Die Katze namens Eisbär
versuchte ich, mich zu bilden, um Eisbär in die Schule nehmen zu können, und mußte mir anhören, daß Frauen und Kinder für diese Aufgabe weit besser geeignet waren. Zum Trost sagte ich mir, daß ich, da ich mit jeglicher Art von Statistik auf Kriegsfuß stand, vielleicht doch ein guter Gesprächspartner für Tiere werden konnte, auch wenn ich nur ein Mann war.
Ich teilte Mrs. Lydeckers Überzeugung, daß die meisten Erwachsenen bei der Kommunikation mit Tieren vor allem deshalb solche Schwierigkeiten haben, weil sie alle Handlungen und Reaktionen des Tieres einzig aus ihrer eigenen Sicht interpretieren und niemals versuchen, den Standpunkt des Tieres zu sehen.
»Wenn ein Hund im Park anfängt herumzuschnüffeln«, erklärte mir Mrs. Lydecker, »glauben wir im allgemeinen, er suche nach einem geeigneten Ort, um sein Geschäft zu machen. Das stimmt aber gar nicht. Er tut etwas ganz anderes – er liest die Tageszeitung.«
Sie war ferner felsenfest überzeugt davon, daß Tiere unsere Gedanken lesen können. Nach meinen persönlichen Erfahrungen mit Eisbär konnte ich ihr da nur zustimmen.
Ebenso der These, daß unsere Schwierigkeiten im Umgang mit Tieren vor allem daher kommen, daß wir nicht fähig sind, ihre Gedanken zu lesen. Mrs. Lydecker meinte, wir sollten versuchen, uns mit »Visualisieren« oder »mentalen Bildern« zu Behelfen. Für mich, erklärte sie, wäre es das beste, Eisbär in der Position zu fotografieren, die er einnahm, nachdem er einem meiner Befehle Folge geleistet hatte. Wollte ich ihn beispielsweise in der, wie sie es nannte, »Platz«-Position sehen, so sollte ich ihn in dieser Position fotografieren und mir das Bild dann einprägen, bis ich es klar und deutlich im Kopf hatte. Dann sollte ich das Foto wegwerfen. Mit etwas Übung werde es mir gelingen, das geistige Bild jederzeit heraufzubeschwören, und wolle ich das nächste Mal, daß er auf seinem Platz bleibe, so brauche ich mir nur dieses Bild vor Augen zu halten, wenn ich ihm den Befehl gab.
So, meinte Mrs. Lydecker, würde ich mit Eisbär gewissermaßen auf übersinnlichen Bahnen kommunizieren, und zwar in seiner eigenen Sprache. »Mit der Zeit«, sagte sie, »wird es Ihnen zur natürlichen Gewohnheit werden, mit ihm zu schwatzen.«
Ich konnte meinen nächsten richtigen »Schwatz« mit Eisbär kaum erwarten. Ehe Mrs. Lydecker ging, gab sie mir noch ein Beispiel aus der Welt ihrer besonderen Lieblinge, der Pferde.
»Wenn man ein Pferd dazu bringen möchte«, sagte sie, »ein bestimmtes Hindernis zu überspringen, visualisiert man das Pferd, wie es mit Leichtigkeit über das Hindernis hinwegsetzt.«
Die nächste Kapazität, an die ich mich in meinem Bemühen wandte, mich zu Eisbärs Lehrmeister auszubilden, war der bekannte englische Psychologe David Greene, Autor von Your Incredible Cat. Und siehe da, in dem Kapitel »Wie schnell lernt Ihre Katze« befaßte er sich tatsächlich mit Sprungtraining.
Dr. Greene schlug vor, man solle entweder einen Kinderreifen nehmen oder selbst aus einem »steifen Plastikschlauch und einer Wäscheklammer« einen Reifen konstruieren. Leider bin ich bei so etwas eine komplette Niete. Ich habe nie die Dinge im Haus, die alle anderen Leute offenbar immer sofort zur Hand haben, wenn sie etwas ausprobieren wollen; mir fehlten also natürlich der Plastikschlauch und die Wäscheklammer. Aber ich improvisierte: Ich nahm einfach einen Schlauch von meinem Fahrrad, und die Wäscheklammer ließ ich ganz weg.
Diesen Reifen brachte ich in der Türöffnung zur Küche an, blockierte die Freiräume rundherum und stellte dann Eisbär seinen Freßnapf wohlgefüllt auf die andere Seite. Er sprang durch den Reifen, wie von der Sehne geschnellt. Er machte seine Sache so gut, daß ich glaubte, auf sämtliche Zwischenschritte verzichten und gleich zur »Endphase«, wie Dr. Greene es nannte, des Intelligenztests übergehen zu können.
Allerdings durfte in dieser Phase Eisbär nicht mehr mit dem Freßnapf gelockt werden. Ich durfte, gemäß Dr. Greenes Anweisung, nur den Reifen hochhalten und »Komm!« rufen und dabei die freie Hand ausstrecken, als hätte ich eine Belohnung darin. Sinn der Übung sei es, schrieb er, diesen Befehl mit der erwünschten Handlung so fest zu verbinden, daß die Worte ausreichten, um das Tier zum Sprung zu veranlassen.
»Der Test ist abgeschlossen«, hieß es weiter, »wenn die Katze bei drei Befehlen mindestens zweimal korrekt den Reifen durchspringt.«
Eine Tabelle zur Feststellung des
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