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Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen

Titel: Die Katzen von Ulthar: Und andere Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Detektive aus Boston sagten, daß die eingestürzten Balken des alten Carterschen Hauses sonderbar durchstöbert wirkten, und jemand entdeckte auf dem felsdurchfurchten, sinister bewaldeten Hang hinter den Ruinen nahe der gefürchteten Höhle, die Schlangengrube genannt wird, ein Taschentuch.

    Damals lebten die Legenden über die Schlangengrube wieder auf. Farmer flüsterten von den blasphemischen Zwecken, zu denen der alte Hexenmeister Edmund Carter diese entsetzliche Grotte benutzt hatte, und später fügten sie noch Geschichten darüber hinzu, wie sehr sich Randolph Carter als Junge von ihr angezogen fühlte. In Carters Jugend stand die alte Heimstatt mit dem Walmdach noch, und sein Großonkel Christopher bewohnte sie. Er war dort oft zu Besuch gewesen und hatte ganz seltsam von der Schlangengrube gesprochen. Die Leute entsannen sich, was er über einen tiefen Spalt und eine unbekannte, dahinterliegende Höhle gesagt hatte, und sie spekulierten über die Veränderung, die er zeigte, nachdem er im Alter von neun Jahren einen ganzen, denkwürdigen Tag in der Höhle zugebracht hatte. Das war auch im Oktober gewesen und seither schien er die unheimliche Fertigkeit besessen zu haben, Zukünftiges zu weissagen.

    Spät in jener Nacht, da Carter verschwand, hatte es geregnet, und niemand war imstande, seine beim Wagen beginnenden Fußspuren weiterzuverfolgen.

    Das Innere der Schlangengrube hatte sich durch das reichlich eingesickerte Wasser zu amorphem, flüssigem Schlamm verwandelt. Nur die einfältigen Bauern flüsterten von den Abdrücken, die sie dort zu entdecken glaubten, wo die mächtigen Ulmen über die Straße hingen, und auch auf der sinistren Hügelflanke nahe der Schlangengrube, wo das Taschentuch gefunden wurde. Wer konnte denn auch Munkeleien ernst nehmen, die von kleinen, kräftigen Fußspuren sprachen, die genauso aussahen wie jene, die Randolph Carters breitkappige Stiefel hinterließen, als er ein kleiner Junge war. Das klang genauso verrückt wie jenes andere Gerücht daß die Abdrücke der eigentümlich absatzlosen Stiefel des alten Benijah Corey den kleinen, kräftigen Spuren auf der Straße begegnet wären. Der alte Benijah hatte in Randolphs Kindheit bei Carters als Dienstbote im Lohn gestanden; aber er war vor dreißig Jahren gestorben.

    Es müssen diese Gerüchte gewesen sein, die zusammen mit Carters eigener, Parks und anderen gegenüber geäußerter Behauptung, jener Silberschlüssel mit den merkwürdigen Arabesken würde ihm helfen, die Tore zu seiner verlorenen Kindheit zu öffnen eine Anzahl von Gelehrten der Mystik zu der Erklärung veranlaßten, der Vermißte hätte in Wahrheit den Weg der Zeit rückwärts beschritten, und sei durch fünfundvierzig Jahre zu jenem anderen Oktobertag des Jahres 1883 zurückgekehrt, den er als kleiner Junge in der Schlangengrube verbracht hatte. Als er die Höhle in besagter Nacht verließ, hätte er, so meinten sie, irgendwie die ganze Reise ins Jahr 1928 und wieder zurück gemacht; denn hatte er seither nicht Kenntnis von Dingen besessen, die später geschahen? Und doch hatte er nie über Ereignisse gesprochen, die nach 1928 lagen.

    Ein Gelehrter ein ältlicher Exzentriker aus Providence, Rhode Island, der sich einer langen und eingehenden Korrespondenz mit Carter erfreut hatte hegte eine noch elaboriertere Theorie, und glaubte, daß Carter nicht nur in seine Jugend zurückgekehrt war, sondern überdies noch die Freiheit gewonnen hatte, nach Belieben durch die prismatischen Ansichten seiner Jugendträume zu streifen. Nach einer sonderbaren Vision veröffentlichte dieser Mann eine Geschichte über Carters Verschwinden, in der er andeutete, daß der Vermißte jetzt als König auf dem Opalthron von Ilek-Vad regiere, jener fabulösen Stadt der Türmchen, oben auf den hohlen Glasklippen, die das Dämmermeer überschauen, worin die bärtigen und flossenbewehrten Gnorri ihre einzigartigen Labyrinthe anlegen.

    Es war dieser alte Mann, Ward Phillips, der sich am lautstarksten der Aufteilung von Carters Besitz unter dessen Erben alles entfernte Cousins widersetzte, mit der Begründung, daß er in einer anderen Zeitdimension noch immer lebe und sehr wohl eines Tages zurückkehren könne. Gegen ihn standen die juristischen Fähigkeiten von Emest B. Aspinwall aus Chicago, einem der Cousins; er war zehn Jahre älter als Carter, aber bei Schlachten im Gerichtssaal hitzig wie ein Jugendlicher. Vier Jahre hatte der Streit getobt, doch nun war der Zeitpunkt der

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