Die Katze namens Eisbär
in der turbulenten Atmosphäre eines Filmateliers im Beisein zahlloser Fremder hätte produzieren müssen, so hätte ich der Filmgesellschaft nur raten können, vorher eine Katastrophenversicherung abzuschließen.
Aber ich machte mir von Anfang an nicht die Illusion, daß Eisbär den Eisbär spielen konnte. Ein Kater, der nicht einmal Wert darauf legte, zur Prominenz zu gehören, wenn ihm der Ruhm gewissermaßen auf dem Silbertablett angeboten wurde, hatte ganz gewiß keine Sehnsucht danach, ein Filmstar zu werden. Dennoch überkam mich ein Gefühl des Unbehagens, als ich sein Leben mit dem all dieser anderen Katzen verglich. Damit will ich nicht sagen, daß ich auch nur im mindesten unzufrieden mit ihm war. Nein, um mich ging es mir dabei – ausnahmsweise – überhaupt nicht; es ging mir einzig um ihn. Ich fragte mich ernsthaft, ob er nicht vielleicht etwas versäumte, das seinem Leben mehr Pfiff geben könnte. Zuviel Zeit, so schien mir, verbrachte er mit kleinen Nickerchen, die er nur sein ließ, wenn er sich richtig ausschlafen wollte.
Ohne groß zu überlegen und gewiß nicht mit dem Gedanken, ihn mit den anderen Katzen konkurrieren zu lassen, sondern nur, weil ich dachte, es würde ihm vielleicht Spaß machen, eines dieser Kunststücke zu lernen, beschloß ich, ihn in die Schule zu nehmen. Das einzige, was er in den langen Jahren seines Zusammenlebens mit mir gelernt hatte, war, an der Leine zu gehen – oder wenigstens dranzubleiben. Er konnte doch bestimmt noch etwas dazulernen.
Als erstes wollte ich mir einige gute Bücher zu dem Thema besorgen, und gleich das erste Buch, auf das ich stieß, schien mir sehr ermutigend. Es war The Complete Guide to Training Your Cat von Roy Berwick, und über dem Titel stand: »Wer sagt, daß man eine alte Katze keine neuen Tricks lehren kann?«
Eisbär durfte das nicht sehen – er reagiert auf das Wörtchen »alt« sehr empfindlich –, aber für mich, den reifen Lehrmeister, war diese Zeile, wie ich schon sagte, sehr ermutigend. Sie besagte doch klar und deutlich, daß man mit der Schulung einer Katze nicht in ihrer frühen Jugend anzufangen braucht.
Das zweite Buch, das ich entdeckte, von Paul und Jo Loeb, weckte ebenfalls Zuversicht. Es hieß You CAN train your Cat. Auch wenn das großgeschriebene »can« ein wenig trotzig anmutete, war die Gesamtwirkung doch eindeutig positiv.
Das dritte Buch jedoch, das mir in die Hände fiel, wirkte ziemlich bestürzend auf mich, zumindest vom Titel her. Es hieß nämlich Training You to Train Your Cat und war von einem Tierarzt namens Leon Whitney geschrieben. Nie wär ich auf den Gedanken gekommen, daß ich erst Schulung brauchen würde, um Eisbär in die Schule nehmen zu können. Anscheinend sollte mir hier von berufener Stelle beigebracht werden, wie ich mich mit einem Tier zu verständigen hatte, mit dem ich mich schon seit mehr als zehn Jahren glänzend verständigte. Aber um Eisbärs willen beschloß ich, mich der Mühe zu unterziehen.
Ein Buch über die Kunst der Kommunikation mit einem Tier brauchte ich nicht. Ich hatte das beste Buch zu diesem Thema seit langem in meinem Regal stehen. Meine Freundin Doris Day hatte es mir einmal geschenkt. Sie sagte mir damals, es sei ihr Lieblingsbuch, und ich weiß, daß es das heute noch ist. Es heißt Kinship with All Life, ist von J. Allen Boone und wurde schon 1954 veröffentlicht. Ich fand es nun, da ich es vielleicht mit einer Filmkatze zu tun bekommen würde, besonders interessant, weil es mit einem Filmhund begann. Der Hund war der berühmteste Filmhund aller Zeiten – bemerkenswerter als alle Rin Tin Tins und Lassies, die ihm folgten. Er hieß Strongheart und drehte seinen ersten Film, The Silent Call, bereits im Jahr 1921, zwei Jahre vor dem ersten Rin-Tin-Tin-Film und siebzehn Jahre vor dem ersten der vielen Lassie-Filme.
Es gab, im Gegensatz zu Rin Tin Tin und Lassie, nur einen Strongheart, aber der war ein großartiger Hund. Ursprünglich in Deutschland zum Polizeihund ausgebildet, wurde er als Dreijähriger von der Drehbuchautorin Jane Murphin und ihrem Mann, dem Regisseur Larry Trimble, nach Hollywood gebracht. Bis zu dem Tag, an dem Strongheart zum erstenmal vor der Kamera stand, hatte niemals ein Tier eine größere Filmrolle gespielt, doch schon mit seinem ersten Film, The Silent Call, wurde Strongheart über Nacht zum Star und Publikumsliebling. Während einer Pause zwischen zwei Filmen und mehr oder weniger durch Zufall erhielt Mr. Boone, Autor und
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