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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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durchaus wählerisch.
    Während Johanna überlegte, ob jetzt der rechte Moment war, Bruder Emmerhart wegen seines Bruchs des Beichtgeheimnisses zur Rede zu stellen, kam eine Schar von Reitern die Straße entlang. Die Männer waren in dicke Mäntel gehüllt, unter denen Schwertspitzen hervorragten. Der Anführer kam Johanna bekannt vor, auch wenn sein Gesicht im Schatten einer Kapuze lag. Vielleicht war es die Art, wie er sein Pferd lenkte, die sie an jemanden erinnerte.
    Der Reitertrupp bog in die Straße, in der auch die Apotheke von Bruder Emmerhart lag. Nur einen ganz kurzen Moment konnte Johanna das Gesicht unter der Kapuze sehen und erschrak. Es war Herward von Ranneberg aus Köln!
    Sein Blick streifte Johanna, die sich längst ihr Kopftuch umgeschlungen hatte und es auch den Mund bedecken ließ, sodass nur ein Teil ihres Gesichtes für Herward sichtbar war. Ob er sie erkannte, wusste sie nicht.
    Die Männer ritten weiter, und Herward drehte sich nicht noch einmal zu ihr um.
    Was, fragte sich Johanna, konnte dieser Mann in Lübeck wollen?
    Der Reitertrupp hielt vor Emmerharts Apotheke.
    »Hier muss es sein«, meinte Herward. Er stieg vom Pferd und übergab die Zügel einem seiner Männer.
    »Pass auf meinen Gaul auf, Claws!«
    »Ja, Herr«, sagte der Angesprochene.
    »Ich werde nicht lange bleiben«, versprach Herward.
    Er betrat die Apotheke. Im Inneren herrschte nicht viel Licht. Es gab nur wenige Fenster; die waren zwar aus Glas, aber sehr klein. Die Wände waren bis unter die Decke mit Regalen und Schubfächern vollgestellt. Unzählige Arzneien wurden hier aufbewahrt und konnten von jedermann erstanden werden, der bereit war, den entsprechenden Preis zu zahlen. Mittel gegen Gicht und Rückenschmerzen, Pulver, die den Husten lindern sollten, von denen böse Zungen aber behaupteten, dieser würde erst durch die Medizin hervorgerufen, sowie Mittel, deren Zutaten so unappetitlich und ekelerregend waren, dass sie wohl kaum jemand zu sich genommen hätte, wenn die Einzelheiten bekannt gewesen wären. Die Luft war schwer vom Geruch ätherischer Öle. Zu Zeiten des Schwarzen Todes standen sie hoch im Kurs, denn man glaubte, dass sie vor dieser Krankheit schützten und den üblen Dunst vertrieben, der angeblich aus der Erde stieg und dieses tödliche Leiden auslöste.
    Bruder Emmerhart stand hinter einem Tisch und war gerade damit beschäftigt, eine weiße, feingeschrotete Substanz abzuwiegen, um sie mit einem dunklen Pulver zu vermischen. Der Mönch blickte auf.
    »Na, erkennt Ihr mich wieder, Bruder Emmerhart?«, fragte Herward. »Ich soll Euch die herzlichsten Grüße unseres gemeinsamen Bekannten ausrichten …«
    »Pater Martinus?«, fragte Emmerhart, und sein breites Lächeln erstarrte maskenhaft, wie man es von ihm kannte. Niemand hätte jetzt sagen können, was der Mönch dachte. »Richtet ihm aus, er soll es mit seiner Leidenschaft für bestimmte Bücher nicht übertreiben.«
    »Ich glaube, dass Pater Martinus weder auf mich noch auf Euch hören wird, Bruder Emmerhart«, grinste Herward. »Aber ausrichten will ich das gerne!«
    »Sucht Ihr eine Herberge?«, wechselte Emmerhart das Thema.
    »Für mich und ein Dutzend Begleiter«, bestätigte Herward. »Alles Männer, die in meinen Diensten stehen.«
    Emmerhart runzelte die Stirn. »Ihr seid aber nicht etwa hier, um diesen Frederik von Blekinge auf eigene Faust zu jagen – und gegebenenfalls zur Strecke zu bringen?«
    Herward lachte und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass es schepperte und Bruder Emmerhart fürchtete, all die Tiegel und Töpfchen, die darauf standen oder sich in den Schubladen darunter befanden, könnten Schaden nehmen.
    »Immer schön sachte, Herward.«
    »Traut Ihr es mir etwa nicht zu, diesen dahergelaufenen Schweden, oder was immer er sein mag, zu verfolgen und für den Mord an unserem guten Pieter zu bestrafen?«
    Bruder Emmerhart lachte rau. »Ich traue Euch alles Mögliche zu, Herward! Braucht Ihr vielleicht etwas süße Medizin, wie sie Meister Andrea für mich herstellt? Zwei Seeleute sind dem Schwarzen Tod zum Opfer gefallen, und die Leute erzählen, dass diese Medizin nicht nur gut schmeckt, sondern auch noch den bösen Pesthauch vertreibt.« Ein listiger Zug trat in Emmerharts Gesicht. Die Augen blitzten, als er fortfuhr: »Ich habe natürlich keine Ahnung, wie sich ein so absurdes Gerücht so schnell verbreiten konnte, aber …«
    »Ich nehme an, dass Ihr ihm kaum öffentlich widersprechen werdet«, grinste

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