Die Katze namens Eisbär
haben, so daß es zwischen uns keine Mißverständnisse geben würde, geschah etwas Verrücktes: Hollywood rief, wie es so schön heißt.
Ich will der Reihe nach erzählen. Ich arbeitete an einem Artikel über den verstorbenen John Huston und wollte mich dazu natürlich mit seinen Kindern unterhalten. Mit Anjelica und Tony hatte ich schon gesprochen, aber Danny, der Regisseur, fehlte mir noch. Als ich ihn anrief, schlug er mir vor, noch am selben Tag bei ihm vorbeizukommen. Er sei gerade mit der Besetzung seines neuen Films beschäftigt und würde noch am Abend nach England fliegen.
Als ich bei ihm ankam, in einer riesigen Dachwohnung auf der Westseite von Manhattan, saß dort ein halbes Hundert Schauspieler und Schauspielerinnen herum, und alle waren in Drehbücher vertieft.
Ich nannte dem jungen Mann, der hier für Ordnung zu sorgen hatte, meinen Namen, schwatzte ein wenig mit einigen der Schauspieler, die mir bekannt waren, und setzte mich dann, um zu warten. Nach einiger Zeit öffnete sich die Tür, und mein Name wurde aufgerufen.
Im Zimmer, an einem langen Tisch, saßen Danny Huston, ein Produzent, sein Assistent und der Aufnahmeleiter, der für die Komparserie zuständig war. Hinter ihnen saß noch ein halbes Dutzend anderer Leute, die wohl bei der Besetzung der verschiedenen Rollen ebenfalls ein Wörtchen mitzureden hatten.
Vor dem Tisch stand ein einziger Hocker. Mein Platz, schloß ich scharfsinnig und setzte mich. Etwas enttäuscht, daß es das Zweiergespräch mit Danny, wie es mir vorgeschwebt hatte, offensichtlich nicht geben würde, rettete ich mich zunächst einmal in einen Scherz. Ich klopfte mit meinem Spazierstock heftig auf den Boden und sagte: »Das ist wirklich unerhört. Jeder da draußen hat ein Drehbuch, nur ich nicht. Ich weiß nicht einmal, für welche Rolle ich vorgesehen bin. Ich weiß nicht einmal, ob dieser verdammte Film eine Komödie oder eine Tragödie werden soll. Aber eines weiß ich, ganz gleich, was es für eine Rolle ist, ich kann sie spielen.«
Allgemeines Unbehagen machte sich breit. An meine Scherze müssen sich die Leute immer erst gewöhnen – das ist das Problem. Zwei Männer in der hinteren Reihe standen sogar auf und kamen auf mich zu, als hätte jemand nach einem Rausschmeißer gerufen.
Aber Danny hielt sie zurück. »Machen Sie das noch mal«, sagte er zu mir.
Ich mache meine Witzchen nicht gern zweimal. Die meisten halten das nicht aus. Aber noch weniger gern habe ich es, wenn mein Esprit auf taube Ohren trifft. Darum, in der Annahme, Danny sei vielleicht ein wenig schwerhörig, sagte ich noch einmal mit gehöriger Lautstärke meinen Text auf. Diesmal stand Danny selbst auf, sagte den anderen, es sei Zeit für eine kurze Pause, und bedeutete mir, um den Tisch herumzukommen. Danach saßen wir einige Zeit beisammen und unterhielten uns über seinen Vater. Ich machte mir einige Notizen und zog nach angemessener Zeit befriedigt wieder ab.
Mehrere Wochen später, als ich gerade in Kalifornien war, rief mich eines Tages Marian aufgeregt an.
»Raten Sie mal, was passiert ist«, sagte sie.
Ihr Ton verriet mir, daß es sich um etwas Erfreuliches handelte, und ich tippte hoffnungsfroh auf ein Millionenvermächtnis für unseren Tierschutz-Fonds.
»Nein, falsch.«
Meine nächste Vermutung war, daß man eine Katze gefunden hatte, die den Eisbär spielen sollte.
»Auch falsch«, freute sich Marian. »Sie selbst sollen spielen – aber nicht den Eisbär, sondern eine Rolle in einem neuen Film.«
Ich meinte, das könnte nur ein Witz sein.
»Es ist kein Witz«, sagte Marian. »Sie haben die Rolle.«
»Welche Rolle?« wollte ich wissen.
»In einem neuen Film mit dem Titel Mr. North «, erklärte Marian. »Sie spielen einen alten Butler.«
»Einen reifen Butler«, korrigierte ich automatisch, aber Marian ging darauf gar nicht ein. Ich müsse am Dienstag in einer Woche in Newport, Rhode Island, sein, sagte sie und erzählte mir dann, es handle sich um eine Verfilmung von Thornton Wilders letztem Roman, Theophilus North . Die Hauptrolle spiele John Huston, Regie führe Danny Huston. Man habe das Drehbuch bereits herübergeschickt. Ob ich wüßte, wie mein erster Satz lautete.
»Keine Ahnung«, sagte ich.
»Also – Sie schlafen, und da macht jemand eine Bemerkung über Newport. An der Stelle wachen Sie auf, klopfen mit Ihrem Stock auf den Boden und sagen: ›Verdammtes Newport! Keine Frau hat hier je ein Konzert von Anfang an gehört oder ein Buch bis zum Ende
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