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Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Titel: Die Katze, die Domino spielte. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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vergoldeten Ledermasken über dem Sofa. »Ihre Theatermasken sind phantastisch!« sagte sie. Dann kicherte sie: »Eine sieht aus wie mein Bruder William und eine wie Jack.«
    Als der Phaeton von den ›Vier Augen‹ davon gerollt war, fiel Qwilleran eine Episode aus seiner frühen Schulzeit ein. Seine Lehrerin, Miss Heath, hatte ein breites, mehrdeutiges Lächeln, bei dem sie ihr großes Gebiß entblößte, das auf gute oder schlechte Neuigkeiten hindeuten konnte. Da er zu Hause – wenn auch widerwillig – Domino spielte, nannte er sie insgeheim Miss ›Doppel-Sechs‹. Die Sitzordnung in der Klasse war alphabetisch, und James Qwilleran wurde ein Platz vor einem dicken Kind namens Archibald Riker zugewiesen. Wenn ihnen langweilig war, unterhielten sie sich, indem sie Botschaften in einem Geheimcode austauschten. Ein Entschlüsselungsexperte hätte wohl keine Probleme damit gehabt – nicht einmal Miss Doppel-Sechs, falls sie sie je erwischt hätte; sie hatten den Buchstaben des Alphabets die Zahlen von 1 bis 26 zugeordnet. Eines Tages warf Qwilleran, als sie ihnen gerade den Rücken zudrehte, einen zusammengeknüllten Zettel über die Schulter nach hinten: 13-9-19-19 8-5-1-20-8 8-1-20 7-18-15-19-19-5 26-1-5-8-14-5. Arch entschlüsselte die Nachricht und lachte so heftig, daß er keine Luft bekam und in die Halle geschickt wurde, um einen Schluck Wasser zu trinken. Vierzig Jahre später bebte er innerlich noch immer vor Lachen, wenn er jemanden mit vorstehenden Zähnen sah.
    Und jetzt, nach so vielen Jahren, hatte Qwilleran eine Katze, die sich für die Doppel-Sechs interessierte – meistens jedenfalls. Nicks Boot hieß so; bedeutete das, daß Koko nach Hause fahren wollte? Oder standen die zwölf Augen für den Buchstaben L? Und wenn ja, was hatte der Buchstabe L zu bedeuten? Kao K’o Kung hatte manchmal eine schwer verständliche Art, sich mitzuteilen. Oft ging es nur darum, Qwillerans graue Zellen zum Arbeiten zu bringen. In diesem Fall konnte er nichts damit anfangen.
    Der Teller mit dem Hackbraten, den er ihnen zum Frühstück hingestellt hatte, war noch immer unberührt. Qwillerans Entschlossenheit, den Machtkampf zu gewinnen, lag im Streit mit seinen menschlichen Regungen – und verlor. Nur weil er so impulsiv gleich zehn Pfund Hackbraten im voraus bezahlt hatte, konnte er sie doch nicht hungern lassen. Er machte ihnen eine Dose Hühnerfleisch auf. Das Frühstück, das die Katzen ignoriert hatten, brachte er zu den Mülltonnen für die streunenden Katzen.
    Dort traf er Nick, der am Fundament des Gebäudes arbeitete. »Der Schimmel ist ein Problem«, erklärte er. »Ich habe mir eine Woche Urlaub genommen und versuche jetzt, alle anstehenden Wartungsarbeiten zu erledigen… Sagen Sie, Qwill, stört Sie die Musik aus den ›Fünf Augen‹?«
    »Es ist etwas geisttötend, wenn sie ihre Fingerübungen macht, aber ich habe gelernt, Ohropax zu nehmen – bei Raufereien von Katzen, Nebelhörnern und Fingerübungen.«
    »Ich mußte heute nachmittag ein ernstes Wort mit ihr über das Rauchen sprechen«, sagte der schwer arbeitende Pensionswirt. »Ich habe eines der Fliegengitter auf ihrer Veranda repariert und dabei eine Untertasse voller Zigarettenkippen gesehen. Sie glaubt, Privilegien zu haben, nur weil Exbridge ihre Miete zahlt… Und was ist mit Ihnen? Alles okay?«
    »So weit, so gut. Heute nacht treffe ich mich mit meinem Spion. Und jetzt gehe ich ins Zentrum essen.«
    Im Hotel wartete er, bis die Comptons aus dem kleinen Saal kamen, wo Lyle seinen Vortrag über das »blutige Schottland« gehalten hatte. Der Schulrat hatte eine Art von schwarzem Humor, der Qwilleran gefiel; Lisas angenehmes Wesen milderte die aggressive Art ihres Mannes.
    Sie sagte: »Wir hatten ein gutes Publikum, viele junge Leute. Sie mögen blutrünstige Geschichten, und Lyle bietet ihnen immer jede Menge Blut: das Massaker von Glen Coe, die Greuel bei der Vertreibung aus den Highlands und das Gemetzel bei der Schlacht von Culloden.«
    Sie setzten sich an einen Tisch in der ›Seeräuberhöhle‹ und bestellten Hamburger, und Qwilleran sagte: »Sie erzählen von den Bauern, die aus den schottischen Highlands vertrieben und durch Schafherden ersetzt wurden. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Einheimischen hier von der Frühstücksinsel vertrieben und durch Ölquellen oder etwas Ähnliches ersetzt würden.«
    Der zynische Scherz gefiel Lyle. »Das wäre ein saftiges Gerücht, das man auf dem Festland verbreiten könnte! Ich

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