Die Katze, die Domino spielte. Roman.
Mitglieder des Clans hörten still staunend zu.
»Elizabeth, du bist noch nicht wieder ganz in Ordnung«, sagte Mrs. Appelhardt energisch, »und gewiß nicht in der Verfassung, eine Kutsche zu lenken. Wir wollen lieber kein Risiko eingehen. Du reagierst so empfindlich auf die Medikamente… Richard, habe ich nicht recht?«
Bevor der ältere Bruder antworten konnte, erhob Jack seine Stimme: »Um Gottes willen, Mutter, laß sie doch tun, was sie will – ein einziges Mal in ihrem Leben! Wenn der Buggy umkippt und sie sich den Hals bricht, dann soll es wohl so sein! Es ist alles Karma! Das erzählt sie uns doch ständig.«
Qwilleran, ein unfreiwilliger Zeuge dieses peinlichen Augenblicks in der Familiengeschichte, ging zu den Schwiegertöchtern hinüber und fragte sie, ob sie schon mal vom Geheimnis des Leuchtturmes gehört hätten. Zum Glück war das nicht der Fall, daher erzählte er ihnen die Geschichte ausführlich und schmückte sie noch mit ein paar eigenen Erfindungen aus. Als seine Zuhörerinnen schließlich Mutmaßungen über das Schicksal der Leuchtturmwärter anstellten, erschien Elizabeth in einem Hosenrock, mit Stiefeln, einem Strohhut und einer maßgeschneiderten Bluse wieder. »Der Stallknecht bringt den Phaeton her«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte leicht.
Der Stallbursche half Elizabeth auf den Kutschbock, und eine der Seersucker-Jacken kam mit einem Strauß Kräutern angelaufen. Sie saß aufrecht und fest da, die Ellbogen an den Körper gedrückt, die Zügel zwischen den Fingern der linken Hand. In der Rechten hielt sie die Peitsche. Als sie vom Haus wegfuhren, hatte sie alles bestens unter Kontrolle.
Qwilleran dachte: Das einzige, was diesem Höhepunkt noch fehlt, ist ein Riesenorchester, das für eine melodramatische Musikuntermalung sorgt, während wir in den Sonnenuntergang fahren. Und was für eine Besetzung! Die autokratische Mutter, die schüchterne Tochter, zwei gehorsame Söhne und einer, der anmaßend genug ist, die kecke Pointe zu liefern.
Als er so neben der zarten Kutscherin saß, fragte er: »Sind Sie sicher, daß Sie mit Ihrer verletzten Hand die Peitsche führen können?«
»Die ist nur symbolisch«, erwiderte sie. »Skip reagiert auf die Zügel und die Stimme des Kutschers. Unser Verwalter ist auch ein wunderbarer Trainer.« Sie waren am Tor stehengeblieben, bevor sie sich in die sonntägliche Touristenprozession einreihten. »Weiter, Skip!« Das Pferd nickte, als ob es die Aufforderung bestätigen wollte und bog nach links ab.
»Mutter sagt, Sie schreiben für eine Zeitung. Für welche?« fragte Elizabeth.
»Für den Moose County Dingsbums auf dem Festland.«
»Heißt sie wirklich so? Ich lese keine Tageszeitungen. Sie regen mich zu sehr auf. Was schreiben Sie denn?«
»Eine Kolumne über alles mögliche… Darf ich fragen, wo die Pfauen heute waren? Ich habe nämlich gehört, Sie haben Pfauen.«
»Mutter hat sie nach Vaters Tod an einen Zoo verkauft. Ihre Schreie machten sie nervös. Eigentlich waren es Vaters Tiere. Seine Teleskope und Astronomiebücher hat sie auch verkauft. Das war sein Hobby. Haben Sie schon einmal ein UFO gesehen? Vater hat gesagt, sie schweben über großen Wasserflächen. Wenn er eines sah, weckte er uns mitten in der Nacht auf, und dann gingen wir alle mit Ferngläsern hinauf auf das Dach – alle außer Mutter und Jack. Sie sagte, es sei dumm; Jack sagte, es sei langweilig. Jack langweilt sich schnell.«
Elizabeth war gesprächiger, als Qwilleran erwartet hatte. Während sie so dahinplapperte, klassifizierte er im stillen die Familie. Jack und seine Mutter hatten dieselbe bestimmte Art, dasselbe gute Aussehen, und beide lächelten mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Er war sicher, daß Jack ihr Lieblingskind war. Mit seiner Heiratssucht machte er ihr Ärger, doch sie kam ihm immer wieder zu Hilfe. Die drei anderen Kinder hingen wahrscheinlich mehr am Vater. Sie hatten alle eine breite Stirn, zarte Gesichtszüge und eine sanftere Persönlichkeit.
Elizabeth redete noch immer über ihren Vater. »Er hat mir schon, als ich noch ziemlich klein war, beigebracht, wie man eine Kutsche richtig lenkt. Es macht mehr Spaß als Autofahren.« Sie erkannte zwei private Kutschen, die vom Grand Island Club zurückkamen; einen Brewster und einen Phaeton, die beide von William restauriert worden waren. Als sie zu dem kommerziell genutzten Straßenabschnitt kamen, äußerte sie sich überrascht und traurig über die Umwidmung der Privathäuser in
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