Haben Sie die Zeitungsmeldung über XYZ gelesen? Die Firma wurde aufgelöst, und Cass macht sich jetzt als Bauunternehmer selbstständig… Die Herausforderung wird, glaube ich, darin bestehen, daß er seinen Ruf als Mann wieder los wird, der Häuser mit undichten Dächern baut.«
Qwilleran sagte: »Frank Lloyd Wright hatte denselben Ruf, konnte sich am Ende aber bravourös davon reinwaschen. Cass sollte mit Dwight Somers sprechen; der weiß, wie man ein gutes Image aufbaut. Und in einer Gemeinde wie dieser könnte es auch nicht schaden, wenn Cass seine Freundin heiraten und eine Familie gründen würde.«
Jeffa zögerte. »Sie ist verheiratet… Sie ist momentan mit Don Exbridge verheiratet.«
Qwilleran stand auf. »Dann sagen Sie Ihrem Sohn, daß er Dwight Somers wirklich braucht… Danke für die Erfrischungen. Es war schön, mit Ihnen zu plaudern. Ich hoffe, Sie werden hier sehr glücklich. Wenn ich irgend etwas für Sie tun kann, sagen Sie es mir.«
Als Qwilleran nach Hause kam, war eine Nachricht von Polly auf seinem Anrufbeantworter, die aus der Bücherei angerufen hatte: »Wenn du eine Überraschung erleben willst, komm um sechs Uhr zu mir.« Vor seinem geistigen Auge sah er Rindfleischeintopf oder Brathähnchen von einer freiwilligen Helferin in der Bücherei; sie brachten ihrer geliebten Leiterin häufig selbst gemachte Gerichte mit, da sie wußten, daß sie nur wenig Zeit zum Kochen hatte. Qwilleran duschte und zog sich wieder an; er wählte das königsblaue indische Baumwollhemd, das Polly so gefiel, und den schottischen Duft, den sie ihm aus Kanada mitgebracht hatte.
Um Punkt sechs Uhr schloß er ihre Wohnungstür auf und stand vor Brutus und Catta. Sie wirkten beunruhigt. »Alles in Ordnung mit euch beiden?«, fragte er. »Habt ihr die Katzen-Vorsorge-untersuchung bestanden?« Sie schienen nachzudenken. Was hat er hier zu suchen?… Sie macht sich zum Ausgehen fertig… Sie hat uns das Abendessen früher gegeben.
Polly hörte ihn und erschien auf der Galerie; sie legte gerade ihre besten goldenen Ohrringe an. »Ich muß gleich zu einem Abendessen mit dem Vogelclub. Das habe ich dir doch gesagt, oder? Da bin ich eigentlich ganz sicher. Aber vorher lies bitte den Brief auf dem Vorzimmertisch.«
Der Umschlag trug den Aufdruck eines Hotels und einen Poststempel von Phoenix, Arizona. Qwilleran las:
Liebe Polly,
verzeihen Sie mir die ungehörige Art meiner Abreise. Henry hielt es für ratsam, nichts davon zu sagen. Wir werden morgen heiraten! Sie wissen, wie es mir mit dem Singledasein ging. Nun, Henry hat mich davon überzeugt, daß seine Florence und mein Harold (sie mögen in Frieden ruhen) dafür wären, daß wir uns in den Jahren, die uns noch bleiben, umeinander kümmern. Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher