Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
Vom Netzwerk:
sagte Qwilleran und verließ eilig die Wohnung.
    Er kam gerade rechtzeitig zu Hause an, um den Telefonhörer abzunehmen und die fröhliche Stimme des jungen Chefredakteurs zu hören, der sagte: »Hallo, Qwill! Hast du gehört, daß wir jetzt eine Astrologin in der Stadt haben? Du könntest dir ein Horoskop erstellen lassen und anschließend eine Kolumne über sie schreiben.«
    »Jill Handley könnte sich ihr Horoskop erstellen lassen und dann eine Kolumne über sie schreiben«, erwiderte Qwilleran schroff.
    »Ich dachte, du würdest dringend Material brauchen.«
    »So dringend auch wieder nicht.«
    Der rüde Tonfall war nichts Neues; die beiden Männer pflaumten sich gerne an.
    Junior sagte: »Heute ist Dienstag. Darf ich fragen, wann du gedenkst, deinen Beitrag für die heutige Zeitung abzuliefern?«
    »Habe ich je einen Abgabetermin verpaßt? Gibt’s etwas Neues in der heutigen Zeitung?«
    »Amanda ist gestern Abend im Stadtrat mit dem Bürgermeister aneinander geraten.«
    »Das ist nichts Neues. Sie liegen sich seit zehn Jahren in den Haaren.«
    »Homer Tibbitt ist im Krankenhaus und läßt sich die Knie operieren.«
    »Wurde auch höchste Zeit. Seine Knochen hängen nur noch lose zusammen.«
    »Wenn du in seinem Alter bist, hängst du auch nur noch lose zusammen, Qwill.«
    »Ich werde verrostet sein, lange bevor ich 98 bin… Irgendwelche Mordverdächtige?«
    »Nein.«
    »Insiderinformationen über den Großen Sturm?«
    »Er muß unterwegs sein«, antwortete Junior. »Die Katzen werden nervös, und Männer über 50 werden launisch.« Aus dem Vorzimmer ertönte ein langgezogenes, lautes Heulen, das man bis ins Zentrum von Pickax hören konnte. »Ich habe die Stimme deines Herrn gehört, Qwill. Wir reden später miteinander.«
    Dann kam aus dem Wohnzimmer ein ungewöhnliches Geräusch: »Schschsch… schschsch… schschsch…«, gefolgt von einem dumpfen Schlag.
    Koko kauerte auf dem Couchtisch und schaute über die Kante nach unten. Die drei roten Äpfel lagen zusammen mit ihrer umgedrehten Holzschüssel halb im tiefen Flor des dänischen Teppichs vergraben.
    Das ist ja ganz was Neues, dachte Qwilleran… Aus welchem Grund? Was ist daran so interessant? »Nein!«, sagte er laut. »Das sind verbotene Früchte!«
    Nonchalant sprang der Kater auf den Boden und spazierte gemächlich zur Besenkammer, wo man ihn gleich darauf in seinem Kistchen scharren hörte. War es möglich, daß er die Äpfel mit dem Mann in Verbindung brachte, der sie geliefert hatte? Er hatte in dem Augenblick geheult, als der Mann ermordet worden war! Nicht einmal bei einem Kater mit Kokos Antenne für das Übersinnliche konnte man das erwarten. Vielleicht hatte er gerochen, daß die Äpfel künstlich waren, und das hatte ihn gestört. Vielleicht war er auch einfach nur neugierig. Wie würde eine Holzschüssel, die glatt wie Porzellan war, über einen Holztisch rutschen, der glatt wie Glas war? Oder er hatte den Teppich getestet. Das gedämpfte Geräusch war weniger befriedigend als das eines Buches, das auf einen Teppich plumpste – oder das Krachen, wenn ein Tontopf mit Pflanzen vier Meter tief hinunterfiel.
    Qwilleran kam der Gedanke, daß die Katzen im Vergleich zu der weitläufigen Apfelscheune jetzt ziemlich beengt lebten; vielleicht hatte ihm Koko einen dezenten Hinweis geben wollen… Apfelscheune! War in ihrem Sommerdomizil irgend etwas nicht in Ordnung?
    Qwilleran nahm seine 1000 Worte für ›Qwills Feder‹ und fuhr zuerst in die 100 Jahre alte Scheune am Stadtrand von Pickax. Er inspizierte das Grundstück und die Räumlichkeiten. Es war alles in Ordnung, mit Ausnahme einer kleinen Maus, die am Küchenfußboden verhungert war. War es Koko in erster Linie darum gegangen?
    Ich bin ein Dummkopf, sagte sich Qwilleran. Ich versuche, Botschaften zu sehen, wo keine sind! Koko hat eine Schüssel mit Äpfeln auf den Boden geschubst, weil er einfach Lust gehabt hat, eine Schüssel mit Äpfeln auf den Boden zu schubsen!
    Qwilleran gab seinen Beitrag über Misty Morghans Batikarbeiten rechtzeitig vor dem mittäglichen Redaktionsschluß ab. Als er an der Feuilletonredaktion vorbeiging, winkte Mildred Riker ihn herein. »Könntest du mit Polly irgendwann mal abends zu uns kommen, um euch unser neues Sofa anzusehen? Und zu einem kleinen Abendessen?«
    »Wie klein?«, fragte Qwilleran. »Wenn es zu klein ist, bin ich nicht interessiert.«
    »Du kannst dir ja einen Nachschlag nehmen – und auch noch einen zweiten«, erwiderte Mildred. »Dieses

Weitere Kostenlose Bücher