Die Katze im Taubenschlag
stellte Poirot mit ernster Miene fest. »Wer käme sonst noch infrage?«
»Zwei Dienstboten, die im Hause leben: Mrs Gibbons, die Köchin, und Doris Hogg. Aber ich halte es praktisch für ausgeschlossen, dass sie etwas mit dem Verbrechen zu tun hatten. Bleiben also nur noch Miss Rowan und Mademoiselle Blanche.«
»Und die Schülerinnen.«
»Halten Sie das wirklich für möglich?«, fragte Kelsey erstaunt.
»Offen gestanden – nein. Aber man darf keine Möglichkeit außer Acht lassen.«
Doch Kelsey ging nicht weiter darauf ein. Er fuhr fort:
»Miss Rowan ist seit über einem Jahr hier. Sie hat einen guten Ruf. Soviel ich weiß, hat sie sich nie etwas zu Schulden kommenlassen.«
»Damit bleibt uns also nur noch Mademoiselle Blanche.«
Es folgte ein längeres Schweigen.
»Wir haben keine Beweise. Auch ihre Referenzen scheinen echt zu sein«, erklärte Kelsey.
»Sie hat sich in alles eingemischt, aber das ist noch kein Beweis dafür, dass sie ein Verbrechen begangen hat«, sagte Adam.
»Einen Augenblick«, bat Kelsey. »Mir fällt eben etwas ein. Die Sache mit dem Schlüssel. Ich glaube, der Schlüssel zur Turnhalle fiel aus dem Schloss, sie hob ihn auf und vergaß ihn wieder zurückzustecken. Daraufhin machte die Springer ihr eine Szene.«
»Die Person, die plant, nachts in die Turnhalle zu gehen, um nach dem Tennisschläger zu suchen, brauchte einen Schlüssel«, griff Poirot den Faden auf. »Also musste sie sich ein Schlüsselduplikat verschaffen.«
»In diesem Fall wäre es töricht gewesen von Mademoiselle Blanche, den Zwischenfall Ihnen gegenüber zu erwähnen«, bemerkte Adam.
»Durchaus nicht«, erwiderte Kelsey. »Die Springer mochte über die Schlüsselsache gesprochen haben, und daher hielt die Blanche es für besser, sie ebenfalls zu erwähnen.«
»Auf jeden Fall wollen wir uns diesen Vorfall merken«, sagte Poirot. »Dann bliebe noch eine Möglichkeit: Julia Upjohns Mutter soll am Tag des Schuljahrsbeginns ein bekanntes Gesicht hier entdeckt haben. Sie war überrascht, die betreffende Person in Meadowbank wiederzusehen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Person mit dem Geheimdienst in Verbindung stand. Falls Mrs Upjohn bestätigen sollte, dass sie Mademoiselle Blanche erkannt hat, könnten wir das Verfahren mit ziemlicher Sicherheit einleiten.«
»Das ist leichter gesagt als getan«, seufzte Kelsey. »Wir haben uns vergeblich bemüht, sie in Anatolien zu finden. Leider macht sie keine organisierte Gruppenreise, sondern fährt mit dem gewöhnlichen Autobus nach Lust und Laune durch das Land. Wo soll man eine so unternehmungslustige Frau suchen? Man hat ja keine Ahnung, wo sie sich gerade aufhält.«
»Schwierige Situation«, stimmte Poirot zu.
»Und inzwischen sitzen wir hier fest«, sagte Kelsey. »Diese Französin kann Meadowbank und das Land ungehindert verlassen. Wir haben keine Beweise gegen sie in der Hand.«
Poirot schüttelte den Kopf. »Das wird sie nicht tun.«
»Da bin ich nicht so sicher.«
»Doch. Wenn man einen Mord begangen hat, vermeidet man es, Aufmerksamkeit zu erregen. Mademoiselle Blanche wird ruhig bis zum Ende des Schuljahrs hier bleiben.«
»Ich hoffe, Sie haben Recht.«
»Ich bin fest davon überzeugt. Und vergessen Sie nicht, dass die Person, die Mrs Upjohn gesehen hat, nicht weiß, dass sie gesehen worden ist«
Kelsey seufzte. »Wenn das alles ist…«
»Es gibt noch andere Dinge – Unterhaltungen zum Beispiel.«
»Unterhaltungen?«
»Wenn man etwas zu verbergen hat, sagt man früher oder später einmal zu viel.«
»Sie meinen, dass man sich verrät?«, fragte der Polizeichef skeptisch.
»Ganz so einfach ist es nicht. Man bemüht sich, nicht über das zu sprechen, was man verbergen muss. Aber oft sagt man zu viel über andere Dinge. Auch die Unterhaltungen unschuldiger Leute können interessant sein, da diese oft keine Ahnung haben, dass sie etwas Wichtiges wissen. Dabei fällt mir ein…« Poirot stand auf. »Ich bitte um Verzeihung, meine Herren. Ich muss sofort zu Miss Bulstrode, um sie zu fragen, ob hier jemand zeichnen kann.«
»Zeichnen?«
»Ja, zeichnen.«
»Na so was«, sagte Adam, nachdem Poirot hinausgegangen war. »Zuerst interessiert er sich für Jungmädchenknie, jetzt sucht er einen Zeichner. Was wird er sich als Nächstes ausdenken?«
Miss Bulstrode beantwortete Poirots Frage ohne ein Anzeichen des Erstaunens.
»Miss Laurie, unsere Zeichenlehrerin, ist heute nicht hier«, sagte sie. »Sie kommt nur einmal in der Woche.
Weitere Kostenlose Bücher