Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
Vom Netzwerk:
diesem Protest allein auf weiter Flur. Zu sehr hatten die Worte von Brun Warendorp die Versammlung beeindruckt.
    Johanna beobachtete, dass Herward von Ranneberg sehr nervös und wild gestikulierend mit ein paar Männern sprach, von denen sie glaubte, dass es sich um Kölner Ratsvertreter handelte. Es war nicht zu übersehen, dass es Herward nicht gefiel, wie Brun Warendorp die Dominanz in der Versammlung an sich gerissen hatte. Gerade Warendorp, der als lübischer Bürgermeister doch zuvor immer so deutlich darauf geachtet hatte, nicht zu sehr als Vertreter der Vormacht aufzutreten, weil das die Gesandten der kleineren Städte verschreckt hätte.
    Aber nun sah er offenbar den Zeitpunkt gekommen, da er die Dinge in die Hand nehmen und in die Offensive gehen musste, wollte er den ursprünglichen Plan, ein starkes Bündnis gegen den Dänenkönig zu bilden, noch retten. Alles oder nichts, so schien Brun Warendorp zu denken.
    »Ich stelle also hiermit die Forderung, jetzt über die Gründung einer Konföderation zu entscheiden, um gegen Waldemar Krieg führen zu können! Wir haben lange genug darüber beraten, und wir werden auch nicht das Eintreffen des letzten noch fehlenden Gesandten als Vorwand nehmen, uns zu vertagen und die Verhandlungen ins Endlose auszudehnen! Nein, wenn wir jetzt zu keinem Beschluss kommen, dann werden wir es nie!«
    Hier und da brandeten Jubel und Beifall auf. Offenbar hatte Warendorp einigen aus der Seele gesprochen. Insbesondere war das bei Vertretern aus Ostseestädten und des Deutschen Ordens der Fall, die von Waldemars Expansion sehr viel stärker betroffen waren als der Rest der Hanse.
    »Lübeck wird alles einsetzen, was ihm zur Verfügung steht!«, rief Warendorp. »Jedes Stück Silber, das sich auftreiben lässt! Das kann ich versprechen. Und ich kann versprechen, dass wir niemanden zu übervorteilen trachten! Aber es stimmt auch, dass Lübeck allein nichts ausrichten kann! Eine Hanse sind wir! Das nennt man andernorts einen Haufen! Und nur als Haufen werden wir uns behaupten können – ob nun gegen Waldemar oder einen anderen Herrscher, der uns erpressen oder uns die Handelsfreiheit nehmen will!«
    »Stimmen wir ab!«, forderten gleich mehrere der Anwesenden.
    Diesem Drängen konnte sich auch der kölnische Versammlungsvorsitzende nicht verschließen.
    Als die Handzeichen ausgezählt wurden, war das Ergebnis so eindeutig, dass es selbst Brun Warendorp die Sprache verschlug.
    »Wahrlich! Ihr seid ein geschickterer Diplomat und Redner, als ich dachte«, äußerte Moritz von Dören seine ehrlich empfundene Bewunderung.
    Brun Warendorp, der sich mittlerweile wieder auf seinen Stuhl hatte fallen lassen, war jedoch müde und abwesend. Er schien Moritz’ Worte überhaupt nicht gehört zu haben und wirkte vollkommen erschöpft.
    Alle Kraft hatte er in diesen einen Augenblick gelegt, und er war für seinen Einsatz belohnt worden. Es waren die richtigen Worte zur richtigen Zeit gewesen.
    Johanna hielt nach Herward von Ranneberg Ausschau, dessen nervöses Gehabe sie schon während der gesamten Versammlung in Unruhe versetzt hatte. Doch zu ihrer Überraschung war Herward verschwunden. Er schien sich still und heimlich aus dem Saal entfernt zu haben.
    »Dieser Beschluss war nur der Anfang«, unterbrach Moritz die Gedanken seiner Tochter. »Jetzt kommen die Feinheiten, wie ich annehme. Und da wird man gute Schreiber nötig haben! Schließlich müssen alle Einzelheiten dieser Konföderation gegen Waldemar geregelt werden.«
    »Ja«, antwortete Johanna abwesend. Ihre Gedanken waren längst wieder ganz woanders.
    Ich hoffe, dir geht es gut, Frederik . Aber der Herr wird dich beschützen und geleiten.
    Einige Tage zogen sich noch die Beratungen über einzelne Formulierungen in der Urkunde hin, in der das Bündnis geschlossen und Waldemar der Krieg erklärt werden sollte. Auch Johanna fertigte eine Abschrift davon, die dann nach Lübeck gebracht werden würde.
    Um Frederik von Blekinge doch noch zu fangen, sandte der Kölner Rat einen Trupp städtischer Söldner aus, der aber schon bald unverrichteter Dinge zurückkehrte. Von Frederik gab es nirgends eine Spur, er hatte wohl die Gelegenheit genutzt und war über alle Berge.
    Wie er es geschafft hatte, seine Zelle zu verlassen, konnte ebenfalls nicht geklärt werden, auch nicht, wann und auf welchem Weg er den Kerker verlassen hatte. Schon kamen Gerüchte auf, Frederik von Blekinge sei vielleicht mit dem Teufel im Bund gewesen oder habe zauberische,

Weitere Kostenlose Bücher