Die Katze
überlasse?«
»Hältst du das wirklich für klug?«
»Ich nehme an, das werden wir in zwanzig Jahren erfahren, wenn sie ihr Jetzt-rede-ich-Buch schreiben.«
»Bist du dir wirklich sicher, Anne? Du hast mir gesagt, A. J. würde die Kinder nur benutzen, um mehr Unterhalt zu erpressen.«
»Tja, nun, der Plan hat wohl nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hat.«
»Ich denke wirklich, dass du noch einmal darüber nachdenken solltest...«
»Und ich denke, das geht dich wirklich nichts an.«
»Seit wann gehst du mich nichts an?«
»Schon seit langem«, erinnerte Anne sie.
»Wir sind immer noch Schwestern«, erinnerte Charly sie ihrerseits.
»Okay, komm mir nicht sentimental. Das passt überhaupt nicht zu dir, Charley. Was ist los?«
»Nichts ist los. Ich will bloß nicht, dass du etwas machst, was du später bereust. Wie Tiffany in Denk an die Liebe «, fügte sie hinzu und verdrehte die Augen. Hatte sie gerade wirklich das Buch ihrer Schwester als Beispiel benutzt?
Anne lachte, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Hör mal, es gibt nichts, worüber du dir Sorgen machen musst. A. J. ist ein toller Vater. Er kann viel besser mit den Kindern umgehen als ich. Er wird sich gut um sie kümmern.«
»So wie Dad um uns?«
»Dad hat sich um uns gekümmert, Charley. Ich meine, er war vielleicht nicht der warmherzigste Mensch der Welt...«
»Warm?«, unterbrach Charley sie. »Er war nicht mal lau.«
»Er hat sein Bestes gegeben.«
»Er hat so wenig wie irgend möglich gegeben.«
»Du hast ihm nicht viele Chancen gegeben.«
»Ich habe ihm alle Chancen der Welt gegeben. Ich war nicht diejenige, die den Kontakt abgebrochen hat.«
»Er hat sich verraten gefühlt, Charley.«
»Inwiefern habe ich ihn verraten? Weil ich nach zwanzig Jahren eingewilligt habe, unsere Mutter zu treffen?«
»Siehst du sie immer noch?«
»Warum sollte ich nicht? Warum sollte ich mich zwischen den beiden entscheiden müssen?«, fragte Charley.
»Weil es eben so ist.«
»Es muss nicht so sein.«
»Du hast ihm keine andere Wahl gelassen.«
»Das ist doch lächerlich. Wir haben alle die Wahl.«
»Richtig. Und du hast deine getroffen, er seine und ich meine. Können wir es nicht dabei belassen?«
»Könntest du bitte wenigstens noch einmal darüber nachdenken, bevor du dich endgültig entscheidest?«
»Glaub mir, ich habe sehr viel darüber nachgedacht. Ich verlasse meine Kinder nicht, Charley. Es ist schließlich nicht so, als würde ich nach Australien durchbrennen«, fügte sie spitz hinzu.
Zwanzig Jahre Traurigkeit füllten den Raum zwischen ihnen.
»Okay«, lenkte Charley ein.
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Alles läuft super. Mein Buch verkauft sich wie warme Semmeln. Ich habe gerade einen Multi-Millionen-Dollar-Vertrag für drei weitere unterschrieben. Meine Lesereise ist ein Riesenerfolg. Letzte Woche in Kansas City sind vierhundert Leute gekommen, was absolut erstaunlich ist.«
Erstaunlich, wiederholte Charley stumm und sah Alex vor sich, der sie anlächelte.
»Und am Montag in Atlanta noch einmal fast genauso viele. Morgen geht’s nach Denver, dann weiter nach L. A. und San Francisco.«
»Und wann kommst du nach Florida?«
»Sieht so aus, als wäre ich Samstag in einer Woche in Palm Beach, ich glaube, das ist der 3. März. Wahrscheinlich habe ich nachmittags noch eine Signierstunde, und meine Presse-Agentin versucht den Sonntagnachmittag für die Geschichte mit People festzumachen. Und wenn du jetzt sagst: ›Welche Geschichte mit People ?‹, muss ich dich möglicherweise erschießen.«
Charley notierte die Daten. »Okay, dann essen wir am Samstagabend zusammen?«
Schweigen.
»Anne? Abendessen bei mir am Samstag?«
»Gut«, antwortete Anne knapp. »Ich melde mich nächste Woche.«
»Pass auf dich auf«, erklärte Charley ihrer Schwester.
»Du auch.«
Charley wartete, bis ihre Schwester die Verbindung beendete, bevor sie auflegte. Sie starrte minutenlang die Bilder ihrer Kinder auf ihrem Monitor an und versuchte sich vorzustellen, sie freiwillig aufzugeben. Unmöglich.
Sie öffnete ein neues Dokument, eine leere Seite füllte den Bildschirm. WEBB SITE tippte sie als Überschrift, gab ein paar Leerzeilen ein und begann den ersten Absatz. Ich habe in letzter Zeit viel über Familien nachgedacht. Meine eigene und die anderer Menschen. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie in der Tat wundersame Gebilde sind, stabile Patchwork-Decken, zusammengehalten von den zartesten und feinsten
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