Die Katze, die Domino spielte. Roman.
dachte, Arch hat recht; ich sollte mich nicht immer in fremde Angelegenheiten mischen.
»Wollen Sie nicht hereinkommen? Ich würde Ihnen gern Tee anbieten, aber ich nehme an, heute gibt es keinen Zimmerservice.«
»Heute nicht und auch sonst nicht! Und wenn ein schlimmes Unwetter kommt, dann gibt es vielleicht auch kein Licht, kein Wasser und keine Fähren zum Festland. Das einzige Boot, das noch im Hafen im Zentrum vor Anker liegt, ist das Boot des Domino Inn, und ein Sturm könnte Kleinholz daraus machen. Haben schon alle Boote den Grand Island Club verlassen?«
»Ja, aber… wenn ich das Telefon benutzen darf, glaube ich, könnte ich etwas arrangieren.«
»Gehen Sie hinunter und sagen Sie Mrs. Bamba, was Sie vorhaben. Sie wird Ihnen das Telefon im Büro zur Verfügung stellen… Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich muß etwas erledigen.«
Er wollte sich zurückziehen und über die Komplikationen nachdenken, die es mit sich bringen würde, sollte Liz tatsächlich nach Pickax ziehen. Konnte sie sich um ihr eigenes Leben kümmern, Verantwortung übernehmen, kluge Entscheidungen treffen? Oder würde sie rund um die Uhr einen Vormund brauchen und erwarten? Das war eine Rolle, die er auf keinen Fall spielen wollte. Er war auf die Insel gekommen, um Nick zu helfen, und war sozusagen in ein… Torfmoor geraten.
Qwilleran ging zu Harriets Familiencafé; er erwartete nicht, daß es offen war, hoffte aber, ihre letzte Unterhaltung fortsetzen zu können. Zwei Männer – ihre Cousins aus dem Dorf, wie sich herausstellte – brachten unter ihrer strengen Aufsicht Fensterläden an. Als sie Qwilleran sah, ging sie mit gemessenem Schritt und gequälter Miene auf ihn zu.
»Ist das nicht schrecklich mit dem Brand?« jammerte sie. »Wir mußten ihn dem Branddirektor melden. Er kommt aus dem Süden unten herauf, wenn jemand bei einem Feuer stirbt – oder wenn der Feuerwehrhauptmann Brandstiftung vermutet.«
»Aber Sie und die anderen Feuerwehrleute haben sich heldenhaft geschlagen, Harriet. Es hätte viel schlimmer kommen können.«
»Ich weiß, aber mir geht es ziemlich nahe, weil ich sie kannte. Ich habe June Leach mein ganzes Leben lang gekannt, und ich kenne ihren Vater.«
»June Leach? Ich dachte, sie hieß Halliburton.«
»Sie war einmal verheiratet. Die Ehe dauerte nicht lange. Ja, sie ist auf der Insel aufgewachsen und ging auf dem Festland in die High-School, wie ich, aber sie war wirklich klug. Hat erst in der neunten Klasse Klavierstunden genommen, und dann hörten wir auch schon, daß sie Musik unterrichtete und Klavierkonzerte gab. Dann wurde sie etwas eingebildet – wollte nicht, daß jemand erfuhr, daß sie von Providence Island war, aber sie hat ihre Mutter und ihren Vater oft besucht, und das rechne ich ihr hoch an!… Mein Gott! Sie waren so stolz auf ihre Tochter! Ihre Mutter ist schon tot, und ihr Vater muß einen Nervenzusammenbruch gehabt haben. Er tut mir schrecklich leid. Er ist Hausverwalter in The Pines.«
»Wohnt er im Pförtnerhaus?«
»Ja, so lange ich denken kann. June ist dort aufgewachsen- mit elektrischem Licht, Badezimmer, Telefon und all diesen Dingen.«
Jetzt stellte Qwilleran sich selbst Fragen und beantwortete sie auch gleich. Wollte June hier im Norden leben, um in der Nähe ihrer Eltern zu sein? Für so eine sentimentale Denkweise war sie zu spröde, zu weltlich eingestellt. Hat sie die ›Fünf Augen‹ wirklich gemietet, um ihre betagten Nachbarn nicht zu stören?… Oder damit sich ihr Vater über den Naturpfad herschleichen und sie besuchen konnte? Weder noch. Die Stimmen, die nach Einbruch der Dunkelheit herübergedrungen waren, waren nicht die Stimmen von Vater und Tochter. Es waren junge Stimmen, die schäkerten, einander neckten und lachten. Es hörte sich auch nicht nach einem Vorsprechen an.
»Möchten Sie Kaffee oder Eis?« fragte Harriet.
»Nein, vielen Dank. Ich bin nur hergekommen, um zu sehen, wie es Ihnen geht. Sie müssen ziemlich erschöpft sein, nachdem Sie die ganze Nacht auf waren. Haben Sie vor, während des Unwetters hierzubleiben?«
»Nein. Ich bleibe bei meiner Mutter im Dorf. Das wird ein schlimmes Unwetter! Meine Cousins bringen Fensterläden an, um das Glas zu schützen.«
Qwilleran drehte sich um, als wolle er gehen, und fügte dann, als wäre es ihm erst jetzt eingefallen, hinzu: »Der Brand ist der sechste Vorfall in weniger als drei Wochen, und der vierte, der ein Menschenleben gefordert hat. Wenn Sie eine Ahnung haben, wer darin
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