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Die Katze riecht Lunte

Die Katze riecht Lunte

Titel: Die Katze riecht Lunte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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»Braves Mädchen.«
    Harry scheuchte Mrs Murphy, Pewter und Tucker in den Transporter. Sie hörte Mim sagen: »Tante Tally, warum würde irgendjemand sein Flugzeug in deiner Scheune abstellen?«
    »Um mir auf meine alten Tage ein bisschen Aufregung zu gönnen.«

 
21
     
    Am Abend spazierte Harry zu dem Bach, der ihr Grundstück von Blair Bainbridges Anwesen trennte. Ein leises Schlurpsen begleitete jeden Schritt. Pewter hob in regelmäßigen Abständen die Pfoten und schüttelte sie.
    »Neulich Abend war es viel schlimmer«, bemerkte Mrs Murphy leichthin.
    »Ich werde die halbe Nacht damit zubringen müssen, meine Füße zu säubern.«
    »Halt sie unter den Wasserhahn«, witzelte der Hund.
    »Niemals.« Pewter schüttelte abermals ihre Pfoten.
    Am Bach blieb Harry stehen. Die Sonne ging unter und bekrönte die Berge mit rosa, golddurchwirkten Wolken.
    Tucker setzte sich.
    »Hier setz ich mich nicht hin«, jammerte Pewter.
    »Du bist schlecht gelaunt. Wahrscheinlich hast du einen Bandwurm.«
    »Hab ich nicht!« Die Katze schlug nach dem Hund, der lachte.
    »Du hast gut reden.« Mrs Murphy konnte die monatlichen Wurmtabletten nicht ausstehen, aber sie wirkten. Sie wusste, dass Tucker manchmal mogelte und ihre Tabletten ausspuckte. Dann fühlte sie sich nicht wohl, Harry entdeckte Anzeichen von Spulwürmern, und dann musste Tucker eine gehörige Dosis Medizin schlucken.
    Harry nahm den Sonnenuntergang und das Quaken von Fröschen in sich auf. Sie betrachtete ihre Tiere; es war unheimlich: als hätten sie gewusst, wo das Flugzeug versteckt war.
    Es ging Harry durch den Kopf, dass, wer immer Tommy Van Allens Flugzeug untergestellt hatte, sich nicht darüber freuen würde, dass sie es entdeckt hatte. Aber irgendjemand hätte es auf jeden Fall gefunden. Sie nahm nicht an, dass sie in der Schusslinie war.
    Das konnte man von Sir H. Vane-Tempest nicht behaupten.
    »Die Rechnung geht einfach nicht auf«, dachte sie laut.
    »Das ist nicht unser Problem.« Pewter war der Meinung, dass der Sonnenuntergang die Abendbrotzeit einläutete. Sie wandte das Gesicht dem fernen Haus zu und hoffte, dass Harry den Wink aufnahm.
    Stattdessen kletterte Harry auf den mächtigen Walnussbaum. Mrs Murphy schloss sich ihr an, Pewter ebenso.
    »Und was soll ich tun?«, winselte der Hund am Fuß des Baums.
    »Auf uns aufpassen, Tucker«, sagte Mrs Murphy.
    »Könnte nötig sein«, knurrte der Hund, »und damit du’s nicht vergisst, Egoistin aller Zeiten, ich hab den Rotluchs gejagt.«
    »Stimmt. Ich bin dir wirklich dankbar.«
    »Wie oft klettern Menschen auf Bäume?« Pewter sah Harry dabei zu, wie sie, auf einem niedrigen breiten Ast sitzend, mit den Beinen baumelte.
    »Nicht sehr oft. Wenn sie älter werden, tun sie’s gar nicht mehr, glaube ich«, antwortete Mrs Murphy. »Man sieht so viel von hier oben. Man sollte meinen, sie würden es immerzu tun wollen.«
    »Keine Krallen. Muss ihnen schwerfallen.« Pewter hielt ihre Krallen gefährlich scharf.
    »Alles fällt ihnen schwer. Darum sind ihre Religionen voller Furcht. Ihr wisst schon, Höllenfeuer und Verdammnis und so.«
    »Und hinausgestoßen werden in die Finsternis.« Tucker stimmte der Tigerkatze zu.
    »Wenn sie im Dunkeln so gut sehen könnten wie wir, dann wären ihre Götter dunkle Götter.« Mrs Murphy bedauerte die Menschen wegen ihrer weit gefächerten Skala von Ängsten.
    »Wenn sie Fledermäuse wären, dann wären ihre Götter Töne.« Tucker litt nicht unter religiösen Angstvorstellungen. Sie wusste sehr wohl, dass ein Corgi über das Universum herrschte, und sie ignorierte die blasphemischen Verweise der Katzen auf ein himmlisches Katzenwesen.
    »Was glaubt ihr, wie lange Harry leben wird?« Pewter rieb sich an dem knorrigen Baumstamm.
    Die Rinde der schönen Walnussbäume war für Katzen genau richtig, um ihre Krallen daran zu schärfen – und es tat auch wohl, sich daran zu reiben.
    »Sie ist zäh. Sie wird über achtzig, würde ich sagen, vielleicht lebt sie so lange wie Tally Urquhart«, antwortete Mrs Murphy.
    »Aber warum haben die Menschen dann eigentlich Angst? Sie leben viel länger als wir.«
    »Nee, das scheint nur so.« Tucker kicherte.
    Die Katzen lachten.
    Mrs Murphy betrachtete Harry, die vor sich hin summte und mit den Beinen baumelte, während sie sich an dem langsamen Wechsel der Farben von Rosa zu Lachs zu Blutrot, durchsetzt mit grauen Streifen, erfreute. Murphy liebte diesen Menschen aufrichtig und wünschte, Harry könnte mehr wie eine Katze sein.

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