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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Schnurrbart. Er hatte so ein Gefühl, daß das der Fall sein würde.
    Auf der Heimfahrt grübelte Qwilleran über Kemples traurige Situation, und er verspürte das Verlangen nach dem Trost einer großen Portion Eiscreme. Wollte man optimistisch denken, wollte Otto vielleicht eine Rollschuhbahn, eine Diskothek oder eine Basketballhalle eröffnen. Dann könnte Ernie seinen Antiquitätenmarkt in einem Gebäude errichten, das speziell für diesen Zweck entworfen wurde – vielleicht als Schweizer Chalet wie das Haus, in dem der Curlingclub untergebracht war – und zwar draußen auf dem Land.
    In Indian Village angekommen, ging Qwilleran ins Pförtnerhaus, um die Post zu holen. Er schloß gerade seinen Briefkasten auf, als er sah, wie eine Frau seinen Schnurrbart anstarrte. Er erkannte ihre Frisur.
    »Mrs. Young! Wir haben uns gestern bei der Wahlkampfveranstaltung kennen gelernt. Ich bin Jim Qwilleran. Ich wußte nicht, daß Sie in Indian Village wohnen.«
    »Ich habe eine Einheit zwischen Amanda Goodwinter und Susan Exbridge«, sagte sie. »Ich komme mir vor wie ein zugezogener Pygmäe zwischen zwei einheimischen Riesen.«
    »Darf ich Ihnen dieses Paket zum Auto tragen?«
    »Ich bin zu Fuß hier.«
    »Dann gestatten Sie, daß ich Sie zu Ihrer Wohnung fahre.«
    Auf der kurzen Fahrt zur River Road sagte Mrs. Young: »Ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen zu Ihrer Kolumne zu gratulieren, Mr. Qwilleran.«
    »Qwill, bitte.«
    »Dann müssen Sie Jeffa zu mir sagen.«
    »MacWhannell & Shaw werden sich über Ihre Mitarbeit freuen, wenn die Steuererklärungen fällig sind, Jeffa. Gute Rechnungsprüfer wachsen in Moose County nicht gerade auf den Bäumen.«
    Sie lud ihn auf einen Drink ein, und er nahm die Einladung an, wohlwissend, daß er sich auf dünnem Eis bewegte. Diese Frau wußte alles über sein Leben – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft –, hatte aber keine Ahnung davon.
    »Bald«, sagte Qwilleran, »werden Sie Einladungen zum letzten Drink bekommen – das bedeutet, zum letzten Drink bevor der Schnee kommt. Danach kann es sein, daß Sie eine Woche lang eingeschneit sind. Sie sollten sich einen möglichst großen Vorrat an Kreuzworträtseln zulegen.«
    »Ich kann an meinen astrologischen Berechnungen arbeiten«, erwiderte Jeffa. »Ich beschäftige mich nebenbei mit Astrologie.«
    »Nein, wirklich?«, rief Qwilleran mit gespielter Überraschung und in bewunderndem Tonfall.
    »Das ist eine faszinierende Wissenschaft – so exakt! Es ist möglich, aufgrund von Geburtszeit und -ort die Einflüsse der Planeten auf das ganze Leben eines Menschen zu erfassen. Mich faszinieren die Berechnungen. Sie können per Computer schneller durchgeführt werden, aber ich finde, die traditionelle Methode – mittels simpler Mathematik – macht viel mehr Spaß. Man braucht die genaue Stunde und Minute der Geburt und muß dabei die Zeitzonen berücksichtigen, und ob Normalzeit oder Sommerzeit war. Außerdem braucht man die Längen- und Breitengrade des Geburtsortes, in Grad und Minuten.«
    Qwilleran hatte das Gefühl, es könne nicht lange dauern und sie würde ihn nach seinen Geburtsdaten fragen. Um sie davon abzuhalten, fragte er: »Haben Sie das Leben Ihrer Familienmitglieder berechnet? Und bestätigen sich die Prognosen im Lauf der Jahre?«
    »Eigentlich ist das der Grund dafür, warum ich hier bin«, antwortete Jeffa. »Mein Sohn steht vor einer Herausforderung, und ich dachte, die Anwesenheit seiner Mutter wäre zumindest eine moralische Unterstützung für ihn.«
    Sie sprach gerne über ihre Familie, und Qwilleran hörte ihr zu, nickte teilnahmsvoll und murmelte mitfühlende Worte.
    »Sie kennen meinen Sohn wahrscheinlich unter dem Namen Caspar. Er wurde nach einem Helden des Unabhängigkeitskrieges benannt, aber wir nennen ihn Cass. Mein Vater hieß Jefferson, was meinen eigenen Namen erklärt. Als mein Mann starb, wollte Cass unbedingt, daß ich zu ihm komme, und meine Tochter in Idaho wollte, daß ich zu ihr ziehe. Ich habe Enkelkinder in Cœur d’Alêne, einem reizenden Urlaubsort im Nordwesten des Staates – er erhielt seinen Namen von frühen französischen Siedlern. Aber die Herausforderung, vor der Cass steht, hat mich hierher geführt. Sie wissen natürlich, daß er bei XYZ Enterprises für die Bauvorhaben zuständig war. Schon als er ein kleines Kind war, wußte ich, daß er der geborene Baumeister war. Er hat den Beruf im Osten gelernt und sich dann wegen der Jagd und des Wintersports hier niedergelassen. Als ihn

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