Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H.P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
umfangreich und enthielt nur die seltsamen, mit einem antiken Schilfrohr geschriebenen Hieroglyphen einer unbekannten Sprache. Carter erkannte in den Zeichen jene wieder, die er auf einer bestimmten Papyrusrolle gelesen hatte, die sich im Besitz jenes fürchterlichen Gelehrten aus dem Süden befand, der eines Mitternachts auf einem namenlosen Friedhof verschwunden war. Der Mann hatte stets gebebt, wenn er in dieser Rolle las, und jetzt bebte Carter. .
    Aber er putzte den Schlüssel blank und behielt ihn nachts in dem duftenden Kasten aus alter Eiche bei sich. Seine Träume gewannen unterdessen an Lebhaftigkeit, und obwohl sie ihm keine der fremdartigen Städte und unglaublichen Gärten aus vergangenen Tagen zeigten, nahmen sie doch eine bestimmte Gestalt an, deren Sinn nicht mißzuverstehen war. Sie riefen ihn über die Jahre zurück und zogen ihn mit dem vereinten Willen aller seiner Vorväter zu einem verborgenen Ursprung. Da wußte er, daß er in die Vergangenheit gehen und sich mit den alten Dingen verschmelzen mußte; und Tag für Tag dachte er an die Berge im Norden, wo das verhexte Arkham und der rauschende Miskatonic und die einsame, schlichte Heimstatt seiner Familie lagen. In der brütenden Hitze des Herbstes schlug Carter den alten vertrauten Weg ein, vorüber an den gefälligen Konturen welligen Hügellandes und steinumfriedeter Wiesen, entlegener Täler und abschüssiger Waldungen, gewundener Straßen und behaglicher Gehöfte und der Kristallbiegungen des Miskatonic, den hier und dort rustikale Brücken aus Holz oder Stein überspannten. In einer Flußkrümmung sah er die Gruppe gigantischer Ulmen, zwischen denen einer seiner Vorfahren vor eineinhalb Jahrhunderten auf sonderbare Weise verschwunden war, und er erschauerte, als der Wind bedeutungsvoll in ihnen rauschte. Dann kam das zerfallene Farmhaus von Goody Fowler, der alten 99
    Hexe, mit seinen kleinen, schlimmen Fenstern und dem großen Dach, das auf der Nordseite beinahe bis auf den Boden hing. Er beschleunigte seinen Wagen, als er daran vorbeifuhr, und verlangsamte das Tempo erst wieder, als er den Hügel erklommen hatte, wo seine Mutter und vor ihr ihre Ahnen geboren worden waren, und wo das alte, weiße Haus noch immer stolz über die Straße hinüberblickte auf das atemberaubend schöne Panorama des felsigen Hanges und grünenden Tals mit den fernen Helmdächern von Kingsport am Horizont und der Andeutung der archaischen, traumbeladenen See im fernsten Hintergrund.
    Dann erhob sich der steilere Hang, auf dem das alte Cartersche Anwesen stand, das er über vierzig Jahre nicht gesehen hatte. Der Nachmittag war lange vorbei, als er den Fuß des Hügels erreichte, und bei der Kurve auf halber Höhe machte er halt, um die ausgebreitete Landschaft genau zu mustern, die in den schräg einfallenden, magischen Lichtfluten, die eine abendliche Sonne über sie goß, golden und glorreich unter ihm lag. Alle Fremdheit und Erwartungsspannung seiner jüngsten Träume schien in dieser stillen und unirdischen Landschaft gegenwärtig, und er dachte an die unbekannten Einsamkeiten anderer Planeten, während seine Augen die samtenen und verlassenen Rasengründe aufspürten, die zwischen ihren eingesunkenen Mauern wogend leuchteten, und die feenhaften Waldflecken, die sich von endlos in die Ferne laufenden Purpurhügelketten abhoben, und das geisterhaft bewaldete Tal, das sich im Schatten zu feuchten Senken hinabzog, wo rieselnde Wasser zwischen geschwollenen und verrenkten Wurzeln gurgelnd wehklagten.
    Irgend etwas vermittelte ihm das Gefühl, daß Motoren nicht in jenes Reich gehörten, wonach er suchte, und deshalb stellte er seinen Wagen am Waldsaum ab, steckte den großen Schlüssel in die Manteltasche und schritt den Hügel hinauf. Der Wald umringte ihn jetzt von allen Seiten, obgleich er wußte, daß das Haus auf einer hohen Kuppe erbaut war, die, außer auf der Nordseite, alle Baumwipfel überragte. Er fragte sich, wie es wohl aussehen würde, denn seit dem Tode seines sonderbaren Großonkels Christopher vor dreißig Jahren hatte es wegen seiner Nachlässigkeit leer und unbeaufsichtigt gestanden. In seiner Knabenzeit hatte er hier lange zu Besuch geweilt und in den Wäldern jenseits des Obstgartens unheimliche Wunder gefunden.
    Die Schatten fielen dichter um ihn, denn die Nacht nahte. Einmal öffnete sich rechts eine Lücke zwischen den Bäumen, und er schaute über meilenweite Zwielichtwiesen und entdeckte den Turm der alten Congregational−Kirche auf

Weitere Kostenlose Bücher