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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
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Kindheit und Unschuld wegwarf.
    Inmitten dieses Chaos aus Heuchelei und Unrast bemühte sich Carter, ein Leben zu führen, wie es einem Mann mit scharfem Verstand und guten Erbanlagen geziemte. Da seine Träume unter dem Spott des Zeitalters 96
    verwelkten, konnte er an nichts glauben, und nur die Liebe zur Harmonie ließ ihn die Sitten seines Geschlechts und Standes wahren. Er schritt unbewegt durch die Städte der Menschen und seufzte, weil ihm kein Anblick völlig real schien, und weil ihn jeder Sonnenstrahl, der auf hohen Dächern blitzte und jeder flüchtige Blick, den er aufgeländerumsäumte Plazas im ersten abendlichen Lampenschein warf, nur an Träume erinnerte, die er einst gekannt hatte und Heimweh nach ätherischen Ländern empfinden ließ, die er nicht länger zu finden verstand. Reisen geriet zum blanken Hohn; und sogar der Weltkrieg berührte ihn kaum, obwohl er vom ersten Tag an in der französischen Fremdenlegion diente. Eine Zeitlang bemühte er sich um Freunde, doch bald schon wurde er der Rohheit ihrer Gefühle und der Eintönigkeit und Weltlichkeit ihrer Visionen überdrüssig. Irgendwie war er froh, daß alle seine Verwandten weit fort lebten und keinerlei Verbindung zu ihm unterhielten, denn sie würden sein geistiges Leben nicht verstanden haben. Das heißt, nur sein Großvater und sein Großonkel Cristopher hätten dies gekonnt, und die waren lange tot.
    Dann begann er Bücher zu schreiben, womit er aufgehört hatte, als seine Träume zum erstenmal ausblieben. Doch auch hierin fand er weder Befriedigung noch Erfüllung; denn auf seinem Geist lag ein Hauch des Irdischen, und er vermochte nicht, an schöne Dinge zu denken, so wie er es vormals gekonnt hatte. Ironie riß alle Zwielichtminarette nieder, die er erbaute, und die irdische Furcht vor dem Unmöglichen verdorrte alle delikaten und erstaunlichen Blumen seiner Feengärten. Die Konvention, Mitleid zu heucheln, goß Empfindsamkeit über seine Figuren, während der Mythos einer wichtigen Realität und bedeutender menschlicher Ereignisse und Gefühle seine ganzen hohen Phantasien zu dürftig verschleierten Allegorien und billigen Gesellschaftssatiren erniedrigte. Seine neuen Romane hatten mehr Erfolg als seinen alten jemals beschieden war; und da er wußte, wie nichtig sie sein mußten, um einer nichtigen Masse zu gefallen, verbrannte er sie und schrieb nicht mehr. Es waren ganz reizende Romane, in denen er sich weltmännisch über die Träume amüsierte, die er mit leichter Hand skizzierte; aber er merkte, daß ihnen ihre Spitzfindigkeiten alles Leben ausgesaugt hatten.
    Erst dann pflegte er die Kunst der vorsätzlichen Illusion und behängte sich, um ein Gegenmittel gegen die Alltäglichkeit zu gewinnen, mit den Ideen des Bizarren und Exzentrischen. Die Mehrzahl davon offenbarte jedoch bald ihre Armut und Schäbigkeit; und er stellte fest, daß die populären Doktrinen des Okkultismus genauso trocken und unflexibel sind, wie jene der Wissenschaft, und nicht einmal das Palliativ der Wahrheit besitzen, um sie erträglich zu machen. Grobe Dummheit, Unredlichkeit und verworrenes Denken haben mit dem Traum nichts gemein und bieten einem über ihr Niveau hinausgebildeten Geist keinen Fluchtweg aus dem Leben. Deshalb kaufte Carter seltsamere Bücher und suchte abgründigere und schrecklichere Männer von phantastischer Gelehrsamkeit auf; er grub sich in verborgene Winkel des Bewußtseins ein, von denen nur wenige Kenntnis haben, und er erfuhr viele Dinge über die geheimen Abgründe des Lebens, der Legenden und der unsterblichen Vorzeit, die seither nie aufhörten ihn zu beunruhigen. Er beschloß, sein Leben ungewöhnlicher zu gestalten und stellte die Einrichtung seines Bostoner Hauses auf seine wechselnden Stimmungen ab; für jede ein extra Raum in angemessenen Farben tapeziert, mit passenden Büchern und Gegenständen ausgestattet und mit den Quellen für die entsprechenden Licht−, Wärme−, Klang−, Geschmack− und 97
    Geruchsempfindungen versehen.
    Ein andermal erfuhr er von einem gewissen Mann im Süden, der wegen der blasphemischen Dinge, die er in prähistorischen Büchern und auf aus Indien und Arabien eingeschmuggelten Tontäfelchen las, gemieden und gefürchtet wurde. Diesen Mann suchte er auf, lebte mit ihm und teilte sieben Jahre seine Studien, bis sie eines Mitternachts auf einem unbekannten und archaischen Friedhof das Grauen überfiel, und nur einer von beiden das Gräberfeld wieder verließ. Dann kehrte er nach Arkham, der

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