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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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Satzzeichen konnten es auch nicht sein. Schreiber wütender E-Mails neigten dazu, jeden ihrer Sätze für so bedeutend zu halten, dass sie den inflationären Einsatz von Großbuchstaben und Ausrufezeichen rechtfertigen. Es lag auch nicht am persönlichen Ton der Anwürfe. Eine Frau, die ihrem jüngsten Intimwaxing tausend Wörter gewidmet hatte, musste mit persönlichen Attacken rechnen. Manche - darunter auch etliche Kollegen - waren vermutlich der Ansicht, dass sie es geradezu darauf anlegte, die Leute zu provozieren. Und dass sie es letztlich nicht anders verdient hätte.
    Und vielleicht hatten sie sogar recht.

    Charley zuckte die Achseln. Sie war an Kontroversen und Kritik ebenso gewöhnt wie daran, als inkompetent und oberflächlich abgestempelt zu werden. Dass ihre Motive und ihre Seriosität angezweifelt wurden, dass man giftige Kommentare über ihr Aussehen machte, war ebenfalls nichts Neues. Gleichzeitig wurde ihr genauso regelmäßig vorgeworfen, ihre Kolumne überhaupt nur wegen ihres guten Aussehens bekommen zu haben. Oder weil eine ihrer berühmteren Schwestern ihre Beziehungen hatte spielen lassen. Oder weil ihr Vater, ein hochgeachteter Professor für englische Literatur in Yale, seinen Einfluss geltend gemacht hatte.
    Sie war es gewohnt, als schlechte Tochter, noch schlechtere Mutter und furchtbares Vorbild hingestellt zu werden. Doch derlei Schmähungen perlten für gewöhnlich an ihr ab. Was an dieser speziellen E-Mail ließ sie also zwischen Lachen und Weinen schwanken? Warum fühlte sie sich plötzlich so verdammt verletzlich?
    Vielleicht hatte sie immer noch an der Kolumne vom vergangenen Sonntag zu knapsen. Ihre Nachbarin Lynn Moore, die ein paar Häuser weiter in der vormals heruntergekommenen und jetzt schon fast wieder schicken kleinen Straße in der Innenstadt von West Palm Beach wohnte, hatte sie kurz vor Weihnachten zu einer sogenannten Passion Party eingeladen. Dahinter verbarg sich eine Variante der guten alten Tupperparty mit dem Unterschied, dass statt strapazierfähiger Plastikbehälter Dildos und Vibratoren vorgestellt wurden. Charley hatte sich beim Hantieren mit den diversen objets und bei der blumigen Präsentation, mit der die Passion-Vertreterin ihre Waren angepriesen hatte, köstlich amüsiert - »Und diese unscheinbare kleine Perlenkette, meine Damen, wirkt, wie ich Ihnen versichern kann, wahre Wunder! Ich sage nur multipler Orgasmus! Das ist mal ein Weihnachtsgeschenk, an dem man das ganze Jahr Freude hat!« - und den Abend einen Monat später in ihrer Kolumne genüsslich ausgeweidet.

    »Wie konntest du das tun?«, hatte Lynn am Tag des Erscheinens persönlich zu wissen verlangt. Sie stand auf der Stufe vor Charleys winzigem Bungalow, Charleys Kolumne in ihrer geballten Faust zusammengeknüllt, die Finger um Charleys Hals auf dem Foto. »Ich dachte, wir wären Freundinnen.«
    »Wir sind Freundinnen«, hatte Charley protestiert, obwohl sie in Wahrheit wohl eher gute Bekannte als echte Freundinnen waren. Echte Freundinnen hatte Charley nicht.
    »Und wie konntest du dann so etwas tun?«
    »Das verstehe ich nicht. Was habe ich denn gemacht?«
    »Das verstehst du nicht?«, hatte Lynn ungläubig wiederholt. »Du weißt nicht, was du getan hast? Du hast mich gedemütigt, das hast du getan. Du hast mich als eine Sex-verrückte Idiotin hingestellt. Mein Mann ist außer sich, meine Schwiegermutter in Tränen aufgelöst. Meine Tochter weiß vor Verlegenheit nicht wohin mit sich. Das Telefon steht den ganzen Morgen nicht still.«
    »Aber ich habe doch nicht geschrieben, dass du es bist.«
    »Das war auch gar nicht nötig. Meine Gastgeberin «, zitierte Lynn aus dem Gedächtnis, » eine Brünette Mitte vierzig in engen Capri-Hosen und High Heels, trägt lackierte Fingernägel - vier Zentimeter lang und mit kleinen Straßsteinchen beklebt - und wohnt in einem charmanten, mit weißem Holz verkleideten Haus. Die frisch geschnittenen Blumen stammen aus ihrem prachtvollen Garten. Auf dem sauber gemähten Rasen vor dem Haus steht ein Mast, an dem eine große amerikanische Fahne weht . Himmel, wer mag das wohl sein?«
    »Das könnte jeder sein. Ich finde, du reagierst überempfindlich.«
    »Ach wirklich? Ich reagiere überempfindlich? Ich lade dich zu einer Party ein, stelle dich meinen Freundinnen vor, schenke dir nicht nur ein, sondern mehrere Gläser Champagner aus …«
    »Mein Gott, Lynn, was hast du erwartet?«, unterbrach
Charley sie, ärgerlich, dass sie sich verteidigen musste. »Ich

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